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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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Wie die Kühe des andern Morgens ausgetrieben wurden, rief das Bürle den Hirt herein und sprach: "seht, da hab ich ein Kälbchen, aber es ist noch zu klein und muß noch getragen werden." Der Hirt sagte: "schon gut!" nahms in seinen Arm und trugs hinaus auf die Weide, da stellte ers ins Gras. Das Kälbchen blieb da immer stehen wie eins das frißt, und der Hirt sprach: "das wird bald selber laufen, guck einer, was es schon frißt!" Abends als er die Heerde wieder heim treiben wollte, sprach er zu dem Kalb: "kannst du da stehen und dich satt fressen, so kannst du auch auf deinen vier Beinen gehen, ich mag dich nicht wieder auf dem Arm heim schleppen." Das Bürle stand aber vor seiner Hausthür und wartete auf sein Kälbchen; als nun der Kuhhirt durchs Dorf trieb und das Kälbchen fehlte, fragte er darnach. Der Hirt antwortete: "das steht noch immer draußen und frißt; es wollte nicht aufhören und nicht mitgehen." Bürle aber sprach: "ei was! ich muß mein Vieh wieder haben." Da gingen sie zusammen nach der Wiese zurück, aber einer hatte das Kalb gestohlen und es war fort. Sprach der Hirt: "es wird wohl wohin gelaufen seyn!" Das Bürle aber sagte: "mir nicht so!" und führte den Hirten vor den Schultheiß, der verdammte ihn für seine Nachlässigkeit, daß er dem Bürle für das entkommene Kalb mußte eine Kuh geben.

Nun hatte das Bürle und seine Frau die lang gewünschte Kuh; sie freuten sich von Herzen, hatten aber kein Futter und konnten ihr nichts zu fressen geben, also mußte sie bald geschlachtet werden. Das Fleisch salzten sie ein, und das Bürle ging in

Wie die Kuͤhe des andern Morgens ausgetrieben wurden, rief das Buͤrle den Hirt herein und sprach: „seht, da hab ich ein Kaͤlbchen, aber es ist noch zu klein und muß noch getragen werden.“ Der Hirt sagte: „schon gut!“ nahms in seinen Arm und trugs hinaus auf die Weide, da stellte ers ins Gras. Das Kaͤlbchen blieb da immer stehen wie eins das frißt, und der Hirt sprach: „das wird bald selber laufen, guck einer, was es schon frißt!“ Abends als er die Heerde wieder heim treiben wollte, sprach er zu dem Kalb: „kannst du da stehen und dich satt fressen, so kannst du auch auf deinen vier Beinen gehen, ich mag dich nicht wieder auf dem Arm heim schleppen.“ Das Buͤrle stand aber vor seiner Hausthuͤr und wartete auf sein Kaͤlbchen; als nun der Kuhhirt durchs Dorf trieb und das Kaͤlbchen fehlte, fragte er darnach. Der Hirt antwortete: „das steht noch immer draußen und frißt; es wollte nicht aufhoͤren und nicht mitgehen.“ Buͤrle aber sprach: „ei was! ich muß mein Vieh wieder haben.“ Da gingen sie zusammen nach der Wiese zuruͤck, aber einer hatte das Kalb gestohlen und es war fort. Sprach der Hirt: „es wird wohl wohin gelaufen seyn!“ Das Buͤrle aber sagte: „mir nicht so!“ und fuͤhrte den Hirten vor den Schultheiß, der verdammte ihn fuͤr seine Nachlaͤssigkeit, daß er dem Buͤrle fuͤr das entkommene Kalb mußte eine Kuh geben.

Nun hatte das Buͤrle und seine Frau die lang gewuͤnschte Kuh; sie freuten sich von Herzen, hatten aber kein Futter und konnten ihr nichts zu fressen geben, also mußte sie bald geschlachtet werden. Das Fleisch salzten sie ein, und das Buͤrle ging in

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[338/0402] Wie die Kuͤhe des andern Morgens ausgetrieben wurden, rief das Buͤrle den Hirt herein und sprach: „seht, da hab ich ein Kaͤlbchen, aber es ist noch zu klein und muß noch getragen werden.“ Der Hirt sagte: „schon gut!“ nahms in seinen Arm und trugs hinaus auf die Weide, da stellte ers ins Gras. Das Kaͤlbchen blieb da immer stehen wie eins das frißt, und der Hirt sprach: „das wird bald selber laufen, guck einer, was es schon frißt!“ Abends als er die Heerde wieder heim treiben wollte, sprach er zu dem Kalb: „kannst du da stehen und dich satt fressen, so kannst du auch auf deinen vier Beinen gehen, ich mag dich nicht wieder auf dem Arm heim schleppen.“ Das Buͤrle stand aber vor seiner Hausthuͤr und wartete auf sein Kaͤlbchen; als nun der Kuhhirt durchs Dorf trieb und das Kaͤlbchen fehlte, fragte er darnach. Der Hirt antwortete: „das steht noch immer draußen und frißt; es wollte nicht aufhoͤren und nicht mitgehen.“ Buͤrle aber sprach: „ei was! ich muß mein Vieh wieder haben.“ Da gingen sie zusammen nach der Wiese zuruͤck, aber einer hatte das Kalb gestohlen und es war fort. Sprach der Hirt: „es wird wohl wohin gelaufen seyn!“ Das Buͤrle aber sagte: „mir nicht so!“ und fuͤhrte den Hirten vor den Schultheiß, der verdammte ihn fuͤr seine Nachlaͤssigkeit, daß er dem Buͤrle fuͤr das entkommene Kalb mußte eine Kuh geben. Nun hatte das Buͤrle und seine Frau die lang gewuͤnschte Kuh; sie freuten sich von Herzen, hatten aber kein Futter und konnten ihr nichts zu fressen geben, also mußte sie bald geschlachtet werden. Das Fleisch salzten sie ein, und das Buͤrle ging in

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/402>, abgerufen am 22.11.2024.