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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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dasselbe, aber sie bekam keine andere Antwort, da der Teufel dem schlafenden Boten jedesmal einen falschen Brief untergeschoben hatte und in dem letzten Brief des Königs stand noch, sie sollten zum Wahrzeichen der Königin Zunge und Augen aufheben.

Aber die alte Mutter weinte, daß so unschuldig Blut sollte vergossen werden, ließ in der Nacht eine Hirschkuh holen und schlachten, und schnitt ihr Zunge und Augen aus und hob sie auf. Dann sprach sie zur Königin: "ich kann dich nicht tödten lassen, aber länger darfst du nicht hier bleiben, geh mit deinem Kinde in die Welt hinein und komm nimmer wieder hierher." Darauf band sie ihr das Kind auf den Rücken, und die arme Frau ging mit weiniglichen Augen fort in einen großen wilden Wald. Da setzte sie sich auf ihre Knie und betete zu Gott und der Engel des Herrn erschien ihr und führte sie zu einem kleinen Haus, daran war ein Schildchen mit den Worten: "hier wohnt jeder frei." Aus dem Haus kam eine schneeweiße Jungfrau, die sprach: "willkommen Frau Königin!" und führte sie hinein. Da band sie ihr den kleinen Knaben vom Rücken und hielt ihn an ihre Brust, damit er trank, und legte ihn dann auf ein schönes gemachtes Bettlein. Da sprach die arme Frau: "woher weißt du, daß ich eine Königin war?" die weiße Jungfrau antwortete: "ich bin ein Engel von Gott gesandt, dich und dein Kind zu verpflegen." Da blieb sie in dem Haus sieben Jahre, und war wohl verpflegt, und durch Gottes Gnade wegen ihrer Frömmigkeit wuchsen ihr die abgehauenen Hände wieder.

Der König aber, als er nach Haus gekommen war, wollte

dasselbe, aber sie bekam keine andere Antwort, da der Teufel dem schlafenden Boten jedesmal einen falschen Brief untergeschoben hatte und in dem letzten Brief des Koͤnigs stand noch, sie sollten zum Wahrzeichen der Koͤnigin Zunge und Augen aufheben.

Aber die alte Mutter weinte, daß so unschuldig Blut sollte vergossen werden, ließ in der Nacht eine Hirschkuh holen und schlachten, und schnitt ihr Zunge und Augen aus und hob sie auf. Dann sprach sie zur Koͤnigin: „ich kann dich nicht toͤdten lassen, aber laͤnger darfst du nicht hier bleiben, geh mit deinem Kinde in die Welt hinein und komm nimmer wieder hierher.“ Darauf band sie ihr das Kind auf den Ruͤcken, und die arme Frau ging mit weiniglichen Augen fort in einen großen wilden Wald. Da setzte sie sich auf ihre Knie und betete zu Gott und der Engel des Herrn erschien ihr und fuͤhrte sie zu einem kleinen Haus, daran war ein Schildchen mit den Worten: „hier wohnt jeder frei.“ Aus dem Haus kam eine schneeweiße Jungfrau, die sprach: „willkommen Frau Koͤnigin!“ und fuͤhrte sie hinein. Da band sie ihr den kleinen Knaben vom Ruͤcken und hielt ihn an ihre Brust, damit er trank, und legte ihn dann auf ein schoͤnes gemachtes Bettlein. Da sprach die arme Frau: „woher weißt du, daß ich eine Koͤnigin war?“ die weiße Jungfrau antwortete: „ich bin ein Engel von Gott gesandt, dich und dein Kind zu verpflegen.“ Da blieb sie in dem Haus sieben Jahre, und war wohl verpflegt, und durch Gottes Gnade wegen ihrer Froͤmmigkeit wuchsen ihr die abgehauenen Haͤnde wieder.

Der Koͤnig aber, als er nach Haus gekommen war, wollte

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[163/0227] dasselbe, aber sie bekam keine andere Antwort, da der Teufel dem schlafenden Boten jedesmal einen falschen Brief untergeschoben hatte und in dem letzten Brief des Koͤnigs stand noch, sie sollten zum Wahrzeichen der Koͤnigin Zunge und Augen aufheben. Aber die alte Mutter weinte, daß so unschuldig Blut sollte vergossen werden, ließ in der Nacht eine Hirschkuh holen und schlachten, und schnitt ihr Zunge und Augen aus und hob sie auf. Dann sprach sie zur Koͤnigin: „ich kann dich nicht toͤdten lassen, aber laͤnger darfst du nicht hier bleiben, geh mit deinem Kinde in die Welt hinein und komm nimmer wieder hierher.“ Darauf band sie ihr das Kind auf den Ruͤcken, und die arme Frau ging mit weiniglichen Augen fort in einen großen wilden Wald. Da setzte sie sich auf ihre Knie und betete zu Gott und der Engel des Herrn erschien ihr und fuͤhrte sie zu einem kleinen Haus, daran war ein Schildchen mit den Worten: „hier wohnt jeder frei.“ Aus dem Haus kam eine schneeweiße Jungfrau, die sprach: „willkommen Frau Koͤnigin!“ und fuͤhrte sie hinein. Da band sie ihr den kleinen Knaben vom Ruͤcken und hielt ihn an ihre Brust, damit er trank, und legte ihn dann auf ein schoͤnes gemachtes Bettlein. Da sprach die arme Frau: „woher weißt du, daß ich eine Koͤnigin war?“ die weiße Jungfrau antwortete: „ich bin ein Engel von Gott gesandt, dich und dein Kind zu verpflegen.“ Da blieb sie in dem Haus sieben Jahre, und war wohl verpflegt, und durch Gottes Gnade wegen ihrer Froͤmmigkeit wuchsen ihr die abgehauenen Haͤnde wieder. Der Koͤnig aber, als er nach Haus gekommen war, wollte

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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/227>, abgerufen am 21.11.2024.