Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.fest, daß er nichts gewahr wurde, und nicht eher aufwachte als bis er in dem Maul der Kuh war, die ihn mit dem Heu aufgerafft hatte. 'Ach Gott,' rief er, 'wie bin ich in die Walkmühle gerathen!' merkte aber bald wo er war. Da hieß es aufpassen, daß er nicht zwischen die Zähne kam und zerdrückt wurde, und darnach mußte er doch mit in den Magen hinabrutschen. 'Jn dem Stübchen sind die Fenster vergessen,' sprach er, 'und scheint keine Sonne hinein: ein Licht wird auch wohl nicht zu haben sein!' Überhaupt gefiel ihm das Quartier schlecht, und was das schlimmste war, es kam immer mehr neues Heu zur Thüre hinein, und der Platz ward immer enger. Da rief er endlich in der Angst, so laut er konnte, 'bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.' Die Magd melkte gerade die Kuh, und als sie sprechen hörte ohne jemand zu sehen, und es dieselbe Stimme war, die sie auch in der Nacht gehört hatte, erschrak sie so, daß sie von ihrem Stühlchen herabglitschte, und die Milch verschüttete. Sie lief in der größten Hast zu ihrem Herrn, und rief 'ach Gott, Herr Pfarrer, die Kuh hat geredet.' 'Du bist verrückt' antwortete der Pfarrer, gieng aber doch selbst in den Stall nachzusehen was vor wäre. Aber kaum hatte er den Fuß hineingesetzt, so rief Daumesdick eben aufs neue 'bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.' Da erschrak der Pfarrer selbst, meinte es wäre ein böser Geist, und hieß die Kuh tödten. Nun ward sie geschlachtet, der Magen aber, worin Daumesdick steckte, hinaus auf den Mist geworfen. Daumesdick suchte sich heraus zu arbeiten, und hatte große Mühe damit, doch endlich brachte fest, daß er nichts gewahr wurde, und nicht eher aufwachte als bis er in dem Maul der Kuh war, die ihn mit dem Heu aufgerafft hatte. ‘Ach Gott,’ rief er, ‘wie bin ich in die Walkmühle gerathen!’ merkte aber bald wo er war. Da hieß es aufpassen, daß er nicht zwischen die Zähne kam und zerdrückt wurde, und darnach mußte er doch mit in den Magen hinabrutschen. ‘Jn dem Stübchen sind die Fenster vergessen,’ sprach er, ‘und scheint keine Sonne hinein: ein Licht wird auch wohl nicht zu haben sein!’ Überhaupt gefiel ihm das Quartier schlecht, und was das schlimmste war, es kam immer mehr neues Heu zur Thüre hinein, und der Platz ward immer enger. Da rief er endlich in der Angst, so laut er konnte, ‘bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.’ Die Magd melkte gerade die Kuh, und als sie sprechen hörte ohne jemand zu sehen, und es dieselbe Stimme war, die sie auch in der Nacht gehört hatte, erschrak sie so, daß sie von ihrem Stühlchen herabglitschte, und die Milch verschüttete. Sie lief in der größten Hast zu ihrem Herrn, und rief ‘ach Gott, Herr Pfarrer, die Kuh hat geredet.’ ‘Du bist verrückt’ antwortete der Pfarrer, gieng aber doch selbst in den Stall nachzusehen was vor wäre. Aber kaum hatte er den Fuß hineingesetzt, so rief Daumesdick eben aufs neue ‘bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.’ Da erschrak der Pfarrer selbst, meinte es wäre ein böser Geist, und hieß die Kuh tödten. Nun ward sie geschlachtet, der Magen aber, worin Daumesdick steckte, hinaus auf den Mist geworfen. Daumesdick suchte sich heraus zu arbeiten, und hatte große Mühe damit, doch endlich brachte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0269" n="231"/> fest, daß er nichts gewahr wurde, und nicht eher aufwachte als bis er in dem Maul der Kuh war, die ihn mit dem Heu aufgerafft hatte. ‘Ach Gott,’ rief er, ‘wie bin ich in die Walkmühle gerathen!’ merkte aber bald wo er war. Da hieß es aufpassen, daß er nicht zwischen die Zähne kam und zerdrückt wurde, und darnach mußte er doch mit in den Magen hinabrutschen. ‘Jn dem Stübchen sind die Fenster vergessen,’ sprach er, ‘und scheint keine Sonne hinein: ein Licht wird auch wohl nicht zu haben sein!’ Überhaupt gefiel ihm das Quartier schlecht, und was das schlimmste war, es kam immer mehr neues Heu zur Thüre hinein, und der Platz ward immer enger. Da rief er endlich in der Angst, so laut er konnte, ‘bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.’ Die Magd melkte gerade die Kuh, und als sie sprechen hörte ohne jemand zu sehen, und es dieselbe Stimme war, die sie auch in der Nacht gehört hatte, erschrak sie so, daß sie von ihrem Stühlchen herabglitschte, und die Milch verschüttete. Sie lief in der größten Hast zu ihrem Herrn, und rief ‘ach Gott, Herr Pfarrer, die Kuh hat geredet.’ ‘Du bist verrückt’ antwortete der Pfarrer, gieng aber doch selbst in den Stall nachzusehen was vor wäre. Aber kaum hatte er den Fuß hineingesetzt, so rief Daumesdick eben aufs neue ‘bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.’ Da erschrak der Pfarrer selbst, meinte es wäre ein böser Geist, und hieß die Kuh tödten. Nun ward sie geschlachtet, der Magen aber, worin Daumesdick steckte, hinaus auf den Mist geworfen. Daumesdick suchte sich heraus zu arbeiten, und hatte große Mühe damit, doch endlich brachte </p> </div> </body> </text> </TEI> [231/0269]
fest, daß er nichts gewahr wurde, und nicht eher aufwachte als bis er in dem Maul der Kuh war, die ihn mit dem Heu aufgerafft hatte. ‘Ach Gott,’ rief er, ‘wie bin ich in die Walkmühle gerathen!’ merkte aber bald wo er war. Da hieß es aufpassen, daß er nicht zwischen die Zähne kam und zerdrückt wurde, und darnach mußte er doch mit in den Magen hinabrutschen. ‘Jn dem Stübchen sind die Fenster vergessen,’ sprach er, ‘und scheint keine Sonne hinein: ein Licht wird auch wohl nicht zu haben sein!’ Überhaupt gefiel ihm das Quartier schlecht, und was das schlimmste war, es kam immer mehr neues Heu zur Thüre hinein, und der Platz ward immer enger. Da rief er endlich in der Angst, so laut er konnte, ‘bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.’ Die Magd melkte gerade die Kuh, und als sie sprechen hörte ohne jemand zu sehen, und es dieselbe Stimme war, die sie auch in der Nacht gehört hatte, erschrak sie so, daß sie von ihrem Stühlchen herabglitschte, und die Milch verschüttete. Sie lief in der größten Hast zu ihrem Herrn, und rief ‘ach Gott, Herr Pfarrer, die Kuh hat geredet.’ ‘Du bist verrückt’ antwortete der Pfarrer, gieng aber doch selbst in den Stall nachzusehen was vor wäre. Aber kaum hatte er den Fuß hineingesetzt, so rief Daumesdick eben aufs neue ‘bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.’ Da erschrak der Pfarrer selbst, meinte es wäre ein böser Geist, und hieß die Kuh tödten. Nun ward sie geschlachtet, der Magen aber, worin Daumesdick steckte, hinaus auf den Mist geworfen. Daumesdick suchte sich heraus zu arbeiten, und hatte große Mühe damit, doch endlich brachte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-01T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |