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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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es der Jüngling und hob den großen Schatz, worauf die wilden Hunde verschwanden. Nun ward ihm die schöne Jungfrau angetraut und sie lebten vergnügt zusammen.

Ueber eine Zeit setzte er sich mit ihr in einen Wagen und wollte nach Rom fahren; auf dem Weg kamen sie an einem Sumpf vorbei, in welchem Frösche saßen und quackten. Der junge Graf verstand was sie sprachen und war ganz nachdenklich und traurig, sagte aber die Ursache seiner Frau nicht. Endlich gelangten sie in Rom an, da war gerade der Pabst gestorben und unter den Kardinälen großer Zweifel, wen sie zum Nachfolger bestimmen sollten. Sie wurden zuletzt einig, derjenige, an dem sich ein göttliches Wunderzeichen offenbaren würde, sollte zum Pabst erwählt werden. Und als sie das eben beschlossen, in demselben Augenblick trat der junge Graf in die Kirche und plötzlich flogen zwei schneeweiße Tauben auf jede seiner Schultern und blieben da sitzen. Wie das die Geistlichkeit sah, erkannte sie das Zeichen Gottes und frug ihn auf der Stelle, ob er ihr Pabst werden wolle? er war unschlüßig und wußte nicht, ob er dessen würdig sey, aber die Tauben redeten ihm zu, daß er es thun mögte und er antwortete: ja! Da wurde er gesalbt und geweiht und so war eingetroffen, was ihm die Frösche unterwegs gesagt hatten, und worüber er so bestürzt geworden, daß er der heilige Pabst werden sollte. Darauf mußte er eine Messe singen und wußte kein Wort davon, aber die zwei Tauben saßen ihm stets auf den Schultern und redeten ihm jedes Wort in das Ohr, das er zu sagen hatte.


es der Juͤngling und hob den großen Schatz, worauf die wilden Hunde verschwanden. Nun ward ihm die schoͤne Jungfrau angetraut und sie lebten vergnuͤgt zusammen.

Ueber eine Zeit setzte er sich mit ihr in einen Wagen und wollte nach Rom fahren; auf dem Weg kamen sie an einem Sumpf vorbei, in welchem Froͤsche saßen und quackten. Der junge Graf verstand was sie sprachen und war ganz nachdenklich und traurig, sagte aber die Ursache seiner Frau nicht. Endlich gelangten sie in Rom an, da war gerade der Pabst gestorben und unter den Kardinaͤlen großer Zweifel, wen sie zum Nachfolger bestimmen sollten. Sie wurden zuletzt einig, derjenige, an dem sich ein goͤttliches Wunderzeichen offenbaren wuͤrde, sollte zum Pabst erwaͤhlt werden. Und als sie das eben beschlossen, in demselben Augenblick trat der junge Graf in die Kirche und ploͤtzlich flogen zwei schneeweiße Tauben auf jede seiner Schultern und blieben da sitzen. Wie das die Geistlichkeit sah, erkannte sie das Zeichen Gottes und frug ihn auf der Stelle, ob er ihr Pabst werden wolle? er war unschluͤßig und wußte nicht, ob er dessen wuͤrdig sey, aber die Tauben redeten ihm zu, daß er es thun moͤgte und er antwortete: ja! Da wurde er gesalbt und geweiht und so war eingetroffen, was ihm die Froͤsche unterwegs gesagt hatten, und woruͤber er so bestuͤrzt geworden, daß er der heilige Pabst werden sollte. Darauf mußte er eine Messe singen und wußte kein Wort davon, aber die zwei Tauben saßen ihm stets auf den Schultern und redeten ihm jedes Wort in das Ohr, das er zu sagen hatte.


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[172/0236] es der Juͤngling und hob den großen Schatz, worauf die wilden Hunde verschwanden. Nun ward ihm die schoͤne Jungfrau angetraut und sie lebten vergnuͤgt zusammen. Ueber eine Zeit setzte er sich mit ihr in einen Wagen und wollte nach Rom fahren; auf dem Weg kamen sie an einem Sumpf vorbei, in welchem Froͤsche saßen und quackten. Der junge Graf verstand was sie sprachen und war ganz nachdenklich und traurig, sagte aber die Ursache seiner Frau nicht. Endlich gelangten sie in Rom an, da war gerade der Pabst gestorben und unter den Kardinaͤlen großer Zweifel, wen sie zum Nachfolger bestimmen sollten. Sie wurden zuletzt einig, derjenige, an dem sich ein goͤttliches Wunderzeichen offenbaren wuͤrde, sollte zum Pabst erwaͤhlt werden. Und als sie das eben beschlossen, in demselben Augenblick trat der junge Graf in die Kirche und ploͤtzlich flogen zwei schneeweiße Tauben auf jede seiner Schultern und blieben da sitzen. Wie das die Geistlichkeit sah, erkannte sie das Zeichen Gottes und frug ihn auf der Stelle, ob er ihr Pabst werden wolle? er war unschluͤßig und wußte nicht, ob er dessen wuͤrdig sey, aber die Tauben redeten ihm zu, daß er es thun moͤgte und er antwortete: ja! Da wurde er gesalbt und geweiht und so war eingetroffen, was ihm die Froͤsche unterwegs gesagt hatten, und woruͤber er so bestuͤrzt geworden, daß er der heilige Pabst werden sollte. Darauf mußte er eine Messe singen und wußte kein Wort davon, aber die zwei Tauben saßen ihm stets auf den Schultern und redeten ihm jedes Wort in das Ohr, das er zu sagen hatte.

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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/236>, abgerufen am 17.05.2024.