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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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wir wohnen, und du, Benjamin, du bist der jüngste und schwächste, du sollst daheim bleiben und haushalten, wir andern wollen ausgehen und Essen holen.' Nun zogen sie in den Wald und schossen Hasen, wilde Rehe, Vögel und Täuberchen und was zu essen stand: das brachten sie dem Benjamin, der mußts ihnen zurecht machen, damit sie ihren Hunger stillen konnten. Jn dem Häuschen lebten sie zehn Jahre zusammen, und die Zeit ward ihnen nicht lang.

Das Töchterchen, das ihre Mutter, die Königin, geboren hatte, war nun herangewachsen, war gar schön, und hatte einen goldenen Stern auf der Stirne. Einmal, als große Wäsche war, sah es darunter zwölf Mannshemden, und fragte seine Mutter 'wem gehören diese zwölf Hemden, für den Vater sind sie doch viel zu klein?' Da antwortete sie mit schwerem Herzen 'liebes Kind, die gehören deinen zwölf Brüdern.' Sprach das Mädchen 'wo sind denn meine zwölf Brüder, von denen habe ich noch niemals gehört.' Sie antwortete 'das weiß Gott, wo sie sind: sie irren in der Welt herum.' Da nahm sie das Mädchen, und schloß ihm das Zimmer auf, und zeigte ihm die zwölf Särge mit den Hobelspänen und den Todtenkißchen. 'Diese Särge,' sprach sie, 'waren für deine Brüder bestimmt, aber sie sind heimlich fortgegangen, eh du geboren warst,' und erzählte ihm wie sich alles zugetragen hatte. Da sagte das Mädchen 'liebe Mutter, weine nicht, ich will gehen und meine Brüder suchen.'

Nun nahm es die zwölf Hemden, und gieng fort und geradezu

wir wohnen, und du, Benjamin, du bist der juͤngste und schwaͤchste, du sollst daheim bleiben und haushalten, wir andern wollen ausgehen und Essen holen.’ Nun zogen sie in den Wald und schossen Hasen, wilde Rehe, Voͤgel und Taͤuberchen und was zu essen stand: das brachten sie dem Benjamin, der mußts ihnen zurecht machen, damit sie ihren Hunger stillen konnten. Jn dem Haͤuschen lebten sie zehn Jahre zusammen, und die Zeit ward ihnen nicht lang.

Das Toͤchterchen, das ihre Mutter, die Koͤnigin, geboren hatte, war nun herangewachsen, war gar schoͤn, und hatte einen goldenen Stern auf der Stirne. Einmal, als große Waͤsche war, sah es darunter zwoͤlf Mannshemden, und fragte seine Mutter ‘wem gehoͤren diese zwoͤlf Hemden, fuͤr den Vater sind sie doch viel zu klein?’ Da antwortete sie mit schwerem Herzen ‘liebes Kind, die gehoͤren deinen zwoͤlf Bruͤdern.’ Sprach das Maͤdchen ‘wo sind denn meine zwoͤlf Bruͤder, von denen habe ich noch niemals gehoͤrt.’ Sie antwortete ‘das weiß Gott, wo sie sind: sie irren in der Welt herum.’ Da nahm sie das Maͤdchen, und schloß ihm das Zimmer auf, und zeigte ihm die zwoͤlf Saͤrge mit den Hobelspaͤnen und den Todtenkißchen. ‘Diese Saͤrge,’ sprach sie, ‘waren fuͤr deine Bruͤder bestimmt, aber sie sind heimlich fortgegangen, eh du geboren warst,’ und erzaͤhlte ihm wie sich alles zugetragen hatte. Da sagte das Maͤdchen ‘liebe Mutter, weine nicht, ich will gehen und meine Bruͤder suchen.’

Nun nahm es die zwoͤlf Hemden, und gieng fort und geradezu

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[58/0089] wir wohnen, und du, Benjamin, du bist der juͤngste und schwaͤchste, du sollst daheim bleiben und haushalten, wir andern wollen ausgehen und Essen holen.’ Nun zogen sie in den Wald und schossen Hasen, wilde Rehe, Voͤgel und Taͤuberchen und was zu essen stand: das brachten sie dem Benjamin, der mußts ihnen zurecht machen, damit sie ihren Hunger stillen konnten. Jn dem Haͤuschen lebten sie zehn Jahre zusammen, und die Zeit ward ihnen nicht lang. Das Toͤchterchen, das ihre Mutter, die Koͤnigin, geboren hatte, war nun herangewachsen, war gar schoͤn, und hatte einen goldenen Stern auf der Stirne. Einmal, als große Waͤsche war, sah es darunter zwoͤlf Mannshemden, und fragte seine Mutter ‘wem gehoͤren diese zwoͤlf Hemden, fuͤr den Vater sind sie doch viel zu klein?’ Da antwortete sie mit schwerem Herzen ‘liebes Kind, die gehoͤren deinen zwoͤlf Bruͤdern.’ Sprach das Maͤdchen ‘wo sind denn meine zwoͤlf Bruͤder, von denen habe ich noch niemals gehoͤrt.’ Sie antwortete ‘das weiß Gott, wo sie sind: sie irren in der Welt herum.’ Da nahm sie das Maͤdchen, und schloß ihm das Zimmer auf, und zeigte ihm die zwoͤlf Saͤrge mit den Hobelspaͤnen und den Todtenkißchen. ‘Diese Saͤrge,’ sprach sie, ‘waren fuͤr deine Bruͤder bestimmt, aber sie sind heimlich fortgegangen, eh du geboren warst,’ und erzaͤhlte ihm wie sich alles zugetragen hatte. Da sagte das Maͤdchen ‘liebe Mutter, weine nicht, ich will gehen und meine Bruͤder suchen.’ Nun nahm es die zwoͤlf Hemden, und gieng fort und geradezu

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/89>, abgerufen am 04.12.2024.