Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.will ich euch erretten, aber sobald ihr nach Haus kommt, bestellt mir Hilfe." Dann setzte sie beide in einen Korb und deckte sie mit Gold ganz zu, daß nichts von ihnen zu sehen war und rief den Hexenmeister herein und sprach: "nun trag den Korb fort, aber daß du unterwegs nicht stehen bleibst und ruhen willst! ich schaue hier durch mein Fensterlein und habe Acht." Nun hob der Hexenmeister den Korb auf seinen Rücken und ging mit fort, er wurde ihm aber so schwer, daß ihm der Schweiß über das Angesicht lief und er glaubte, todt gedrückt zu werden. Da wollt' er sich ein wenig ruhen, aber gleich rief eine im Korb: "ich schaue durch mein Fensterlein, daß du ruhst, willst du gleich weiter!" Er meinte, die Braut rief ihm das zu und machte sich wieder auf. Hernach wollte er sich wieder setzen, aber es rief gleich: "ich schaue durch mein Fensterlein, daß du ruhst, willst du gleich weiter!" Und so oft er stillstand, rief es, und da mußte er fort und brachte außer Athem den Korb mit dem Gold und den beiden Mädchen in ihrer Eltern Haus. Daheim aber ordnete die Braut das Hochzeitfest an. Sie nahm einen Todtenkopf mit grinsenden Zähnen und setzte ihm einen Schmuck auf und trug ihn oben vors Bodenloch und ließ ihn da herausschauen. Dann lud sie die Freunde des Hexenmeisters zum Fest ein, und wie das geschehen war, steckte sie sich in ein Faß mit Honig, schnitt das Bett auf und wälzte sich darin, daß sie aussah, wie ein wunderlicher Vogel und kein Mensch sie erkennen konnte. Da ging sie zum Haus hinaus und unterwegs begegnete ihr ein Theil der Hochzeitgäste, die fragten: will ich euch erretten, aber sobald ihr nach Haus kommt, bestellt mir Hilfe.“ Dann setzte sie beide in einen Korb und deckte sie mit Gold ganz zu, daß nichts von ihnen zu sehen war und rief den Hexenmeister herein und sprach: „nun trag den Korb fort, aber daß du unterwegs nicht stehen bleibst und ruhen willst! ich schaue hier durch mein Fensterlein und habe Acht.“ Nun hob der Hexenmeister den Korb auf seinen Ruͤcken und ging mit fort, er wurde ihm aber so schwer, daß ihm der Schweiß uͤber das Angesicht lief und er glaubte, todt gedruͤckt zu werden. Da wollt’ er sich ein wenig ruhen, aber gleich rief eine im Korb: „ich schaue durch mein Fensterlein, daß du ruhst, willst du gleich weiter!“ Er meinte, die Braut rief ihm das zu und machte sich wieder auf. Hernach wollte er sich wieder setzen, aber es rief gleich: „ich schaue durch mein Fensterlein, daß du ruhst, willst du gleich weiter!“ Und so oft er stillstand, rief es, und da mußte er fort und brachte außer Athem den Korb mit dem Gold und den beiden Maͤdchen in ihrer Eltern Haus. Daheim aber ordnete die Braut das Hochzeitfest an. Sie nahm einen Todtenkopf mit grinsenden Zaͤhnen und setzte ihm einen Schmuck auf und trug ihn oben vors Bodenloch und ließ ihn da herausschauen. Dann lud sie die Freunde des Hexenmeisters zum Fest ein, und wie das geschehen war, steckte sie sich in ein Faß mit Honig, schnitt das Bett auf und waͤlzte sich darin, daß sie aussah, wie ein wunderlicher Vogel und kein Mensch sie erkennen konnte. Da ging sie zum Haus hinaus und unterwegs begegnete ihr ein Theil der Hochzeitgaͤste, die fragten: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0291" n="227"/> will ich euch erretten, aber sobald ihr nach Haus kommt, bestellt mir Hilfe.“ Dann setzte sie beide in einen Korb und deckte sie mit Gold ganz zu, daß nichts von ihnen zu sehen war und rief den Hexenmeister herein und sprach: „nun trag den Korb fort, aber daß du unterwegs nicht stehen bleibst und ruhen willst! ich schaue hier durch mein Fensterlein und habe Acht.“</p><lb/> <p>Nun hob der Hexenmeister den Korb auf seinen Ruͤcken und ging mit fort, er wurde ihm aber so schwer, daß ihm der Schweiß uͤber das Angesicht lief und er glaubte, todt gedruͤckt zu werden. Da wollt’ er sich ein wenig ruhen, aber gleich rief eine im Korb: „ich schaue durch mein Fensterlein, daß du ruhst, willst du gleich weiter!“ Er meinte, die Braut rief ihm das zu und machte sich wieder auf. Hernach wollte er sich wieder setzen, aber es rief gleich: „ich schaue durch mein Fensterlein, daß du ruhst, willst du gleich weiter!“ Und so oft er stillstand, rief es, und da mußte er fort und brachte außer Athem den Korb mit dem Gold und den beiden Maͤdchen in ihrer Eltern Haus.</p><lb/> <p>Daheim aber ordnete die Braut das Hochzeitfest an. Sie nahm einen Todtenkopf mit grinsenden Zaͤhnen und setzte ihm einen Schmuck auf und trug ihn oben vors Bodenloch und ließ ihn da herausschauen. Dann lud sie die Freunde des Hexenmeisters zum Fest ein, und wie das geschehen war, steckte sie sich in ein Faß mit Honig, schnitt das Bett auf und waͤlzte sich darin, daß sie aussah, wie ein wunderlicher Vogel und kein Mensch sie erkennen konnte. Da ging sie zum Haus hinaus und unterwegs begegnete ihr ein Theil der Hochzeitgaͤste, die fragten:</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [227/0291]
will ich euch erretten, aber sobald ihr nach Haus kommt, bestellt mir Hilfe.“ Dann setzte sie beide in einen Korb und deckte sie mit Gold ganz zu, daß nichts von ihnen zu sehen war und rief den Hexenmeister herein und sprach: „nun trag den Korb fort, aber daß du unterwegs nicht stehen bleibst und ruhen willst! ich schaue hier durch mein Fensterlein und habe Acht.“
Nun hob der Hexenmeister den Korb auf seinen Ruͤcken und ging mit fort, er wurde ihm aber so schwer, daß ihm der Schweiß uͤber das Angesicht lief und er glaubte, todt gedruͤckt zu werden. Da wollt’ er sich ein wenig ruhen, aber gleich rief eine im Korb: „ich schaue durch mein Fensterlein, daß du ruhst, willst du gleich weiter!“ Er meinte, die Braut rief ihm das zu und machte sich wieder auf. Hernach wollte er sich wieder setzen, aber es rief gleich: „ich schaue durch mein Fensterlein, daß du ruhst, willst du gleich weiter!“ Und so oft er stillstand, rief es, und da mußte er fort und brachte außer Athem den Korb mit dem Gold und den beiden Maͤdchen in ihrer Eltern Haus.
Daheim aber ordnete die Braut das Hochzeitfest an. Sie nahm einen Todtenkopf mit grinsenden Zaͤhnen und setzte ihm einen Schmuck auf und trug ihn oben vors Bodenloch und ließ ihn da herausschauen. Dann lud sie die Freunde des Hexenmeisters zum Fest ein, und wie das geschehen war, steckte sie sich in ein Faß mit Honig, schnitt das Bett auf und waͤlzte sich darin, daß sie aussah, wie ein wunderlicher Vogel und kein Mensch sie erkennen konnte. Da ging sie zum Haus hinaus und unterwegs begegnete ihr ein Theil der Hochzeitgaͤste, die fragten:
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
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