Es war einmal eine Königstochter, die wußte nicht was sie anfangen sollte vor langer Weile. Da nahm sie eine goldene Kugel, womit sie schon oft gespielt hatte und ging hinaus in den Wald. Mitten in dem Wald aber war ein reiner, kühler Brunnen, dabei setzte sie sich nieder, warf die Kugel in die Höhe, fing sie wieder und das war ihr so ein Spielwerk. Es geschah aber, als die Kugel einmal recht hoch geflogen war und die Königstochter schon den Arm in die Höhe hielt und die Fingerchen streckte, um sie zu fangen, daß sie neben vorbei auf die Erde schlug und gerade zu ins Wasser hinein rollte.
Erschrocken sah ihr die Königstochter nach; aber die Kugel sank hinab und der Brunnen war so tief, daß kein Grund zu erkennen war. Als sie nun ganz verschwand, da fing das Mädchen gar jämmerlich an zu weinen und rief: "ach! meine goldene Kugel! hätte ich sie wieder, ich wollte alles darum hingeben: meine Kleider, meine Edelsteine, meine Perlen, ja meine goldene Krone noch dazu." Wie es das gesagt hatte, tauchte ein Frosch mit seinem dicken Kopf aus dem Wasser heraus und sprach: "Königstochter,
1.
Der Froschkoͤnig oder der eiserne Heinrich.
Es war einmal eine Koͤnigstochter, die wußte nicht was sie anfangen sollte vor langer Weile. Da nahm sie eine goldene Kugel, womit sie schon oft gespielt hatte und ging hinaus in den Wald. Mitten in dem Wald aber war ein reiner, kuͤhler Brunnen, dabei setzte sie sich nieder, warf die Kugel in die Hoͤhe, fing sie wieder und das war ihr so ein Spielwerk. Es geschah aber, als die Kugel einmal recht hoch geflogen war und die Koͤnigstochter schon den Arm in die Hoͤhe hielt und die Fingerchen streckte, um sie zu fangen, daß sie neben vorbei auf die Erde schlug und gerade zu ins Wasser hinein rollte.
Erschrocken sah ihr die Koͤnigstochter nach; aber die Kugel sank hinab und der Brunnen war so tief, daß kein Grund zu erkennen war. Als sie nun ganz verschwand, da fing das Maͤdchen gar jaͤmmerlich an zu weinen und rief: „ach! meine goldene Kugel! haͤtte ich sie wieder, ich wollte alles darum hingeben: meine Kleider, meine Edelsteine, meine Perlen, ja meine goldene Krone noch dazu.“ Wie es das gesagt hatte, tauchte ein Frosch mit seinem dicken Kopf aus dem Wasser heraus und sprach: „Koͤnigstochter,
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Der Froschkoͤnig oder der eiserne Heinrich.
Es war einmal eine Koͤnigstochter, die wußte nicht was sie anfangen sollte vor langer Weile. Da nahm sie eine goldene Kugel, womit sie schon oft gespielt hatte und ging hinaus in den Wald. Mitten in dem Wald aber war ein reiner, kuͤhler Brunnen, dabei setzte sie sich nieder, warf die Kugel in die Hoͤhe, fing sie wieder und das war ihr so ein Spielwerk. Es geschah aber, als die Kugel einmal recht hoch geflogen war und die Koͤnigstochter schon den Arm in die Hoͤhe hielt und die Fingerchen streckte, um sie zu fangen, daß sie neben vorbei auf die Erde schlug und gerade zu ins Wasser hinein rollte.
Erschrocken sah ihr die Koͤnigstochter nach; aber die Kugel sank hinab und der Brunnen war so tief, daß kein Grund zu erkennen war. Als sie nun ganz verschwand, da fing das Maͤdchen gar jaͤmmerlich an zu weinen und rief: „ach! meine goldene Kugel! haͤtte ich sie wieder, ich wollte alles darum hingeben: meine Kleider, meine Edelsteine, meine Perlen, ja meine goldene Krone noch dazu.“ Wie es das gesagt hatte, tauchte ein Frosch mit seinem dicken Kopf aus dem Wasser heraus und sprach: „Koͤnigstochter,
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im
Olms-Verlag erschienenen Ausgabe
(ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/65>, abgerufen am 16.02.2025.
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