Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.überall davon ausgegangen (Juppiter est quodcunque vides, quocunque moveris drückt sie Lucan aus); für das Volk würde sie es gewiß seyn, wenn sie ihm erst sollte gegeben werden. Der Sonne, dem Mond, den Sternen wohnt vor allem eine geistige Natur bei und wenn sie zu den Bedrängten reden, ihnen Geschenke geben, die sie erretten, so erscheinen sie als angebetete, göttliche Wesen (quorum opibus aperte juvantur. Caesar de B. G. 10.), wie sie es in den alten Zeiten den Deutschen wirklich waren. Auch die Bäume und Quellen, deren Verehrung sich lange fort erhielt, sind hier beseelt. Der Machandelbaum, d. h. der Leben verleihende, verjüngende Baum (juniperus), ist sichtbar ein guter Geist, seine Früchte erfüllen den Wunsch der Mutter nach einem Kinde; die gesammelten Knochen des Gemordeten werden unter seinen Aesten, die sich gleich den Armen eines Menschen bewegen und sie umfassen, wieder belebt, und die von ihm aufgenommene Seele steigt aus den leuchtenden aber nicht brennenden Flammen der Zweige in der Gestalt eines Vögleins hervor. Es ist nur anders ausgedrückt, wenn das in den Fluß geworfene Kind oder die weiße Braut gleichfalls in dem Bild eines Vogels sich wieder erhebt; der Fluß ist da ein belebter Geist. Anderwärts fangen die Zweige an sich zu erweichen und umfassen mit ihren Armen die in Trauer an dem Stamm Ruhende. Auch dem Grabe der Mutter entspringt ein Bäumchen, zu dem sich Aschenbrödel in der Noth wendet und das ihm Geschenke herab wirft. Oder aus dem vergrabenen Eingeweide (dem Herzen) eines geliebten Thiers wächst ein Baum mit goldenen uͤberall davon ausgegangen (Juppiter est quodcunque vides, quocunque moveris druͤckt sie Lucan aus); fuͤr das Volk wuͤrde sie es gewiß seyn, wenn sie ihm erst sollte gegeben werden. Der Sonne, dem Mond, den Sternen wohnt vor allem eine geistige Natur bei und wenn sie zu den Bedraͤngten reden, ihnen Geschenke geben, die sie erretten, so erscheinen sie als angebetete, goͤttliche Wesen (quorum opibus aperte juvantur. Caesar de B. G. 10.), wie sie es in den alten Zeiten den Deutschen wirklich waren. Auch die Baͤume und Quellen, deren Verehrung sich lange fort erhielt, sind hier beseelt. Der Machandelbaum, d. h. der Leben verleihende, verjuͤngende Baum (juniperus), ist sichtbar ein guter Geist, seine Fruͤchte erfuͤllen den Wunsch der Mutter nach einem Kinde; die gesammelten Knochen des Gemordeten werden unter seinen Aesten, die sich gleich den Armen eines Menschen bewegen und sie umfassen, wieder belebt, und die von ihm aufgenommene Seele steigt aus den leuchtenden aber nicht brennenden Flammen der Zweige in der Gestalt eines Voͤgleins hervor. Es ist nur anders ausgedruͤckt, wenn das in den Fluß geworfene Kind oder die weiße Braut gleichfalls in dem Bild eines Vogels sich wieder erhebt; der Fluß ist da ein belebter Geist. Anderwaͤrts fangen die Zweige an sich zu erweichen und umfassen mit ihren Armen die in Trauer an dem Stamm Ruhende. Auch dem Grabe der Mutter entspringt ein Baͤumchen, zu dem sich Aschenbroͤdel in der Noth wendet und das ihm Geschenke herab wirft. Oder aus dem vergrabenen Eingeweide (dem Herzen) eines geliebten Thiers waͤchst ein Baum mit goldenen <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0038" n="XXX"/> uͤberall davon ausgegangen (<hi rendition="#aq">Juppiter est quodcunque vides, quocunque moveris</hi> druͤckt sie Lucan aus); fuͤr das Volk wuͤrde sie es gewiß seyn, wenn sie ihm erst sollte gegeben werden. Der Sonne, dem Mond, den Sternen wohnt vor allem eine geistige Natur bei und wenn sie zu den Bedraͤngten reden, ihnen Geschenke geben, die sie erretten, so erscheinen sie als angebetete, goͤttliche Wesen (<hi rendition="#aq">quorum opibus aperte juvantur. Caesar de B. G. 10.</hi>), wie sie es in den alten Zeiten den Deutschen wirklich waren. Auch die <hi rendition="#g">Baͤume</hi> und <hi rendition="#g">Quellen</hi>, deren Verehrung sich lange fort erhielt, sind hier beseelt. Der Machandelbaum, d. h. der Leben verleihende, verjuͤngende Baum (<hi rendition="#aq">juniperus</hi>), ist sichtbar ein guter Geist, seine Fruͤchte erfuͤllen den Wunsch der Mutter nach einem Kinde; die gesammelten Knochen des Gemordeten werden unter seinen Aesten, die sich gleich den Armen eines Menschen bewegen und sie umfassen, wieder belebt, und die von ihm aufgenommene Seele steigt aus den leuchtenden aber nicht brennenden Flammen der Zweige in der Gestalt eines Voͤgleins hervor. Es ist nur anders ausgedruͤckt, wenn das in den Fluß geworfene Kind oder die weiße Braut gleichfalls in dem Bild eines Vogels sich wieder erhebt; der Fluß ist da ein belebter Geist. Anderwaͤrts fangen die Zweige an sich zu erweichen und umfassen mit ihren Armen die in Trauer an dem Stamm Ruhende. Auch dem Grabe der Mutter entspringt ein Baͤumchen, zu dem sich Aschenbroͤdel in der Noth wendet und das ihm Geschenke herab wirft. Oder aus dem vergrabenen Eingeweide (dem Herzen) eines geliebten Thiers waͤchst ein Baum mit goldenen </p> </div> </div> </front> </text> </TEI> [XXX/0038]
uͤberall davon ausgegangen (Juppiter est quodcunque vides, quocunque moveris druͤckt sie Lucan aus); fuͤr das Volk wuͤrde sie es gewiß seyn, wenn sie ihm erst sollte gegeben werden. Der Sonne, dem Mond, den Sternen wohnt vor allem eine geistige Natur bei und wenn sie zu den Bedraͤngten reden, ihnen Geschenke geben, die sie erretten, so erscheinen sie als angebetete, goͤttliche Wesen (quorum opibus aperte juvantur. Caesar de B. G. 10.), wie sie es in den alten Zeiten den Deutschen wirklich waren. Auch die Baͤume und Quellen, deren Verehrung sich lange fort erhielt, sind hier beseelt. Der Machandelbaum, d. h. der Leben verleihende, verjuͤngende Baum (juniperus), ist sichtbar ein guter Geist, seine Fruͤchte erfuͤllen den Wunsch der Mutter nach einem Kinde; die gesammelten Knochen des Gemordeten werden unter seinen Aesten, die sich gleich den Armen eines Menschen bewegen und sie umfassen, wieder belebt, und die von ihm aufgenommene Seele steigt aus den leuchtenden aber nicht brennenden Flammen der Zweige in der Gestalt eines Voͤgleins hervor. Es ist nur anders ausgedruͤckt, wenn das in den Fluß geworfene Kind oder die weiße Braut gleichfalls in dem Bild eines Vogels sich wieder erhebt; der Fluß ist da ein belebter Geist. Anderwaͤrts fangen die Zweige an sich zu erweichen und umfassen mit ihren Armen die in Trauer an dem Stamm Ruhende. Auch dem Grabe der Mutter entspringt ein Baͤumchen, zu dem sich Aschenbroͤdel in der Noth wendet und das ihm Geschenke herab wirft. Oder aus dem vergrabenen Eingeweide (dem Herzen) eines geliebten Thiers waͤchst ein Baum mit goldenen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |