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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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weil man sie eben so empfangen hat, und freut sich daran, ohne einen Grund dafür. So herrlich ist lebendige Sitte, ja auch das hat diese Poesie mit allem unvergänglichen gemein, daß man ihr selbst gegen einen andern Willen geneigt seyn muß. Leicht wird man übrigens bemerken, daß sie nur da gehaftet, wo überhaupt eine regere Empfänglichkeit für Poesie oder eine noch nicht von den Verkehrtheiten des Lebens ausgelöschte Phantasie vorhanden war. Wir wollen in gleichem Sinne hier diese Märchen nicht rühmen, oder gar gegen eine entgegengesetzte Meinung vertheidigen; ihr bloßes Daseyn reicht hin, sie zu schützen. Was so mannigfach und immer wieder von neuem erfreut, bewegt und belehrt hat, das trägt seine Nothwendigkeit in sich, und ist gewiß aus jener ewigen Quelle gekommen, die alles Leben bethaut, und wenn auch nur ein einziger Tropfen, den ein kleines, zusammenhaltendes Blatt gefaßt, doch in dem ersten Morgenroth schimmernd.

Darum auch geht innerlich durch diese Dichtungen jene Reinheit, um deretwillen uns Kinder so wunderbar und seelig erscheinen; sie haben gleichsam dieselben blaulich-weißen, mackellosen glänzenden Augen*), die nicht mehr

*) Jn die sich Kinder selbst so gern greifen, (Fischarts Gargantua 129 b 131 b) und die sie sich holen möchten.

weil man sie eben so empfangen hat, und freut sich daran, ohne einen Grund dafuͤr. So herrlich ist lebendige Sitte, ja auch das hat diese Poesie mit allem unvergaͤnglichen gemein, daß man ihr selbst gegen einen andern Willen geneigt seyn muß. Leicht wird man uͤbrigens bemerken, daß sie nur da gehaftet, wo uͤberhaupt eine regere Empfaͤnglichkeit fuͤr Poesie oder eine noch nicht von den Verkehrtheiten des Lebens ausgeloͤschte Phantasie vorhanden war. Wir wollen in gleichem Sinne hier diese Maͤrchen nicht ruͤhmen, oder gar gegen eine entgegengesetzte Meinung vertheidigen; ihr bloßes Daseyn reicht hin, sie zu schuͤtzen. Was so mannigfach und immer wieder von neuem erfreut, bewegt und belehrt hat, das traͤgt seine Nothwendigkeit in sich, und ist gewiß aus jener ewigen Quelle gekommen, die alles Leben bethaut, und wenn auch nur ein einziger Tropfen, den ein kleines, zusammenhaltendes Blatt gefaßt, doch in dem ersten Morgenroth schimmernd.

Darum auch geht innerlich durch diese Dichtungen jene Reinheit, um deretwillen uns Kinder so wunderbar und seelig erscheinen; sie haben gleichsam dieselben blaulich-weißen, mackellosen glaͤnzenden Augen*), die nicht mehr

*) Jn die sich Kinder selbst so gern greifen, (Fischarts Gargantua 129 b 131 b) und die sie sich holen moͤchten.
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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/15>, abgerufen am 21.11.2024.