Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.so kamen sie durch das Vorzimmer, und sahen die Spinnräder gar nicht an. Da sprach der König wiederum zum Löwen 'du hast mich belogen, es sind Männer, denn sie haben die Spinnräder nicht angesehen.' Der Löwe antwortete 'sie habens gewußt, daß sie sollten auf die Probe gestellt werden, und haben sich Gewalt angethan.' Der König aber wollte dem Löwen nicht mehr glauben. Die zwölf Jäger folgten dem König beständig zur Jagd, und er hatte sie je länger je lieber. Nun geschah es, daß, als sie einmal auf der Jagd waren, die Nachricht kam, die Braut des Königs wäre im Anzug. Wie die rechte Braut das hörte, thats ihr so weh, daß es ihr fast das Herz abstieß, und sie ohnmächtig auf die Erde fiel. Der König meinte seinem lieben Jäger sey etwas begegnet, lief herzu und wollte ihm helfen, und zog ihm den Handschuh aus. Da erblickte er den Ring, den er seiner ersten Braut gegeben, und als er ihr recht in das Gesicht sah, erkannte er sie. Da ward sein Herz so gerührt, daß er sie küßte, und als sie die Augen aufschlug, sprach er 'du bist mein und ich bin dein, und kein Mensch auf der Welt kann das ändern.' Zu der andern Braut aber schickte er einen Boten und ließ sie bitten in ihr Reich zurückzukehren, denn er habe schon eine Gemahlin, und wer einen alten Schlüssel wiedergefunden habe, brauche den neuen nicht. Darauf ward die Hochzeit gefeiert, und der Löwe kam wieder in Gnade, weil er doch die Wahrheit gesagt hatte. so kamen sie durch das Vorzimmer, und sahen die Spinnraͤder gar nicht an. Da sprach der Koͤnig wiederum zum Loͤwen ‘du hast mich belogen, es sind Maͤnner, denn sie haben die Spinnraͤder nicht angesehen.’ Der Loͤwe antwortete ‘sie habens gewußt, daß sie sollten auf die Probe gestellt werden, und haben sich Gewalt angethan.’ Der Koͤnig aber wollte dem Loͤwen nicht mehr glauben. Die zwoͤlf Jaͤger folgten dem Koͤnig bestaͤndig zur Jagd, und er hatte sie je laͤnger je lieber. Nun geschah es, daß, als sie einmal auf der Jagd waren, die Nachricht kam, die Braut des Koͤnigs waͤre im Anzug. Wie die rechte Braut das hoͤrte, thats ihr so weh, daß es ihr fast das Herz abstieß, und sie ohnmaͤchtig auf die Erde fiel. Der Koͤnig meinte seinem lieben Jaͤger sey etwas begegnet, lief herzu und wollte ihm helfen, und zog ihm den Handschuh aus. Da erblickte er den Ring, den er seiner ersten Braut gegeben, und als er ihr recht in das Gesicht sah, erkannte er sie. Da ward sein Herz so geruͤhrt, daß er sie kuͤßte, und als sie die Augen aufschlug, sprach er ‘du bist mein und ich bin dein, und kein Mensch auf der Welt kann das aͤndern.’ Zu der andern Braut aber schickte er einen Boten und ließ sie bitten in ihr Reich zuruͤckzukehren, denn er habe schon eine Gemahlin, und wer einen alten Schluͤssel wiedergefunden habe, brauche den neuen nicht. Darauf ward die Hochzeit gefeiert, und der Loͤwe kam wieder in Gnade, weil er doch die Wahrheit gesagt hatte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0461" n="430"/> so kamen sie durch das Vorzimmer, und sahen die Spinnraͤder gar nicht an. Da sprach der Koͤnig wiederum zum Loͤwen ‘du hast mich belogen, es sind Maͤnner, denn sie haben die Spinnraͤder nicht angesehen.’ Der Loͤwe antwortete ‘sie habens gewußt, daß sie sollten auf die Probe gestellt werden, und haben sich Gewalt angethan.’ Der Koͤnig aber wollte dem Loͤwen nicht mehr glauben.</p><lb/> <p>Die zwoͤlf Jaͤger folgten dem Koͤnig bestaͤndig zur Jagd, und er hatte sie je laͤnger je lieber. Nun geschah es, daß, als sie einmal auf der Jagd waren, die Nachricht kam, die Braut des Koͤnigs waͤre im Anzug. Wie die rechte Braut das hoͤrte, thats ihr so weh, daß es ihr fast das Herz abstieß, und sie ohnmaͤchtig auf die Erde fiel. Der Koͤnig meinte seinem lieben Jaͤger sey etwas begegnet, lief herzu und wollte ihm helfen, und zog ihm den Handschuh aus. Da erblickte er den Ring, den er seiner ersten Braut gegeben, und als er ihr recht in das Gesicht sah, erkannte er sie. Da ward sein Herz so geruͤhrt, daß er sie kuͤßte, und als sie die Augen aufschlug, sprach er ‘du bist mein und ich bin dein, und kein Mensch auf der Welt kann das aͤndern.’ Zu der andern Braut aber schickte er einen Boten und ließ sie bitten in ihr Reich zuruͤckzukehren, denn er habe schon eine Gemahlin, und wer einen alten Schluͤssel wiedergefunden habe, brauche den neuen nicht. Darauf ward die Hochzeit gefeiert, und der Loͤwe kam wieder in Gnade, weil er doch die Wahrheit gesagt hatte.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [430/0461]
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Die zwoͤlf Jaͤger folgten dem Koͤnig bestaͤndig zur Jagd, und er hatte sie je laͤnger je lieber. Nun geschah es, daß, als sie einmal auf der Jagd waren, die Nachricht kam, die Braut des Koͤnigs waͤre im Anzug. Wie die rechte Braut das hoͤrte, thats ihr so weh, daß es ihr fast das Herz abstieß, und sie ohnmaͤchtig auf die Erde fiel. Der Koͤnig meinte seinem lieben Jaͤger sey etwas begegnet, lief herzu und wollte ihm helfen, und zog ihm den Handschuh aus. Da erblickte er den Ring, den er seiner ersten Braut gegeben, und als er ihr recht in das Gesicht sah, erkannte er sie. Da ward sein Herz so geruͤhrt, daß er sie kuͤßte, und als sie die Augen aufschlug, sprach er ‘du bist mein und ich bin dein, und kein Mensch auf der Welt kann das aͤndern.’ Zu der andern Braut aber schickte er einen Boten und ließ sie bitten in ihr Reich zuruͤckzukehren, denn er habe schon eine Gemahlin, und wer einen alten Schluͤssel wiedergefunden habe, brauche den neuen nicht. Darauf ward die Hochzeit gefeiert, und der Loͤwe kam wieder in Gnade, weil er doch die Wahrheit gesagt hatte.
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/461>, abgerufen am 16.07.2024. |