Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.nichts zu trinken, denn die Alte braue böse Getränke. Sie schliefen ruhig bis zum frühen Morgen; als sie sich zur Abreise fertig machten und der Königssohn schon zu Pferde saß, sprach die Alte 'wartet einen Augenblick, ich will euch erst einen Abschiedstrank reichen.' Während sie ihn holte, ritt der Königssohn fort, und der Diener, der den Sattel noch fest schnallen mußte, war allein zugegen, als die böse Hexe mit dem Trank kam. 'Da bring ihn deinem Herrn' sagte sie, aber in dem Augenblick sprang das Glas, und das Gift spritzte auf das Pferd, und war so heftig daß das Thier gleich todt hinstürzte. Der Diener lief seinem Herrn nach, und erzählte ihm was geschehen war, der Diener aber wollte den Sattel nicht im Stich lassen, und lief zurück um ihn zu holen. Wie er aber zu dem todten Pferde kam, saß schon ein Rabe darauf und fraß davon. 'Wer weiß ob wir heute noch etwas besseres finden' sagte der Diener, tödtete den Raben, und nahm ihn mit. Nun zogen sie in dem Walde den ganzen Tag weiter, konnten aber nicht herauskommen. Bei Anbruch der Nacht fanden sie ein Wirthshaus, und giengen hinein. Der Diener gab dem Wirth den Raben, und sagte er sollte ihn zum Abendessen zubereiten. Sie waren aber in eine Mördergrube gerathen, und in der Dunkelheit kamen zwölf Mörder, und wollten die Fremden umbringen und berauben. Eh sie sich aber ans Werk machten, verzehrten sie erst den Raben, der da gebraten auf dem Tische stand. Dem Raben aber hatte sich das Gift von dem genossenen Pferdefleisch mitgetheilt, und kaum hatten sie ein paar Bißen hinunter geschluckt, nichts zu trinken, denn die Alte braue boͤse Getraͤnke. Sie schliefen ruhig bis zum fruͤhen Morgen; als sie sich zur Abreise fertig machten und der Koͤnigssohn schon zu Pferde saß, sprach die Alte ‘wartet einen Augenblick, ich will euch erst einen Abschiedstrank reichen.’ Waͤhrend sie ihn holte, ritt der Koͤnigssohn fort, und der Diener, der den Sattel noch fest schnallen mußte, war allein zugegen, als die boͤse Hexe mit dem Trank kam. ‘Da bring ihn deinem Herrn’ sagte sie, aber in dem Augenblick sprang das Glas, und das Gift spritzte auf das Pferd, und war so heftig daß das Thier gleich todt hinstuͤrzte. Der Diener lief seinem Herrn nach, und erzaͤhlte ihm was geschehen war, der Diener aber wollte den Sattel nicht im Stich lassen, und lief zuruͤck um ihn zu holen. Wie er aber zu dem todten Pferde kam, saß schon ein Rabe darauf und fraß davon. ‘Wer weiß ob wir heute noch etwas besseres finden’ sagte der Diener, toͤdtete den Raben, und nahm ihn mit. Nun zogen sie in dem Walde den ganzen Tag weiter, konnten aber nicht herauskommen. Bei Anbruch der Nacht fanden sie ein Wirthshaus, und giengen hinein. Der Diener gab dem Wirth den Raben, und sagte er sollte ihn zum Abendessen zubereiten. Sie waren aber in eine Moͤrdergrube gerathen, und in der Dunkelheit kamen zwoͤlf Moͤrder, und wollten die Fremden umbringen und berauben. Eh sie sich aber ans Werk machten, verzehrten sie erst den Raben, der da gebraten auf dem Tische stand. Dem Raben aber hatte sich das Gift von dem genossenen Pferdefleisch mitgetheilt, und kaum hatten sie ein paar Bißen hinunter geschluckt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0179" n="148"/> nichts zu trinken, denn die Alte braue boͤse Getraͤnke. Sie schliefen ruhig bis zum fruͤhen Morgen; als sie sich zur Abreise fertig machten und der Koͤnigssohn schon zu Pferde saß, sprach die Alte ‘wartet einen Augenblick, ich will euch erst einen Abschiedstrank reichen.’ Waͤhrend sie ihn holte, ritt der Koͤnigssohn fort, und der Diener, der den Sattel noch fest schnallen mußte, war allein zugegen, als die boͤse Hexe mit dem Trank kam. ‘Da bring ihn deinem Herrn’ sagte sie, aber in dem Augenblick sprang das Glas, und das Gift spritzte auf das Pferd, und war so heftig daß das Thier gleich todt hinstuͤrzte. Der Diener lief seinem Herrn nach, und erzaͤhlte ihm was geschehen war, der Diener aber wollte den Sattel nicht im Stich lassen, und lief zuruͤck um ihn zu holen. Wie er aber zu dem todten Pferde kam, saß schon ein Rabe darauf und fraß davon. ‘Wer weiß ob wir heute noch etwas besseres finden’ sagte der Diener, toͤdtete den Raben, und nahm ihn mit. Nun zogen sie in dem Walde den ganzen Tag weiter, konnten aber nicht herauskommen. Bei Anbruch der Nacht fanden sie ein Wirthshaus, und giengen hinein. Der Diener gab dem Wirth den Raben, und sagte er sollte ihn zum Abendessen zubereiten. Sie waren aber in eine Moͤrdergrube gerathen, und in der Dunkelheit kamen zwoͤlf Moͤrder, und wollten die Fremden umbringen und berauben. Eh sie sich aber ans Werk machten, verzehrten sie erst den Raben, der da gebraten auf dem Tische stand. Dem Raben aber hatte sich das Gift von dem genossenen Pferdefleisch mitgetheilt, und kaum hatten sie ein paar Bißen hinunter geschluckt, </p> </div> </body> </text> </TEI> [148/0179]
nichts zu trinken, denn die Alte braue boͤse Getraͤnke. Sie schliefen ruhig bis zum fruͤhen Morgen; als sie sich zur Abreise fertig machten und der Koͤnigssohn schon zu Pferde saß, sprach die Alte ‘wartet einen Augenblick, ich will euch erst einen Abschiedstrank reichen.’ Waͤhrend sie ihn holte, ritt der Koͤnigssohn fort, und der Diener, der den Sattel noch fest schnallen mußte, war allein zugegen, als die boͤse Hexe mit dem Trank kam. ‘Da bring ihn deinem Herrn’ sagte sie, aber in dem Augenblick sprang das Glas, und das Gift spritzte auf das Pferd, und war so heftig daß das Thier gleich todt hinstuͤrzte. Der Diener lief seinem Herrn nach, und erzaͤhlte ihm was geschehen war, der Diener aber wollte den Sattel nicht im Stich lassen, und lief zuruͤck um ihn zu holen. Wie er aber zu dem todten Pferde kam, saß schon ein Rabe darauf und fraß davon. ‘Wer weiß ob wir heute noch etwas besseres finden’ sagte der Diener, toͤdtete den Raben, und nahm ihn mit. Nun zogen sie in dem Walde den ganzen Tag weiter, konnten aber nicht herauskommen. Bei Anbruch der Nacht fanden sie ein Wirthshaus, und giengen hinein. Der Diener gab dem Wirth den Raben, und sagte er sollte ihn zum Abendessen zubereiten. Sie waren aber in eine Moͤrdergrube gerathen, und in der Dunkelheit kamen zwoͤlf Moͤrder, und wollten die Fremden umbringen und berauben. Eh sie sich aber ans Werk machten, verzehrten sie erst den Raben, der da gebraten auf dem Tische stand. Dem Raben aber hatte sich das Gift von dem genossenen Pferdefleisch mitgetheilt, und kaum hatten sie ein paar Bißen hinunter geschluckt,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/179 |
Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/179>, abgerufen am 16.07.2024. |