Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.trug sichs zu, daß er in dasselbe Wirthshaus kam, wo sein Bruder auch gewesen war. Der Wirth wollt ihm seinen Esel abnehmen, aber er sprach: "nein, meinen Grauschimmel, den führ ich selbst in den Stall und bind ihn fest, denn ich muß wissen, wo er steht." Darauf fragte er den Wirth, was zu haben wäre und hieß ihn das beste auftischen." Der Wirth machte Augen und dachte: einer, der seinen Esel selbst anbindet, der hat auch nicht viel zu verzehren; als aber der Geselle in die Tasche griff und ihm zwei Goldstücke gab, um dafür einzukaufen, so lief er und suchte das beste, das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit sprach der Geselle: "was bin ich dafür schuldig?" "Noch ein paar Goldstücke" antwortete der Wirth; der Gast griff in die Tasche, aber sein Geld war gerade zu Ende, da nahm er das Tischtuch und ging mit hinaus. Der Wirth wußte nicht, was das bedeuten sollte, schlich ihm nach und sah, wie er in den Stall ging und schaute durch ein Astloch in der Thüre. Da breitete der Gesell das Tuch unter den Esel und rief: "Bricklebrit!" alsbald fing das Eselein an, Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich auf das Tuch niederregnete. "Ei der tausend! sprach der Wirth, so ein Geldbeutel der ist nicht übel!" Als der Geselle seine Zeche bezahlt hatte, legte er sich schlafen, der Wirth aber schlich in der Nacht herab, band einen andern Esel an die Stelle, und führte das Goldeselein in einen andern Stall. Morgens zog der Geselle fort, meinte, er hätte seinen Esel und hatte einen andern. Zu Mittag kam er bei seinem Vater an, der freute sich, als er ihn sah und sprach: "mein Sohn, was bist du geworden?" trug sichs zu, daß er in dasselbe Wirthshaus kam, wo sein Bruder auch gewesen war. Der Wirth wollt ihm seinen Esel abnehmen, aber er sprach: „nein, meinen Grauschimmel, den fuͤhr ich selbst in den Stall und bind ihn fest, denn ich muß wissen, wo er steht.“ Darauf fragte er den Wirth, was zu haben waͤre und hieß ihn das beste auftischen.“ Der Wirth machte Augen und dachte: einer, der seinen Esel selbst anbindet, der hat auch nicht viel zu verzehren; als aber der Geselle in die Tasche griff und ihm zwei Goldstuͤcke gab, um dafuͤr einzukaufen, so lief er und suchte das beste, das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit sprach der Geselle: „was bin ich dafuͤr schuldig?“ „Noch ein paar Goldstuͤcke“ antwortete der Wirth; der Gast griff in die Tasche, aber sein Geld war gerade zu Ende, da nahm er das Tischtuch und ging mit hinaus. Der Wirth wußte nicht, was das bedeuten sollte, schlich ihm nach und sah, wie er in den Stall ging und schaute durch ein Astloch in der Thuͤre. Da breitete der Gesell das Tuch unter den Esel und rief: „Bricklebrit!“ alsbald fing das Eselein an, Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich auf das Tuch niederregnete. „Ei der tausend! sprach der Wirth, so ein Geldbeutel der ist nicht uͤbel!“ Als der Geselle seine Zeche bezahlt hatte, legte er sich schlafen, der Wirth aber schlich in der Nacht herab, band einen andern Esel an die Stelle, und fuͤhrte das Goldeselein in einen andern Stall. Morgens zog der Geselle fort, meinte, er haͤtte seinen Esel und hatte einen andern. Zu Mittag kam er bei seinem Vater an, der freute sich, als er ihn sah und sprach: „mein Sohn, was bist du geworden?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0250" n="186"/> trug sichs zu, daß er in dasselbe Wirthshaus kam, wo sein Bruder auch gewesen war. Der Wirth wollt ihm seinen Esel abnehmen, aber er sprach: „nein, meinen Grauschimmel, den fuͤhr ich selbst in den Stall und bind ihn fest, denn ich muß wissen, wo er steht.“ Darauf fragte er den Wirth, was zu haben waͤre und hieß ihn das beste auftischen.“ Der Wirth machte Augen und dachte: einer, der seinen Esel selbst anbindet, der hat auch nicht viel zu verzehren; als aber der Geselle in die Tasche griff und ihm zwei Goldstuͤcke gab, um dafuͤr einzukaufen, so lief er und suchte das beste, das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit sprach der Geselle: „was bin ich dafuͤr schuldig?“ „Noch ein paar Goldstuͤcke“ antwortete der Wirth; der Gast griff in die Tasche, aber sein Geld war gerade zu Ende, da nahm er das Tischtuch und ging mit hinaus. Der Wirth wußte nicht, was das bedeuten sollte, schlich ihm nach und sah, wie er in den Stall ging und schaute durch ein Astloch in der Thuͤre. Da breitete der Gesell das Tuch unter den Esel und rief: „Bricklebrit!“ alsbald fing das Eselein an, Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich auf das Tuch niederregnete. „Ei der tausend! sprach der Wirth, so ein Geldbeutel der ist nicht uͤbel!“ Als der Geselle seine Zeche bezahlt hatte, legte er sich schlafen, der Wirth aber schlich in der Nacht herab, band einen andern Esel an die Stelle, und fuͤhrte das Goldeselein in einen andern Stall. Morgens zog der Geselle fort, meinte, er haͤtte seinen Esel und hatte einen andern. Zu Mittag kam er bei seinem Vater an, der freute sich, als er ihn sah und sprach: „mein Sohn, was bist du geworden?“ </p> </div> </body> </text> </TEI> [186/0250]
trug sichs zu, daß er in dasselbe Wirthshaus kam, wo sein Bruder auch gewesen war. Der Wirth wollt ihm seinen Esel abnehmen, aber er sprach: „nein, meinen Grauschimmel, den fuͤhr ich selbst in den Stall und bind ihn fest, denn ich muß wissen, wo er steht.“ Darauf fragte er den Wirth, was zu haben waͤre und hieß ihn das beste auftischen.“ Der Wirth machte Augen und dachte: einer, der seinen Esel selbst anbindet, der hat auch nicht viel zu verzehren; als aber der Geselle in die Tasche griff und ihm zwei Goldstuͤcke gab, um dafuͤr einzukaufen, so lief er und suchte das beste, das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit sprach der Geselle: „was bin ich dafuͤr schuldig?“ „Noch ein paar Goldstuͤcke“ antwortete der Wirth; der Gast griff in die Tasche, aber sein Geld war gerade zu Ende, da nahm er das Tischtuch und ging mit hinaus. Der Wirth wußte nicht, was das bedeuten sollte, schlich ihm nach und sah, wie er in den Stall ging und schaute durch ein Astloch in der Thuͤre. Da breitete der Gesell das Tuch unter den Esel und rief: „Bricklebrit!“ alsbald fing das Eselein an, Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich auf das Tuch niederregnete. „Ei der tausend! sprach der Wirth, so ein Geldbeutel der ist nicht uͤbel!“ Als der Geselle seine Zeche bezahlt hatte, legte er sich schlafen, der Wirth aber schlich in der Nacht herab, band einen andern Esel an die Stelle, und fuͤhrte das Goldeselein in einen andern Stall. Morgens zog der Geselle fort, meinte, er haͤtte seinen Esel und hatte einen andern. Zu Mittag kam er bei seinem Vater an, der freute sich, als er ihn sah und sprach: „mein Sohn, was bist du geworden?“
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
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