Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.kann.' Sie verwandelte ihn in eine Ameise, und sprach 'kriech in meine Rockfalten, da bist du sicher.' 'Ja,' antwortete er, 'das ist schon gut, aber drei Dinge möchte ich gerne noch wissen, warum aus einem Brunnen, aus dem sonst Wein quoll, jetzt nicht einmal Wasser quillt, warum ein Baum, der sonst goldne Aepfel trug, nicht einmal mehr Laub treibt, und warum ein Fährmann immer fahren muß und nicht abgelöst wird.' 'Das sind schwere Fragen,' antwortete sie, 'aber halte dich nur still und ruhig, und hab acht was der Teufel spricht, wann ich ihm die drei goldnen Haare ausziehe.' Als der Abend einbrach, kam der Teufel nach Haus. Kaum war er eingetreten, so merkte er daß die Luft nicht rein war. 'Jch rieche, rieche Menschenfleisch,' sagte er 'es ist hier nicht richtig.' Dann guckte er in alle Ecken, und suchte, konnte aber nichts finden. Die Ellermutter schalt ihn aus, und sprach 'eben ist erst gekehrt und alles in Ordnung gebracht, nun wirfst du es wieder untereinander; immer hast du Menschenfleisch in der Nase! Setz dich nieder und iß dein Abendbrot.' Als er gegessen und getrunken hatte, war er müde, legte der Ellermutter seinen Kopf in den Schooß, und sagte sie sollte ihn ein wenig lausen. Es dauerte nicht lange, so schlummerte er ein, blies und schnarchte. Da faßte die Alte ein goldenes Haar, riß es aus, und legte es neben sich. 'Autsch!' schrie der Teufel, was hast du vor?' 'Jch habe einen schweren Traum gehabt,' antwortete die Ellermutter, 'da habe ich dir in die Haare gefaßt.' 'Was hat dir denn geträumt?' fragte der Teufel. 'Mir hat kann.’ Sie verwandelte ihn in eine Ameise, und sprach ‘kriech in meine Rockfalten, da bist du sicher.’ ‘Ja,’ antwortete er, ‘das ist schon gut, aber drei Dinge moͤchte ich gerne noch wissen, warum aus einem Brunnen, aus dem sonst Wein quoll, jetzt nicht einmal Wasser quillt, warum ein Baum, der sonst goldne Aepfel trug, nicht einmal mehr Laub treibt, und warum ein Faͤhrmann immer fahren muß und nicht abgeloͤst wird.’ ‘Das sind schwere Fragen,’ antwortete sie, ‘aber halte dich nur still und ruhig, und hab acht was der Teufel spricht, wann ich ihm die drei goldnen Haare ausziehe.’ Als der Abend einbrach, kam der Teufel nach Haus. Kaum war er eingetreten, so merkte er daß die Luft nicht rein war. ‘Jch rieche, rieche Menschenfleisch,’ sagte er ‘es ist hier nicht richtig.’ Dann guckte er in alle Ecken, und suchte, konnte aber nichts finden. Die Ellermutter schalt ihn aus, und sprach ‘eben ist erst gekehrt und alles in Ordnung gebracht, nun wirfst du es wieder untereinander; immer hast du Menschenfleisch in der Nase! Setz dich nieder und iß dein Abendbrot.’ Als er gegessen und getrunken hatte, war er muͤde, legte der Ellermutter seinen Kopf in den Schooß, und sagte sie sollte ihn ein wenig lausen. Es dauerte nicht lange, so schlummerte er ein, blies und schnarchte. Da faßte die Alte ein goldenes Haar, riß es aus, und legte es neben sich. ‘Autsch!’ schrie der Teufel, was hast du vor?’ ‘Jch habe einen schweren Traum gehabt,’ antwortete die Ellermutter, ‘da habe ich dir in die Haare gefaßt.’ ‘Was hat dir denn getraͤumt?’ fragte der Teufel. ‘Mir hat <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0212" n="179"/> kann.’ Sie verwandelte ihn in eine Ameise, und sprach ‘kriech in meine Rockfalten, da bist du sicher.’ ‘Ja,’ antwortete er, ‘das ist schon gut, aber drei Dinge moͤchte ich gerne noch wissen, warum aus einem Brunnen, aus dem sonst Wein quoll, jetzt nicht einmal Wasser quillt, warum ein Baum, der sonst goldne Aepfel trug, nicht einmal mehr Laub treibt, und warum ein Faͤhrmann immer fahren muß und nicht abgeloͤst wird.’ ‘Das sind schwere Fragen,’ antwortete sie, ‘aber halte dich nur still und ruhig, und hab acht was der Teufel spricht, wann ich ihm die drei goldnen Haare ausziehe.’</p><lb/> <p>Als der Abend einbrach, kam der Teufel nach Haus. Kaum war er eingetreten, so merkte er daß die Luft nicht rein war. ‘Jch rieche, rieche Menschenfleisch,’ sagte er ‘es ist hier nicht richtig.’ Dann guckte er in alle Ecken, und suchte, konnte aber nichts finden. Die Ellermutter schalt ihn aus, und sprach ‘eben ist erst gekehrt und alles in Ordnung gebracht, nun wirfst du es wieder untereinander; immer hast du Menschenfleisch in der Nase! Setz dich nieder und iß dein Abendbrot.’ Als er gegessen und getrunken hatte, war er muͤde, legte der Ellermutter seinen Kopf in den Schooß, und sagte sie sollte ihn ein wenig lausen. Es dauerte nicht lange, so schlummerte er ein, blies und schnarchte. Da faßte die Alte ein goldenes Haar, riß es aus, und legte es neben sich. ‘Autsch!’ schrie der Teufel, was hast du vor?’ ‘Jch habe einen schweren Traum gehabt,’ antwortete die Ellermutter, ‘da habe ich dir in die Haare gefaßt.’ ‘Was hat dir denn getraͤumt?’ fragte der Teufel. ‘Mir hat </p> </div> </body> </text> </TEI> [179/0212]
kann.’ Sie verwandelte ihn in eine Ameise, und sprach ‘kriech in meine Rockfalten, da bist du sicher.’ ‘Ja,’ antwortete er, ‘das ist schon gut, aber drei Dinge moͤchte ich gerne noch wissen, warum aus einem Brunnen, aus dem sonst Wein quoll, jetzt nicht einmal Wasser quillt, warum ein Baum, der sonst goldne Aepfel trug, nicht einmal mehr Laub treibt, und warum ein Faͤhrmann immer fahren muß und nicht abgeloͤst wird.’ ‘Das sind schwere Fragen,’ antwortete sie, ‘aber halte dich nur still und ruhig, und hab acht was der Teufel spricht, wann ich ihm die drei goldnen Haare ausziehe.’
Als der Abend einbrach, kam der Teufel nach Haus. Kaum war er eingetreten, so merkte er daß die Luft nicht rein war. ‘Jch rieche, rieche Menschenfleisch,’ sagte er ‘es ist hier nicht richtig.’ Dann guckte er in alle Ecken, und suchte, konnte aber nichts finden. Die Ellermutter schalt ihn aus, und sprach ‘eben ist erst gekehrt und alles in Ordnung gebracht, nun wirfst du es wieder untereinander; immer hast du Menschenfleisch in der Nase! Setz dich nieder und iß dein Abendbrot.’ Als er gegessen und getrunken hatte, war er muͤde, legte der Ellermutter seinen Kopf in den Schooß, und sagte sie sollte ihn ein wenig lausen. Es dauerte nicht lange, so schlummerte er ein, blies und schnarchte. Da faßte die Alte ein goldenes Haar, riß es aus, und legte es neben sich. ‘Autsch!’ schrie der Teufel, was hast du vor?’ ‘Jch habe einen schweren Traum gehabt,’ antwortete die Ellermutter, ‘da habe ich dir in die Haare gefaßt.’ ‘Was hat dir denn getraͤumt?’ fragte der Teufel. ‘Mir hat
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/212>, abgerufen am 16.02.2025. |