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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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Hans trieb seine Kuh ruhig vor sich her, und bedachte den glücklichen Handel. 'Hab ich nur ein Stück Brot, und daran wird mirs doch nicht fehlen, so kann ich, so oft mirs beliebt, Butter und Käse dazu essen; hab ich Durst, so melk ich meine Kuh und trinke Milch. Herz, was verlangst du mehr?' Als er zu einem Wirthshaus kam, machte er Halt, aß in der großen Freude alles, was er bei sich hatte, sein Mittags- und Abendbrot rein auf, und ließ sich für seine letzten paar Heller ein halbes Glas Bier einschenken. Dann trieb er seine Kuh weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu. Die Hitze wurde aber drückender, je näher der Mittag kam, und Hans befand sich in einer Heide, die wohl noch eine Stunde dauerte. Da ward es ihm ganz heiß, so daß ihm vor Durst die Zunge am Gaumen klebte. 'Dem Ding ist zu helfen', dachte Hans, 'jetzt will ich meine Kuh melken, und mich an der Milch laben.' Er band sie an einen dürren Baum, und stellte seine Ledermütze unter, aber, so sehr er sich auch abmühte, es kam kein Tropfen Milch zum Vorschein. Weil er sich aber ungeschickt dabei anstellte, so gab ihm das ungeduldige Thier endlich mit einem der Hinterfüße einen solchen Schlag vor den Kopf, daß er zu Boden taumelte, und eine Zeitlang sich gar nicht besinnen konnte wo er war. Glücklicherweise kam gerade ein Metzger des Weges, der auf einem Schubkarren ein junges Schwein liegen hatte. 'Was sind das für Streiche!' rief er, und half dem guten Hans auf. Hans erzählte was vorgefallen war. Der Metzger reichte ihm seine Flasche, und


Hans trieb seine Kuh ruhig vor sich her, und bedachte den gluͤcklichen Handel. ‘Hab ich nur ein Stuͤck Brot, und daran wird mirs doch nicht fehlen, so kann ich, so oft mirs beliebt, Butter und Kaͤse dazu essen; hab ich Durst, so melk ich meine Kuh und trinke Milch. Herz, was verlangst du mehr?’ Als er zu einem Wirthshaus kam, machte er Halt, aß in der großen Freude alles, was er bei sich hatte, sein Mittags- und Abendbrot rein auf, und ließ sich fuͤr seine letzten paar Heller ein halbes Glas Bier einschenken. Dann trieb er seine Kuh weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu. Die Hitze wurde aber druͤckender, je naͤher der Mittag kam, und Hans befand sich in einer Heide, die wohl noch eine Stunde dauerte. Da ward es ihm ganz heiß, so daß ihm vor Durst die Zunge am Gaumen klebte. ‘Dem Ding ist zu helfen’, dachte Hans, ‘jetzt will ich meine Kuh melken, und mich an der Milch laben.’ Er band sie an einen duͤrren Baum, und stellte seine Ledermuͤtze unter, aber, so sehr er sich auch abmuͤhte, es kam kein Tropfen Milch zum Vorschein. Weil er sich aber ungeschickt dabei anstellte, so gab ihm das ungeduldige Thier endlich mit einem der Hinterfuͤße einen solchen Schlag vor den Kopf, daß er zu Boden taumelte, und eine Zeitlang sich gar nicht besinnen konnte wo er war. Gluͤcklicherweise kam gerade ein Metzger des Weges, der auf einem Schubkarren ein junges Schwein liegen hatte. ‘Was sind das fuͤr Streiche!’ rief er, und half dem guten Hans auf. Hans erzaͤhlte was vorgefallen war. Der Metzger reichte ihm seine Flasche, und

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[498/0529] Hans trieb seine Kuh ruhig vor sich her, und bedachte den gluͤcklichen Handel. ‘Hab ich nur ein Stuͤck Brot, und daran wird mirs doch nicht fehlen, so kann ich, so oft mirs beliebt, Butter und Kaͤse dazu essen; hab ich Durst, so melk ich meine Kuh und trinke Milch. Herz, was verlangst du mehr?’ Als er zu einem Wirthshaus kam, machte er Halt, aß in der großen Freude alles, was er bei sich hatte, sein Mittags- und Abendbrot rein auf, und ließ sich fuͤr seine letzten paar Heller ein halbes Glas Bier einschenken. Dann trieb er seine Kuh weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu. Die Hitze wurde aber druͤckender, je naͤher der Mittag kam, und Hans befand sich in einer Heide, die wohl noch eine Stunde dauerte. Da ward es ihm ganz heiß, so daß ihm vor Durst die Zunge am Gaumen klebte. ‘Dem Ding ist zu helfen’, dachte Hans, ‘jetzt will ich meine Kuh melken, und mich an der Milch laben.’ Er band sie an einen duͤrren Baum, und stellte seine Ledermuͤtze unter, aber, so sehr er sich auch abmuͤhte, es kam kein Tropfen Milch zum Vorschein. Weil er sich aber ungeschickt dabei anstellte, so gab ihm das ungeduldige Thier endlich mit einem der Hinterfuͤße einen solchen Schlag vor den Kopf, daß er zu Boden taumelte, und eine Zeitlang sich gar nicht besinnen konnte wo er war. Gluͤcklicherweise kam gerade ein Metzger des Weges, der auf einem Schubkarren ein junges Schwein liegen hatte. ‘Was sind das fuͤr Streiche!’ rief er, und half dem guten Hans auf. Hans erzaͤhlte was vorgefallen war. Der Metzger reichte ihm seine Flasche, und

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/529>, abgerufen am 27.11.2024.