Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.Kerle bespritzte, sie sprachen untereinander: "der Thau tröpfelt schon herunter!" endlich dachte Catherlieschen, sollte es wohl die Thüre seyn, was mich so drückt! und sprach: "Friederchen, ich muß die Thüre hinabwerfen." "Nein, Catherlieschen, jetzt nicht, sie könnte uns verrathen." "Ach, Friederchen ich muß, sie drückt mich gar zu sehr." "Nein, Catherlieschen halt sie ja fest." "Ach, Friederchen ich laß sie fallen." "Ei, antwortete Frieder ärgerlich, laß sie fallen ins Teufels Namen!" Da fiel sie herunter mit starkem Gepolter und die Kerle unten riefen: "der Teufel kommt vom Baum herab!" rissen aus und ließen alles in Stich. Frühmorgens, wie die zwei herunter kamen, fanden sie all ihr Gold wieder und trugens heim. Zu Haus sprach der Frieder: "Catherlieschen, nun mußt du aber auch fein arbeiten." "Ja, Friederchen, antwortete es, wills schon thun, will ins Feld gehen, Frucht schneiden." Als Catherlieschen im Feld war, sprachs mit sich selber: "eß ich, eh ich schneid', oder schlaf ich, eh ich schneid'? hei, ich will ehr essen!" Da aß Catherlieschen, und ward überm Essen schläfrig, und fing an zu schneiden und schnitt halb träumend alle seine Kleider entzwei, Schürz, Rock und Hemd. Wie Catherlieschen nach langem Schlaf wieder erwachte, stand es halb nackigt da und sprach zu sich selber: "bin ichs, oder bin ichs nicht? ach ich bins nicht!" Unterdessen wards Nacht, da lief Catherlieschen ins Dorf hinein, klopfte an ihres Mannes Fenster und rief: "Friederchen?" " Was ist denn?" -- "Möcht gern wissen, ob Catherlieschen drinnen ist?" "Ja, ja, antwortete der Frieder, es wird wohl drin liegen Kerle bespritzte, sie sprachen untereinander: „der Thau troͤpfelt schon herunter!“ endlich dachte Catherlieschen, sollte es wohl die Thuͤre seyn, was mich so druͤckt! und sprach: „Friederchen, ich muß die Thuͤre hinabwerfen.“ „Nein, Catherlieschen, jetzt nicht, sie koͤnnte uns verrathen.“ „Ach, Friederchen ich muß, sie druͤckt mich gar zu sehr.“ „Nein, Catherlieschen halt sie ja fest.“ „Ach, Friederchen ich laß sie fallen.“ „Ei, antwortete Frieder aͤrgerlich, laß sie fallen ins Teufels Namen!“ Da fiel sie herunter mit starkem Gepolter und die Kerle unten riefen: „der Teufel kommt vom Baum herab!“ rissen aus und ließen alles in Stich. Fruͤhmorgens, wie die zwei herunter kamen, fanden sie all ihr Gold wieder und trugens heim. Zu Haus sprach der Frieder: „Catherlieschen, nun mußt du aber auch fein arbeiten.“ „Ja, Friederchen, antwortete es, wills schon thun, will ins Feld gehen, Frucht schneiden.“ Als Catherlieschen im Feld war, sprachs mit sich selber: „eß ich, eh ich schneid’, oder schlaf ich, eh ich schneid’? hei, ich will ehr essen!“ Da aß Catherlieschen, und ward uͤberm Essen schlaͤfrig, und fing an zu schneiden und schnitt halb traͤumend alle seine Kleider entzwei, Schuͤrz, Rock und Hemd. Wie Catherlieschen nach langem Schlaf wieder erwachte, stand es halb nackigt da und sprach zu sich selber: „bin ichs, oder bin ichs nicht? ach ich bins nicht!“ Unterdessen wards Nacht, da lief Catherlieschen ins Dorf hinein, klopfte an ihres Mannes Fenster und rief: „Friederchen?“ „ Was ist denn?“ — „Moͤcht gern wissen, ob Catherlieschen drinnen ist?“ „Ja, ja, antwortete der Frieder, es wird wohl drin liegen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0372" n="308"/> Kerle bespritzte, sie sprachen untereinander: „der Thau troͤpfelt schon herunter!“ endlich dachte Catherlieschen, sollte es wohl die Thuͤre seyn, was mich so druͤckt! und sprach: „Friederchen, ich muß die Thuͤre hinabwerfen.“ „Nein, Catherlieschen, jetzt nicht, sie koͤnnte uns verrathen.“ „Ach, Friederchen ich muß, sie druͤckt mich gar zu sehr.“ „Nein, Catherlieschen halt sie ja fest.“ „Ach, Friederchen ich laß sie fallen.“ „Ei, antwortete Frieder aͤrgerlich, laß sie fallen ins Teufels Namen!“ Da fiel sie herunter mit starkem Gepolter und die Kerle unten riefen: „der Teufel kommt vom Baum herab!“ rissen aus und ließen alles in Stich. 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Wie Catherlieschen nach langem Schlaf wieder erwachte, stand es halb nackigt da und sprach zu sich selber: „bin ichs, oder bin ichs nicht? ach ich bins nicht!“ Unterdessen wards Nacht, da lief Catherlieschen ins Dorf hinein, klopfte an ihres Mannes Fenster und rief: „Friederchen?“ „ Was ist denn?“ — „Moͤcht gern wissen, ob Catherlieschen drinnen ist?“ „Ja, ja, antwortete der Frieder, es wird wohl drin liegen </p> </div> </body> </text> </TEI> [308/0372]
Kerle bespritzte, sie sprachen untereinander: „der Thau troͤpfelt schon herunter!“ endlich dachte Catherlieschen, sollte es wohl die Thuͤre seyn, was mich so druͤckt! und sprach: „Friederchen, ich muß die Thuͤre hinabwerfen.“ „Nein, Catherlieschen, jetzt nicht, sie koͤnnte uns verrathen.“ „Ach, Friederchen ich muß, sie druͤckt mich gar zu sehr.“ „Nein, Catherlieschen halt sie ja fest.“ „Ach, Friederchen ich laß sie fallen.“ „Ei, antwortete Frieder aͤrgerlich, laß sie fallen ins Teufels Namen!“ Da fiel sie herunter mit starkem Gepolter und die Kerle unten riefen: „der Teufel kommt vom Baum herab!“ rissen aus und ließen alles in Stich. Fruͤhmorgens, wie die zwei herunter kamen, fanden sie all ihr Gold wieder und trugens heim.
Zu Haus sprach der Frieder: „Catherlieschen, nun mußt du aber auch fein arbeiten.“ „Ja, Friederchen, antwortete es, wills schon thun, will ins Feld gehen, Frucht schneiden.“ Als Catherlieschen im Feld war, sprachs mit sich selber: „eß ich, eh ich schneid’, oder schlaf ich, eh ich schneid’? hei, ich will ehr essen!“ Da aß Catherlieschen, und ward uͤberm Essen schlaͤfrig, und fing an zu schneiden und schnitt halb traͤumend alle seine Kleider entzwei, Schuͤrz, Rock und Hemd. Wie Catherlieschen nach langem Schlaf wieder erwachte, stand es halb nackigt da und sprach zu sich selber: „bin ichs, oder bin ichs nicht? ach ich bins nicht!“ Unterdessen wards Nacht, da lief Catherlieschen ins Dorf hinein, klopfte an ihres Mannes Fenster und rief: „Friederchen?“ „ Was ist denn?“ — „Moͤcht gern wissen, ob Catherlieschen drinnen ist?“ „Ja, ja, antwortete der Frieder, es wird wohl drin liegen
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
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