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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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sah er ein Weilchen ruhig mit an, als es ihm aber zu arg ward, faßte er sein Schnitzmesser: "ei, du Gesindel! fort mit dir! und hieb hinein. Ein großer Theil sprang fort, die andern schmiß er todt und trug sie hinaus in den Teich. Als er wieder gekommen war, blies er aus den Funken sich sein Feuer frisch an und wärmte sich. Und als er so saß wollten ihm die Augen nicht länger offen bleiben und er bekam Lust zu schlafen. Da blickte er um sich und sah in der Ecke ein großes Bett, ging und legte sich hinein. Als er aber die Augen eben zu thun wollte, so fing das Bett von selbst an zu fahren und fuhr im ganzen Schloß herum. "Recht so, sprach er, nur besser zu." Da fing das Bett an zu fahren, als wären sechs Pferde vorgespannt, fort über Schwellen und Treppen auf und ab! hopp; hopp! warf es um, das unterste zu oberst, und er lag mitten drunter. Da schleuderte er Decken und Kissen in die Höhe, stieg heraus und sagte: "nun mag fahren, wer Lust hat!" legte sich an sein Feuer und schlief bis es Tag war. Am Morgen kam der König und als er ihn da auf der Erde liegen sah, meinte er, die Gespenster hätten ihn umgebracht und er wäre todt. Da sprach er: "es ist doch Schade um den schönen Menschen!" Das hörte der Junge, richtete sich auf und sprach: "so weit ists noch nicht!" Da verwunderte sich der König, freute sich aber und fragte, wie es ihm gegangen wäre. "Recht gut, antwortete er, eine Nacht wäre herum, die zwei andern werden auch herum gehen." Als er nun zum Wirth kam, machte der große Augen, und sprach: "ich dachte nicht, daß ich dich wieder lebendig sehen würde, hast du nun gelernt, was gruseln ist?"

sah er ein Weilchen ruhig mit an, als es ihm aber zu arg ward, faßte er sein Schnitzmesser: „ei, du Gesindel! fort mit dir! und hieb hinein. Ein großer Theil sprang fort, die andern schmiß er todt und trug sie hinaus in den Teich. Als er wieder gekommen war, blies er aus den Funken sich sein Feuer frisch an und waͤrmte sich. Und als er so saß wollten ihm die Augen nicht laͤnger offen bleiben und er bekam Lust zu schlafen. Da blickte er um sich und sah in der Ecke ein großes Bett, ging und legte sich hinein. Als er aber die Augen eben zu thun wollte, so fing das Bett von selbst an zu fahren und fuhr im ganzen Schloß herum. „Recht so, sprach er, nur besser zu.” Da fing das Bett an zu fahren, als waͤren sechs Pferde vorgespannt, fort uͤber Schwellen und Treppen auf und ab! hopp; hopp! warf es um, das unterste zu oberst, und er lag mitten drunter. Da schleuderte er Decken und Kissen in die Hoͤhe, stieg heraus und sagte: „nun mag fahren, wer Lust hat!” legte sich an sein Feuer und schlief bis es Tag war. Am Morgen kam der Koͤnig und als er ihn da auf der Erde liegen sah, meinte er, die Gespenster haͤtten ihn umgebracht und er waͤre todt. Da sprach er: „es ist doch Schade um den schoͤnen Menschen!“ Das hoͤrte der Junge, richtete sich auf und sprach: „so weit ists noch nicht!“ Da verwunderte sich der Koͤnig, freute sich aber und fragte, wie es ihm gegangen waͤre. „Recht gut, antwortete er, eine Nacht waͤre herum, die zwei andern werden auch herum gehen.“ Als er nun zum Wirth kam, machte der große Augen, und sprach: „ich dachte nicht, daß ich dich wieder lebendig sehen wuͤrde, hast du nun gelernt, was gruseln ist?“

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[21/0085] sah er ein Weilchen ruhig mit an, als es ihm aber zu arg ward, faßte er sein Schnitzmesser: „ei, du Gesindel! fort mit dir! und hieb hinein. Ein großer Theil sprang fort, die andern schmiß er todt und trug sie hinaus in den Teich. Als er wieder gekommen war, blies er aus den Funken sich sein Feuer frisch an und waͤrmte sich. Und als er so saß wollten ihm die Augen nicht laͤnger offen bleiben und er bekam Lust zu schlafen. Da blickte er um sich und sah in der Ecke ein großes Bett, ging und legte sich hinein. Als er aber die Augen eben zu thun wollte, so fing das Bett von selbst an zu fahren und fuhr im ganzen Schloß herum. „Recht so, sprach er, nur besser zu.” Da fing das Bett an zu fahren, als waͤren sechs Pferde vorgespannt, fort uͤber Schwellen und Treppen auf und ab! hopp; hopp! warf es um, das unterste zu oberst, und er lag mitten drunter. Da schleuderte er Decken und Kissen in die Hoͤhe, stieg heraus und sagte: „nun mag fahren, wer Lust hat!” legte sich an sein Feuer und schlief bis es Tag war. Am Morgen kam der Koͤnig und als er ihn da auf der Erde liegen sah, meinte er, die Gespenster haͤtten ihn umgebracht und er waͤre todt. Da sprach er: „es ist doch Schade um den schoͤnen Menschen!“ Das hoͤrte der Junge, richtete sich auf und sprach: „so weit ists noch nicht!“ Da verwunderte sich der Koͤnig, freute sich aber und fragte, wie es ihm gegangen waͤre. „Recht gut, antwortete er, eine Nacht waͤre herum, die zwei andern werden auch herum gehen.“ Als er nun zum Wirth kam, machte der große Augen, und sprach: „ich dachte nicht, daß ich dich wieder lebendig sehen wuͤrde, hast du nun gelernt, was gruseln ist?“

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/85>, abgerufen am 15.05.2024.