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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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'Zur Großmutter.' 'Was trägst du unter der Schürze?' 'Kuchen und Wein für die kranke und schwache Großmutter; gestern haben wir gebacken, da soll sie sich etwas zu gut thun und sich stärken.' 'Rothkäppchen, wo wohnt deine Großmutter?' 'Noch eine gute Viertelstunde im Wald, unter den drei großen Eichbäumen, da steht ihr Haus, unten sind die Nußhecken, das wirst du ja wissen' sagte Rothkäppchen. Der Wolf dachte bei sich 'das junge zarte Mädchen, das ist ein guter Bissen für dich: wie fängst dus an, daß du den kriegst.' Da ging er ein Weilchen neben Rothkäppchen her, dann sprach er 'Rothkäppchen, sieh einmal die schönen Blumen, die im Walde stehen, warum guckst du nicht um dich? ich glaube du hörst gar nicht darauf, wie die Vöglein so lieblich singen? du gehst ja für dich hin als wenn du zur Schule giengst, und ist so lustig haußen in dem Wald.'

Rothkäppchen schlug die Augen auf, und als es sah wie die Sonne durch die Bäume hin und her sprang und alles voll schöner Blumen stand, dachte es 'wenn ich der Großmutter einen Strauß mitbringe, der wird ihr auch lieb seyn; es ist ja noch früh, daß ich doch zu rechter Zeit ankomme,' und sprang in den Wald und suchte Blumen. Und wenn es eine gebrochen hatte, meinte es weiter hinaus stände eine noch schönere, und lief darnach, und lief immer tiefer in den Wald hinein. Der Wolf aber gieng geradeswegs nach dem Haus der Großmutter, und klopfte an die Thüre. 'Wer ist draußen?' 'Rothkäppchen, das bringt Kuchen und Wein, mach auf.' 'Drück nur auf die

‘Zur Großmutter.’ ‘Was traͤgst du unter der Schuͤrze?’ ‘Kuchen und Wein fuͤr die kranke und schwache Großmutter; gestern haben wir gebacken, da soll sie sich etwas zu gut thun und sich staͤrken.’ ‘Rothkaͤppchen, wo wohnt deine Großmutter?’ ‘Noch eine gute Viertelstunde im Wald, unter den drei großen Eichbaͤumen, da steht ihr Haus, unten sind die Nußhecken, das wirst du ja wissen’ sagte Rothkaͤppchen. Der Wolf dachte bei sich ‘das junge zarte Maͤdchen, das ist ein guter Bissen fuͤr dich: wie faͤngst dus an, daß du den kriegst.’ Da ging er ein Weilchen neben Rothkaͤppchen her, dann sprach er ‘Rothkaͤppchen, sieh einmal die schoͤnen Blumen, die im Walde stehen, warum guckst du nicht um dich? ich glaube du hoͤrst gar nicht darauf, wie die Voͤglein so lieblich singen? du gehst ja fuͤr dich hin als wenn du zur Schule giengst, und ist so lustig haußen in dem Wald.’

Rothkaͤppchen schlug die Augen auf, und als es sah wie die Sonne durch die Baͤume hin und her sprang und alles voll schoͤner Blumen stand, dachte es ‘wenn ich der Großmutter einen Strauß mitbringe, der wird ihr auch lieb seyn; es ist ja noch fruͤh, daß ich doch zu rechter Zeit ankomme,’ und sprang in den Wald und suchte Blumen. Und wenn es eine gebrochen hatte, meinte es weiter hinaus staͤnde eine noch schoͤnere, und lief darnach, und lief immer tiefer in den Wald hinein. Der Wolf aber gieng geradeswegs nach dem Haus der Großmutter, und klopfte an die Thuͤre. ‘Wer ist draußen?’ ‘Rothkaͤppchen, das bringt Kuchen und Wein, mach auf.’ ‘Druͤck nur auf die

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[162/0195] ‘Zur Großmutter.’ ‘Was traͤgst du unter der Schuͤrze?’ ‘Kuchen und Wein fuͤr die kranke und schwache Großmutter; gestern haben wir gebacken, da soll sie sich etwas zu gut thun und sich staͤrken.’ ‘Rothkaͤppchen, wo wohnt deine Großmutter?’ ‘Noch eine gute Viertelstunde im Wald, unter den drei großen Eichbaͤumen, da steht ihr Haus, unten sind die Nußhecken, das wirst du ja wissen’ sagte Rothkaͤppchen. Der Wolf dachte bei sich ‘das junge zarte Maͤdchen, das ist ein guter Bissen fuͤr dich: wie faͤngst dus an, daß du den kriegst.’ Da ging er ein Weilchen neben Rothkaͤppchen her, dann sprach er ‘Rothkaͤppchen, sieh einmal die schoͤnen Blumen, die im Walde stehen, warum guckst du nicht um dich? ich glaube du hoͤrst gar nicht darauf, wie die Voͤglein so lieblich singen? du gehst ja fuͤr dich hin als wenn du zur Schule giengst, und ist so lustig haußen in dem Wald.’ Rothkaͤppchen schlug die Augen auf, und als es sah wie die Sonne durch die Baͤume hin und her sprang und alles voll schoͤner Blumen stand, dachte es ‘wenn ich der Großmutter einen Strauß mitbringe, der wird ihr auch lieb seyn; es ist ja noch fruͤh, daß ich doch zu rechter Zeit ankomme,’ und sprang in den Wald und suchte Blumen. Und wenn es eine gebrochen hatte, meinte es weiter hinaus staͤnde eine noch schoͤnere, und lief darnach, und lief immer tiefer in den Wald hinein. Der Wolf aber gieng geradeswegs nach dem Haus der Großmutter, und klopfte an die Thuͤre. ‘Wer ist draußen?’ ‘Rothkaͤppchen, das bringt Kuchen und Wein, mach auf.’ ‘Druͤck nur auf die

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/195>, abgerufen am 23.11.2024.