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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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nen, wenn die Braut am Hochzeittage sich ihrer
nicht schämen, sie für Basen ausgeben und an
ihren Tisch setzen wolle. Sie willigt ein, sie
spinnen den Flachs weg, worüber der Bräutigam
die Braut lobt. Als nun der Hochzeittag kommt,
so stellen sich die drei abscheulichen Jungfern auch
ein; die Braut thut ihnen Ehre an und nennt sie
Basen. Der Bräutigam verwundert sich und fragt,
wie sie zu so garstiger Freundschaft komme, "ach,
sagt die Braut, durchs Spinnen sind alle drei so
zugerichtet worden, die eine ist unten so breit vom
Sitzen, die zweite hat sich den Mund ganz abge-
leckt, darum steht ihr die Nase so heraus und die
dritte hat mit dem Daumen den Faden so viel ge-
dreht." Darauf ist der Bräutigam betrübt wor-
den und hat zur Braut gesagt, sie sollt nun ihr
Lebtage keinen Faden mehr spinnen, damit sie kein
solches Ungethüm würde. -- Eine mündliche Erzäh-
lung aus dem Corveischen stimmt im Ganzen da-
mit, nur sind es zwei steinalte Frauen, welche drei
Kammern voll Flachs spinnen, die eine dreht das
Rad, die andere klopft blos mit dem Finger auf
den Tisch, und so oft sie klopft, fällt ein Strang
Garn fertig zur Erde.
Num. 15. (Hänsel und Gretel.) Vgl. den Eingang
von nennillo e nennella im Pentamerone. Man
hat dies schöne Märchen auch so, daß statt der
Alten ein Wolf im Zuckerhäuschen sitzt und noch
mehr Reime dabei vorkommen.
Num. 16. (Fix und Fertig.) In den Ammen-Mär-
chen (Weimar 1791. 1792. 2. Bde.) steht ein ähn-
liches, aber wie alle in dieser Sammlung nicht
rein aufgefaßtes Märchen, worin jedoch einige gute
Umstände sind) Unterwegs sieht er zwei Tauben,
eine weiß, die andere schwarz, sich beißen, die
jagt er von einander. Als ihm nachher aufgegeben
wird, einen Kranz aus dem Himmel und einen
Brand aus der Hölle zu sch[a]ffen, fliegen die Tau-
ben, die weiße jenen, die schwarze diesen zu ho-
len. -- Ameisen, die er mit Brot gefüttert,
lesen ihm dankbar neun Malter neunerlei Getrai-
de in einer Nacht aus einander und kommen aus
allen Diehlenritzen hervor.

nen, wenn die Braut am Hochzeittage ſich ihrer
nicht ſchaͤmen, ſie fuͤr Baſen ausgeben und an
ihren Tiſch ſetzen wolle. Sie willigt ein, ſie
ſpinnen den Flachs weg, woruͤber der Braͤutigam
die Braut lobt. Als nun der Hochzeittag kommt,
ſo ſtellen ſich die drei abſcheulichen Jungfern auch
ein; die Braut thut ihnen Ehre an und nennt ſie
Baſen. Der Braͤutigam verwundert ſich und fragt,
wie ſie zu ſo garſtiger Freundſchaft komme, „ach,
ſagt die Braut, durchs Spinnen ſind alle drei ſo
zugerichtet worden, die eine iſt unten ſo breit vom
Sitzen, die zweite hat ſich den Mund ganz abge-
leckt, darum ſteht ihr die Naſe ſo heraus und die
dritte hat mit dem Daumen den Faden ſo viel ge-
dreht.“ Darauf iſt der Braͤutigam betruͤbt wor-
den und hat zur Braut geſagt, ſie ſollt nun ihr
Lebtage keinen Faden mehr ſpinnen, damit ſie kein
ſolches Ungethuͤm wuͤrde. — Eine muͤndliche Erzaͤh-
lung aus dem Corveiſchen ſtimmt im Ganzen da-
mit, nur ſind es zwei ſteinalte Frauen, welche drei
Kammern voll Flachs ſpinnen, die eine dreht das
Rad, die andere klopft blos mit dem Finger auf
den Tiſch, und ſo oft ſie klopft, faͤllt ein Strang
Garn fertig zur Erde.
Num. 15. (Haͤnſel und Gretel.) Vgl. den Eingang
von nennillo e nennella im Pentamerone. Man
hat dies ſchoͤne Maͤrchen auch ſo, daß ſtatt der
Alten ein Wolf im Zuckerhaͤuschen ſitzt und noch
mehr Reime dabei vorkommen.
Num. 16. (Fix und Fertig.) In den Ammen-Maͤr-
chen (Weimar 1791. 1792. 2. Bde.) ſteht ein aͤhn-
liches, aber wie alle in dieſer Sammlung nicht
rein aufgefaßtes Maͤrchen, worin jedoch einige gute
Umſtaͤnde ſind) Unterwegs ſieht er zwei Tauben,
eine weiß, die andere ſchwarz, ſich beißen, die
jagt er von einander. Als ihm nachher aufgegeben
wird, einen Kranz aus dem Himmel und einen
Brand aus der Hoͤlle zu ſch[a]ffen, fliegen die Tau-
ben, die weiße jenen, die ſchwarze dieſen zu ho-
len. — Ameiſen, die er mit Brot gefuͤttert,
leſen ihm dankbar neun Malter neunerlei Getrai-
de in einer Nacht aus einander und kommen aus
allen Diehlenritzen hervor.

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[LXII/0484] nen, wenn die Braut am Hochzeittage ſich ihrer nicht ſchaͤmen, ſie fuͤr Baſen ausgeben und an ihren Tiſch ſetzen wolle. Sie willigt ein, ſie ſpinnen den Flachs weg, woruͤber der Braͤutigam die Braut lobt. Als nun der Hochzeittag kommt, ſo ſtellen ſich die drei abſcheulichen Jungfern auch ein; die Braut thut ihnen Ehre an und nennt ſie Baſen. Der Braͤutigam verwundert ſich und fragt, wie ſie zu ſo garſtiger Freundſchaft komme, „ach, ſagt die Braut, durchs Spinnen ſind alle drei ſo zugerichtet worden, die eine iſt unten ſo breit vom Sitzen, die zweite hat ſich den Mund ganz abge- leckt, darum ſteht ihr die Naſe ſo heraus und die dritte hat mit dem Daumen den Faden ſo viel ge- dreht.“ Darauf iſt der Braͤutigam betruͤbt wor- den und hat zur Braut geſagt, ſie ſollt nun ihr Lebtage keinen Faden mehr ſpinnen, damit ſie kein ſolches Ungethuͤm wuͤrde. — Eine muͤndliche Erzaͤh- lung aus dem Corveiſchen ſtimmt im Ganzen da- mit, nur ſind es zwei ſteinalte Frauen, welche drei Kammern voll Flachs ſpinnen, die eine dreht das Rad, die andere klopft blos mit dem Finger auf den Tiſch, und ſo oft ſie klopft, faͤllt ein Strang Garn fertig zur Erde. Num. 15. (Haͤnſel und Gretel.) Vgl. den Eingang von nennillo e nennella im Pentamerone. Man hat dies ſchoͤne Maͤrchen auch ſo, daß ſtatt der Alten ein Wolf im Zuckerhaͤuschen ſitzt und noch mehr Reime dabei vorkommen. Num. 16. (Fix und Fertig.) In den Ammen-Maͤr- chen (Weimar 1791. 1792. 2. Bde.) ſteht ein aͤhn- liches, aber wie alle in dieſer Sammlung nicht rein aufgefaßtes Maͤrchen, worin jedoch einige gute Umſtaͤnde ſind) Unterwegs ſieht er zwei Tauben, eine weiß, die andere ſchwarz, ſich beißen, die jagt er von einander. Als ihm nachher aufgegeben wird, einen Kranz aus dem Himmel und einen Brand aus der Hoͤlle zu ſchaffen, fliegen die Tau- ben, die weiße jenen, die ſchwarze dieſen zu ho- len. — Ameiſen, die er mit Brot gefuͤttert, leſen ihm dankbar neun Malter neunerlei Getrai- de in einer Nacht aus einander und kommen aus allen Diehlenritzen hervor.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. LXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/484>, abgerufen am 21.11.2024.