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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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sagte, er wäre an des Königs Statt im ganzen Lande, sprach der andere: "das hab ich wohl gemerkt, denn als ich in die Stadt kam und für dich angesehen wurde, da geschah mir alle königliche Ehre, die junge Königin hielt mich für ihren Gemahl und ich mußte an ihrer Seite essen und in deinem Bett schlafen." Wie das der andere hörte, ward er so eifersüchtig und zornig, daß er sein Schwert zog und seinem Bruder den Kopf abschlug. Als dieser aber todt da lag und er sein rothes Blut fließen sah, reute es ihn gewaltig und er sprach: "mein Bruder hat mich erlöst und ich habe ihn dafür getödtet!" und jammerte laut. Da kam sein Hase und sagte, er wollte von der Lebenswurzel holen, sprang fort und brachte sie noch zu rechter Zeit, und der Todte wurde wieder lebendig und merkte gar nichts von der Wunde.

Darauf zogen sie weiter und der jüngste sprach: "du siehst aus wie ich, hast königliche Kleider an wie ich und die Thiere folgen dir nach wie mir, wir wollen zu den entgegengesetzten Thoren eingehen und von zwei Seiten zugleich beim alten König anlangen." Also trennten sie sich, und bei dem alten König kam zu gleicher Zeit die Wache von dem einen und dem andern Thore und meldete, der junge König mit seinen Thieren wäre von der Jagd angelangt. Sprach der König: "es ist nicht möglich, die Thore liegen eine Stunde weit aus einander." Jndem aber kamen von zwei Seiten die beiden Brüder in den Schloßhof hinein und stiegen beide herauf. Da sprach der König zu seiner Tochter: "nun sag du, welcher dein Gemahl ist, denn es sieht einer aus wie der andere, ich kanns nicht sagen." Sie war da in großer Angst

sagte, er waͤre an des Koͤnigs Statt im ganzen Lande, sprach der andere: „das hab ich wohl gemerkt, denn als ich in die Stadt kam und fuͤr dich angesehen wurde, da geschah mir alle koͤnigliche Ehre, die junge Koͤnigin hielt mich fuͤr ihren Gemahl und ich mußte an ihrer Seite essen und in deinem Bett schlafen.“ Wie das der andere hoͤrte, ward er so eifersuͤchtig und zornig, daß er sein Schwert zog und seinem Bruder den Kopf abschlug. Als dieser aber todt da lag und er sein rothes Blut fließen sah, reute es ihn gewaltig und er sprach: „mein Bruder hat mich erloͤst und ich habe ihn dafuͤr getoͤdtet!“ und jammerte laut. Da kam sein Hase und sagte, er wollte von der Lebenswurzel holen, sprang fort und brachte sie noch zu rechter Zeit, und der Todte wurde wieder lebendig und merkte gar nichts von der Wunde.

Darauf zogen sie weiter und der juͤngste sprach: „du siehst aus wie ich, hast koͤnigliche Kleider an wie ich und die Thiere folgen dir nach wie mir, wir wollen zu den entgegengesetzten Thoren eingehen und von zwei Seiten zugleich beim alten Koͤnig anlangen.“ Also trennten sie sich, und bei dem alten Koͤnig kam zu gleicher Zeit die Wache von dem einen und dem andern Thore und meldete, der junge Koͤnig mit seinen Thieren waͤre von der Jagd angelangt. Sprach der Koͤnig: „es ist nicht moͤglich, die Thore liegen eine Stunde weit aus einander.“ Jndem aber kamen von zwei Seiten die beiden Bruͤder in den Schloßhof hinein und stiegen beide herauf. Da sprach der Koͤnig zu seiner Tochter: „nun sag du, welcher dein Gemahl ist, denn es sieht einer aus wie der andere, ich kanns nicht sagen.“ Sie war da in großer Angst

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[336/0400] sagte, er waͤre an des Koͤnigs Statt im ganzen Lande, sprach der andere: „das hab ich wohl gemerkt, denn als ich in die Stadt kam und fuͤr dich angesehen wurde, da geschah mir alle koͤnigliche Ehre, die junge Koͤnigin hielt mich fuͤr ihren Gemahl und ich mußte an ihrer Seite essen und in deinem Bett schlafen.“ Wie das der andere hoͤrte, ward er so eifersuͤchtig und zornig, daß er sein Schwert zog und seinem Bruder den Kopf abschlug. Als dieser aber todt da lag und er sein rothes Blut fließen sah, reute es ihn gewaltig und er sprach: „mein Bruder hat mich erloͤst und ich habe ihn dafuͤr getoͤdtet!“ und jammerte laut. Da kam sein Hase und sagte, er wollte von der Lebenswurzel holen, sprang fort und brachte sie noch zu rechter Zeit, und der Todte wurde wieder lebendig und merkte gar nichts von der Wunde. Darauf zogen sie weiter und der juͤngste sprach: „du siehst aus wie ich, hast koͤnigliche Kleider an wie ich und die Thiere folgen dir nach wie mir, wir wollen zu den entgegengesetzten Thoren eingehen und von zwei Seiten zugleich beim alten Koͤnig anlangen.“ Also trennten sie sich, und bei dem alten Koͤnig kam zu gleicher Zeit die Wache von dem einen und dem andern Thore und meldete, der junge Koͤnig mit seinen Thieren waͤre von der Jagd angelangt. Sprach der Koͤnig: „es ist nicht moͤglich, die Thore liegen eine Stunde weit aus einander.“ Jndem aber kamen von zwei Seiten die beiden Bruͤder in den Schloßhof hinein und stiegen beide herauf. Da sprach der Koͤnig zu seiner Tochter: „nun sag du, welcher dein Gemahl ist, denn es sieht einer aus wie der andere, ich kanns nicht sagen.“ Sie war da in großer Angst

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/400>, abgerufen am 22.11.2024.