Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.Flasche Wein mit, damit er nicht Hunger und Durst litt. Als er in den Wald kam, begegnete ihm ein altes graues Männlein, das bot ihm einen guten Tag und sprach: "gib mir doch ein Stück von deinem Kuchen aus der Tasche, und laß mich einen Schluck von deinem Wein trinken, ich bin so hungrig und durstig." Der kluge Sohn aber antwortete: "geb ich dir meinen Kuchen und meinen Wein, so hab ich selber nichts, pack dich deiner Wege!" und ging fort. Als er nun anfing einen Baum zu behauen, dauerte es nicht lange, so hieb er fehl und die Axt fuhr ihm in den Arm, daß er mußte heimgehen und sich verbinden lassen. Das war aber von dem grauen Männchen gekommen. Darauf ging der zweite Sohn in den Wald und die Mutter gab ihm, wie dem ältesten, einen Eierkuchen und eine Flasche Wein. Dem begegnete gleichfalls das alte graue Männchen und hielt um ein Stückchen Kuchen und einen Trunk Wein an. Aber der zweite Sohn sprach auch ganz verständig: "was ich dir gebe, das geht mir selber ab, pack dich deiner Wege!" und ging fort. Das Männchen ließ die Strafe nicht ausbleiben und als er ein paar Hiebe am Baum gethan, hieb er sich ins Bein, daß er mußte nach Haus getragen werden. Da sagte der Dummling auch: "Vater, ich will hinausgehen und Holz hauen." Antwortete der Vater: "deine Brüder haben sich Schaden gethan, laß du's gar bleiben, du verstehst nichts davon." Der Dummling aber bat, daß ers erlauben möchte, da sagte er endlich: "geh nur hin, durch Schaden wirst du klug werden." Die Mutter aber gab ihm einen Kuchen, der war mit Flasche Wein mit, damit er nicht Hunger und Durst litt. Als er in den Wald kam, begegnete ihm ein altes graues Maͤnnlein, das bot ihm einen guten Tag und sprach: „gib mir doch ein Stuͤck von deinem Kuchen aus der Tasche, und laß mich einen Schluck von deinem Wein trinken, ich bin so hungrig und durstig.“ Der kluge Sohn aber antwortete: „geb ich dir meinen Kuchen und meinen Wein, so hab ich selber nichts, pack dich deiner Wege!“ und ging fort. Als er nun anfing einen Baum zu behauen, dauerte es nicht lange, so hieb er fehl und die Axt fuhr ihm in den Arm, daß er mußte heimgehen und sich verbinden lassen. Das war aber von dem grauen Maͤnnchen gekommen. Darauf ging der zweite Sohn in den Wald und die Mutter gab ihm, wie dem aͤltesten, einen Eierkuchen und eine Flasche Wein. Dem begegnete gleichfalls das alte graue Maͤnnchen und hielt um ein Stuͤckchen Kuchen und einen Trunk Wein an. Aber der zweite Sohn sprach auch ganz verstaͤndig: „was ich dir gebe, das geht mir selber ab, pack dich deiner Wege!“ und ging fort. Das Maͤnnchen ließ die Strafe nicht ausbleiben und als er ein paar Hiebe am Baum gethan, hieb er sich ins Bein, daß er mußte nach Haus getragen werden. Da sagte der Dummling auch: „Vater, ich will hinausgehen und Holz hauen.“ Antwortete der Vater: „deine Bruͤder haben sich Schaden gethan, laß du’s gar bleiben, du verstehst nichts davon.“ Der Dummling aber bat, daß ers erlauben moͤchte, da sagte er endlich: „geh nur hin, durch Schaden wirst du klug werden.“ Die Mutter aber gab ihm einen Kuchen, der war mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0415" n="351"/> Flasche Wein mit, damit er nicht Hunger und Durst litt. Als er in den Wald kam, begegnete ihm ein altes graues Maͤnnlein, das bot ihm einen guten Tag und sprach: „gib mir doch ein Stuͤck von deinem Kuchen aus der Tasche, und laß mich einen Schluck von deinem Wein trinken, ich bin so hungrig und durstig.“ Der kluge Sohn aber antwortete: „geb ich dir meinen Kuchen und meinen Wein, so hab ich selber nichts, pack dich deiner Wege!“ und ging fort. Als er nun anfing einen Baum zu behauen, dauerte es nicht lange, so hieb er fehl und die Axt fuhr ihm in den Arm, daß er mußte heimgehen und sich verbinden lassen. Das war aber von dem grauen Maͤnnchen gekommen.</p><lb/> <p>Darauf ging der zweite Sohn in den Wald und die Mutter gab ihm, wie dem aͤltesten, einen Eierkuchen und eine Flasche Wein. Dem begegnete gleichfalls das alte graue Maͤnnchen und hielt um ein Stuͤckchen Kuchen und einen Trunk Wein an. Aber der zweite Sohn sprach auch ganz verstaͤndig: „was ich dir gebe, das geht mir selber ab, pack dich deiner Wege!“ und ging fort. Das Maͤnnchen ließ die Strafe nicht ausbleiben und als er ein paar Hiebe am Baum gethan, hieb er sich ins Bein, daß er mußte nach Haus getragen werden.</p><lb/> <p>Da sagte der Dummling auch: „Vater, ich will hinausgehen und Holz hauen.“ Antwortete der Vater: „deine Bruͤder haben sich Schaden gethan, laß du’s gar bleiben, du verstehst nichts davon.“ Der Dummling aber bat, daß ers erlauben moͤchte, da sagte er endlich: „geh nur hin, durch Schaden wirst du klug werden.“ Die Mutter aber gab ihm einen Kuchen, der war mit </p> </div> </body> </text> </TEI> [351/0415]
Flasche Wein mit, damit er nicht Hunger und Durst litt. Als er in den Wald kam, begegnete ihm ein altes graues Maͤnnlein, das bot ihm einen guten Tag und sprach: „gib mir doch ein Stuͤck von deinem Kuchen aus der Tasche, und laß mich einen Schluck von deinem Wein trinken, ich bin so hungrig und durstig.“ Der kluge Sohn aber antwortete: „geb ich dir meinen Kuchen und meinen Wein, so hab ich selber nichts, pack dich deiner Wege!“ und ging fort. Als er nun anfing einen Baum zu behauen, dauerte es nicht lange, so hieb er fehl und die Axt fuhr ihm in den Arm, daß er mußte heimgehen und sich verbinden lassen. Das war aber von dem grauen Maͤnnchen gekommen.
Darauf ging der zweite Sohn in den Wald und die Mutter gab ihm, wie dem aͤltesten, einen Eierkuchen und eine Flasche Wein. Dem begegnete gleichfalls das alte graue Maͤnnchen und hielt um ein Stuͤckchen Kuchen und einen Trunk Wein an. Aber der zweite Sohn sprach auch ganz verstaͤndig: „was ich dir gebe, das geht mir selber ab, pack dich deiner Wege!“ und ging fort. Das Maͤnnchen ließ die Strafe nicht ausbleiben und als er ein paar Hiebe am Baum gethan, hieb er sich ins Bein, daß er mußte nach Haus getragen werden.
Da sagte der Dummling auch: „Vater, ich will hinausgehen und Holz hauen.“ Antwortete der Vater: „deine Bruͤder haben sich Schaden gethan, laß du’s gar bleiben, du verstehst nichts davon.“ Der Dummling aber bat, daß ers erlauben moͤchte, da sagte er endlich: „geh nur hin, durch Schaden wirst du klug werden.“ Die Mutter aber gab ihm einen Kuchen, der war mit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/415 |
Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/415>, abgerufen am 27.07.2024. |