Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.Wasser aufhängen und Feuer anzünden. 'Erst wollen wir backen' sagte die Alte, 'ich habe den Backofen schon eingeheizt und den Teig geknätet.' Sie stieß das arme Grethel hinaus zu dem Backofen, aus dem die Feuerflammen schon heraus schlugen. 'Kriech hinein,' sagte die Hexe, 'und sich zu ob recht eingeheizt ist, damit wir das Brot hineinschießen können.' Und wenn Grethel darin war, wollte sie den Ofen zumachen, und Grethel sollte darin braten, und dann wollte sies auch aufessen. Aber Grethel merkte was sie im Sinn hatte, und sprach 'ich weiß nicht wie ichs machen soll; wie komm ich da hinein?' 'Dumme Gans,' sagte die Alte, 'die Öffnung ist groß genug, siehst du wohl, ich könnte selbst hinein,' krappelte heran, und steckte den Kopf in den Backofen. Da gab ihr Grethel einen Stoß daß sie weit hinein fuhr, machte die eiserne Thür zu und schob den Riegel vor. Hu! da fieng sie an zu heulen, ganz grauselich; aber Grethel lief fort, und die gottlose Hexe mußte elendiglich verbrennen. Grethel aber lief schnurstracks zum Hänsel, öffnete sein Ställchen, und rief 'Hänsel, wir sind erlöst, die alte Hexe ist todt.' Da sprang Hänsel heraus, wie ein Vogel aus dem Käfig, dem man die Thüre aufmacht. Wie haben sie sich gefreut, sind herumgesprungen und haben sich geküßt! Und weil sie sich nicht mehr zu fürchten brauchten, giengen sie in das Haus der Hexe hinein, da standen in allen Ecken Kasten mit Perlen und Edelsteinen. 'Die sind noch besser als Kieselsteine' sagte Hänsel, und steckte in seine Taschen was hinein wollte, und Grethel sagte 'ich will auch etwas mit nach Haus bringen,' und füllte sich sein Schürzchen voll. 'Aber jetzt wollen wir fort,' Wasser aufhängen und Feuer anzünden. ‘Erst wollen wir backen’ sagte die Alte, ‘ich habe den Backofen schon eingeheizt und den Teig geknätet.’ Sie stieß das arme Grethel hinaus zu dem Backofen, aus dem die Feuerflammen schon heraus schlugen. ‘Kriech hinein,’ sagte die Hexe, ‘und sich zu ob recht eingeheizt ist, damit wir das Brot hineinschießen können.’ Und wenn Grethel darin war, wollte sie den Ofen zumachen, und Grethel sollte darin braten, und dann wollte sies auch aufessen. Aber Grethel merkte was sie im Sinn hatte, und sprach ‘ich weiß nicht wie ichs machen soll; wie komm ich da hinein?’ ‘Dumme Gans,’ sagte die Alte, ‘die Öffnung ist groß genug, siehst du wohl, ich könnte selbst hinein,’ krappelte heran, und steckte den Kopf in den Backofen. Da gab ihr Grethel einen Stoß daß sie weit hinein fuhr, machte die eiserne Thür zu und schob den Riegel vor. Hu! da fieng sie an zu heulen, ganz grauselich; aber Grethel lief fort, und die gottlose Hexe mußte elendiglich verbrennen. Grethel aber lief schnurstracks zum Hänsel, öffnete sein Ställchen, und rief ‘Hänsel, wir sind erlöst, die alte Hexe ist todt.’ Da sprang Hänsel heraus, wie ein Vogel aus dem Käfig, dem man die Thüre aufmacht. Wie haben sie sich gefreut, sind herumgesprungen und haben sich geküßt! Und weil sie sich nicht mehr zu fürchten brauchten, giengen sie in das Haus der Hexe hinein, da standen in allen Ecken Kasten mit Perlen und Edelsteinen. ‘Die sind noch besser als Kieselsteine’ sagte Hänsel, und steckte in seine Taschen was hinein wollte, und Grethel sagte ‘ich will auch etwas mit nach Haus bringen,’ und füllte sich sein Schürzchen voll. ‘Aber jetzt wollen wir fort,’ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0137" n="99"/> Wasser aufhängen und Feuer anzünden. ‘Erst wollen wir backen’ sagte die Alte, ‘ich habe den Backofen schon eingeheizt und den Teig geknätet.’ Sie stieß das arme Grethel hinaus zu dem Backofen, aus dem die Feuerflammen schon heraus schlugen. ‘Kriech hinein,’ sagte die Hexe, ‘und sich zu ob recht eingeheizt ist, damit wir das Brot hineinschießen können.’ Und wenn Grethel darin war, wollte sie den Ofen zumachen, und Grethel sollte darin braten, und dann wollte sies auch aufessen. Aber Grethel merkte was sie im Sinn hatte, und sprach ‘ich weiß nicht wie ichs machen soll; wie komm ich da hinein?’ ‘Dumme Gans,’ sagte die Alte, ‘die Öffnung ist groß genug, siehst du wohl, ich könnte selbst hinein,’ krappelte heran, und steckte den Kopf in den Backofen. Da gab ihr Grethel einen Stoß daß sie weit hinein fuhr, machte die eiserne Thür zu und schob den Riegel vor. Hu! da fieng sie an zu heulen, ganz grauselich; aber Grethel lief fort, und die gottlose Hexe mußte elendiglich verbrennen.</p><lb/> <p>Grethel aber lief schnurstracks zum Hänsel, öffnete sein Ställchen, und rief ‘Hänsel, wir sind erlöst, die alte Hexe ist todt.’ Da sprang Hänsel heraus, wie ein Vogel aus dem Käfig, dem man die Thüre aufmacht. Wie haben sie sich gefreut, sind herumgesprungen und haben sich geküßt! Und weil sie sich nicht mehr zu fürchten brauchten, giengen sie in das Haus der Hexe hinein, da standen in allen Ecken Kasten mit Perlen und Edelsteinen. ‘Die sind noch besser als Kieselsteine’ sagte Hänsel, und steckte in seine Taschen was hinein wollte, und Grethel sagte ‘ich will auch etwas mit nach Haus bringen,’ und füllte sich sein Schürzchen voll. ‘Aber jetzt wollen wir fort,’ </p> </div> </body> </text> </TEI> [99/0137]
Wasser aufhängen und Feuer anzünden. ‘Erst wollen wir backen’ sagte die Alte, ‘ich habe den Backofen schon eingeheizt und den Teig geknätet.’ Sie stieß das arme Grethel hinaus zu dem Backofen, aus dem die Feuerflammen schon heraus schlugen. ‘Kriech hinein,’ sagte die Hexe, ‘und sich zu ob recht eingeheizt ist, damit wir das Brot hineinschießen können.’ Und wenn Grethel darin war, wollte sie den Ofen zumachen, und Grethel sollte darin braten, und dann wollte sies auch aufessen. Aber Grethel merkte was sie im Sinn hatte, und sprach ‘ich weiß nicht wie ichs machen soll; wie komm ich da hinein?’ ‘Dumme Gans,’ sagte die Alte, ‘die Öffnung ist groß genug, siehst du wohl, ich könnte selbst hinein,’ krappelte heran, und steckte den Kopf in den Backofen. Da gab ihr Grethel einen Stoß daß sie weit hinein fuhr, machte die eiserne Thür zu und schob den Riegel vor. Hu! da fieng sie an zu heulen, ganz grauselich; aber Grethel lief fort, und die gottlose Hexe mußte elendiglich verbrennen.
Grethel aber lief schnurstracks zum Hänsel, öffnete sein Ställchen, und rief ‘Hänsel, wir sind erlöst, die alte Hexe ist todt.’ Da sprang Hänsel heraus, wie ein Vogel aus dem Käfig, dem man die Thüre aufmacht. Wie haben sie sich gefreut, sind herumgesprungen und haben sich geküßt! Und weil sie sich nicht mehr zu fürchten brauchten, giengen sie in das Haus der Hexe hinein, da standen in allen Ecken Kasten mit Perlen und Edelsteinen. ‘Die sind noch besser als Kieselsteine’ sagte Hänsel, und steckte in seine Taschen was hinein wollte, und Grethel sagte ‘ich will auch etwas mit nach Haus bringen,’ und füllte sich sein Schürzchen voll. ‘Aber jetzt wollen wir fort,’
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-01T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |