Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.nicht recht warum, und es steckte sich beide Taschen voll Erbsen und Linsen. Jn dem Wald fand es Asche gestreut, die ihm den Weg zeigen sollte; es gieng darauf weiter, warf aber bei jedem Schritt rechts und links ein paar Erbsen auf die Erde. Nun gieng es fast den ganzen Tag bis es zu einem Hause kam, das mitten im dunkelsten Walde stand. Das Haus gefiel ihm nicht, es sah so finster und unheimlich aus. Es trat hinein, aber es war niemand darin und alles still. Plötzlich rief eine Stimme 'kehr um, kehr um, du junge Braut, du bist in einem Mörderhaus.' Das Mädchen sah sich um, und sah daß die Stimme von einem Vogel kam, der da in einem Bauer an der Wand hieng, und er nochmals rief 'kehr um, kehr um, du junge Braut, du bist in einem Mörderhaus.' Da gieng die schöne Braut weiter aus einer Stube in die andere, und gieng durch das ganze Haus, aber es war alles leer und keine Menschenseele zu finden. Endlich kam sie auch in den Keller da saß eine steinalte Frau, und wackelte mit dem Kopfe. 'Könnt ihr mir nicht sagen,' sprach das Mädchen, 'ob mein Bräutigam hier wohnt?' 'Ach, du armes Kind,' antwortete die Alte 'wo bist du hingerathen! du bist in einer Mördergrube. Du meinst du wärst eine Braut, die bald Hochzeit macht, aber deine Hochzeit soll mit dem Tode seyn. Dein Bräutigam will dir das Leben nehmen. Siehst du, da hab ich einen großen Kessel mit Wasser aufsetzn müssen, wenn sie dich in ihrer Gewalt haben, so zerhacken nicht recht warum, und es steckte sich beide Taschen voll Erbsen und Linsen. Jn dem Wald fand es Asche gestreut, die ihm den Weg zeigen sollte; es gieng darauf weiter, warf aber bei jedem Schritt rechts und links ein paar Erbsen auf die Erde. Nun gieng es fast den ganzen Tag bis es zu einem Hause kam, das mitten im dunkelsten Walde stand. Das Haus gefiel ihm nicht, es sah so finster und unheimlich aus. Es trat hinein, aber es war niemand darin und alles still. Ploͤtzlich rief eine Stimme ‘kehr um, kehr um, du junge Braut, du bist in einem Moͤrderhaus.’ Das Maͤdchen sah sich um, und sah daß die Stimme von einem Vogel kam, der da in einem Bauer an der Wand hieng, und er nochmals rief ‘kehr um, kehr um, du junge Braut, du bist in einem Moͤrderhaus.’ Da gieng die schoͤne Braut weiter aus einer Stube in die andere, und gieng durch das ganze Haus, aber es war alles leer und keine Menschenseele zu finden. Endlich kam sie auch in den Keller da saß eine steinalte Frau, und wackelte mit dem Kopfe. ‘Koͤnnt ihr mir nicht sagen,’ sprach das Maͤdchen, ‘ob mein Braͤutigam hier wohnt?’ ‘Ach, du armes Kind,’ antwortete die Alte ‘wo bist du hingerathen! du bist in einer Moͤrdergrube. Du meinst du waͤrst eine Braut, die bald Hochzeit macht, aber deine Hochzeit soll mit dem Tode seyn. Dein Braͤutigam will dir das Leben nehmen. Siehst du, da hab ich einen großen Kessel mit Wasser aufsetzn muͤssen, wenn sie dich in ihrer Gewalt haben, so zerhacken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0278" n="247"/> nicht recht warum, und es steckte sich beide Taschen voll Erbsen und Linsen. Jn dem Wald fand es Asche gestreut, die ihm den Weg zeigen sollte; es gieng darauf weiter, warf aber bei jedem Schritt rechts und links ein paar Erbsen auf die Erde. Nun gieng es fast den ganzen Tag bis es zu einem Hause kam, das mitten im dunkelsten Walde stand. Das Haus gefiel ihm nicht, es sah so finster und unheimlich aus. Es trat hinein, aber es war niemand darin und alles still. Ploͤtzlich rief eine Stimme</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘kehr um, kehr um, du junge Braut,</l><lb/> <l>du bist in einem Moͤrderhaus.’</l><lb/> </lg> <p>Das Maͤdchen sah sich um, und sah daß die Stimme von einem Vogel kam, der da in einem Bauer an der Wand hieng, und er nochmals rief</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘kehr um, kehr <hi rendition="#g">um</hi>, du junge Braut,</l><lb/> <l>du bist in einem Moͤrderhaus.’</l><lb/> </lg> <p>Da gieng die schoͤne Braut weiter aus einer Stube in die andere, und gieng durch das ganze Haus, aber es war alles leer und <choice><sic>kene</sic><corr>keine</corr></choice> Menschenseele zu finden. Endlich kam sie auch in den Keller da saß eine steinalte Frau, und wackelte mit dem Kopfe. ‘<choice><sic>Knnt</sic><corr>Koͤnnt</corr></choice> ihr mir nicht sagen,’ sprach das Maͤdchen, ‘ob mein Braͤutigam hier wohnt?’ ‘Ach, du armes Kind,’ antwortete die Alte ‘wo bist du hingerathen! du bist in einer Moͤrdergrube. Du meinst du waͤrst eine Braut, die bald Hochzeit macht, aber deine Hochzeit soll mit dem Tode seyn. Dein Braͤutigam will dir das Leben nehmen. Siehst du, da hab ich einen großen Kessel mit Wasser aufsetzn muͤssen, wenn sie dich in ihrer Gewalt haben, so zerhacken </p> </div> </body> </text> </TEI> [247/0278]
nicht recht warum, und es steckte sich beide Taschen voll Erbsen und Linsen. Jn dem Wald fand es Asche gestreut, die ihm den Weg zeigen sollte; es gieng darauf weiter, warf aber bei jedem Schritt rechts und links ein paar Erbsen auf die Erde. Nun gieng es fast den ganzen Tag bis es zu einem Hause kam, das mitten im dunkelsten Walde stand. Das Haus gefiel ihm nicht, es sah so finster und unheimlich aus. Es trat hinein, aber es war niemand darin und alles still. Ploͤtzlich rief eine Stimme
‘kehr um, kehr um, du junge Braut,
du bist in einem Moͤrderhaus.’
Das Maͤdchen sah sich um, und sah daß die Stimme von einem Vogel kam, der da in einem Bauer an der Wand hieng, und er nochmals rief
‘kehr um, kehr um, du junge Braut,
du bist in einem Moͤrderhaus.’
Da gieng die schoͤne Braut weiter aus einer Stube in die andere, und gieng durch das ganze Haus, aber es war alles leer und keine Menschenseele zu finden. Endlich kam sie auch in den Keller da saß eine steinalte Frau, und wackelte mit dem Kopfe. ‘Koͤnnt ihr mir nicht sagen,’ sprach das Maͤdchen, ‘ob mein Braͤutigam hier wohnt?’ ‘Ach, du armes Kind,’ antwortete die Alte ‘wo bist du hingerathen! du bist in einer Moͤrdergrube. Du meinst du waͤrst eine Braut, die bald Hochzeit macht, aber deine Hochzeit soll mit dem Tode seyn. Dein Braͤutigam will dir das Leben nehmen. Siehst du, da hab ich einen großen Kessel mit Wasser aufsetzn muͤssen, wenn sie dich in ihrer Gewalt haben, so zerhacken
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/278>, abgerufen am 26.06.2024. |