Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.in welchem eine wunderschöne Königstochter, Dornröschen genannt, schliefe, und mit ihr schliefe der ganze Hofstaat. Er wußte auch von seinem Großvater daß viele Königssöhne schon versucht hätten durch die Dornenhecke zu dringen, aber darin hängen geblieben, und eines traurigen Todes gestorben wären. Da sprach der Jüngling 'das soll mich nicht abschrecken, ich will hindurch, und das schöne Dornröschen sehen.' Der Alte mochte ihm abrathen, wie er wollte, er hörte gar nicht darauf. Nun waren aber gerade an dem Tage, wo der Königssohn kam, die hundert Jahre verflossen. Und als er sich der Dornenhecke näherte, waren es lauter große schöne Blumen, die thaten sich von selbst auseinander, daß er unbeschädigt hindurch gieng: und hinter ihm thaten sie sich wieder als eine Hecke zusammen. Er kam ins Schloß, da lagen im Hof die Pferde und scheckigen Jagdhunde und schliefen, auf dem Dache saßen die Tauben, und hatten das Köpfchen unter den Flügel gesteckt. Und als er ins Haus kam, schliefen die Fliegen an der Wand, der Koch in der Küche hielt noch die Hand, als wollte er den Jungen anpacken, und die Magd saß vor dem schwarzen Huhn, das sollte gerupft werden. Da gieng er weiter, und sah im Saale den ganzen Hofstaat liegen und schlafen, und oben bei dem Throne lag der König und die Königin. Da gieng er noch weiter, und alles war so still, daß einer seinen Athem hören konnte, und endlich kam er zu dem Thurm, und öffnete die Thüre zu der kleinen Stube, in welcher Dornröschen schlief. Da lag es und war so schön, daß er die Augen nicht abwenden konnte, und er bückte sich, und gab ihm einen Kuß. Wie er es mit dem in welchem eine wunderschöne Königstochter, Dornröschen genannt, schliefe, und mit ihr schliefe der ganze Hofstaat. Er wußte auch von seinem Großvater daß viele Königssöhne schon versucht hätten durch die Dornenhecke zu dringen, aber darin hängen geblieben, und eines traurigen Todes gestorben wären. Da sprach der Jüngling ‘das soll mich nicht abschrecken, ich will hindurch, und das schöne Dornröschen sehen.’ Der Alte mochte ihm abrathen, wie er wollte, er hörte gar nicht darauf. Nun waren aber gerade an dem Tage, wo der Königssohn kam, die hundert Jahre verflossen. Und als er sich der Dornenhecke näherte, waren es lauter große schöne Blumen, die thaten sich von selbst auseinander, daß er unbeschädigt hindurch gieng: und hinter ihm thaten sie sich wieder als eine Hecke zusammen. Er kam ins Schloß, da lagen im Hof die Pferde und scheckigen Jagdhunde und schliefen, auf dem Dache saßen die Tauben, und hatten das Köpfchen unter den Flügel gesteckt. Und als er ins Haus kam, schliefen die Fliegen an der Wand, der Koch in der Küche hielt noch die Hand, als wollte er den Jungen anpacken, und die Magd saß vor dem schwarzen Huhn, das sollte gerupft werden. Da gieng er weiter, und sah im Saale den ganzen Hofstaat liegen und schlafen, und oben bei dem Throne lag der König und die Königin. Da gieng er noch weiter, und alles war so still, daß einer seinen Athem hören konnte, und endlich kam er zu dem Thurm, und öffnete die Thüre zu der kleinen Stube, in welcher Dornröschen schlief. Da lag es und war so schön, daß er die Augen nicht abwenden konnte, und er bückte sich, und gab ihm einen Kuß. Wie er es mit dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0334" n="296"/> in welchem eine wunderschöne Königstochter, Dornröschen genannt, schliefe, und mit ihr schliefe der ganze Hofstaat. 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Und als er ins Haus kam, schliefen die Fliegen an der Wand, der Koch in der Küche hielt noch die Hand, als wollte er den Jungen anpacken, und die Magd saß vor dem schwarzen Huhn, das sollte gerupft werden. Da gieng er weiter, und sah im Saale den ganzen Hofstaat liegen und schlafen, und oben bei dem Throne lag der König und die Königin. Da gieng er noch weiter, und alles war so still, daß einer seinen Athem hören konnte, und endlich kam er zu dem Thurm, und öffnete die Thüre zu der kleinen Stube, in welcher Dornröschen schlief. Da lag es und war so schön, daß er die Augen nicht abwenden konnte, und er bückte sich, und gab ihm einen Kuß. Wie er es mit dem </p> </div> </body> </text> </TEI> [296/0334]
in welchem eine wunderschöne Königstochter, Dornröschen genannt, schliefe, und mit ihr schliefe der ganze Hofstaat. Er wußte auch von seinem Großvater daß viele Königssöhne schon versucht hätten durch die Dornenhecke zu dringen, aber darin hängen geblieben, und eines traurigen Todes gestorben wären. Da sprach der Jüngling ‘das soll mich nicht abschrecken, ich will hindurch, und das schöne Dornröschen sehen.’ Der Alte mochte ihm abrathen, wie er wollte, er hörte gar nicht darauf.
Nun waren aber gerade an dem Tage, wo der Königssohn kam, die hundert Jahre verflossen. Und als er sich der Dornenhecke näherte, waren es lauter große schöne Blumen, die thaten sich von selbst auseinander, daß er unbeschädigt hindurch gieng: und hinter ihm thaten sie sich wieder als eine Hecke zusammen. Er kam ins Schloß, da lagen im Hof die Pferde und scheckigen Jagdhunde und schliefen, auf dem Dache saßen die Tauben, und hatten das Köpfchen unter den Flügel gesteckt. Und als er ins Haus kam, schliefen die Fliegen an der Wand, der Koch in der Küche hielt noch die Hand, als wollte er den Jungen anpacken, und die Magd saß vor dem schwarzen Huhn, das sollte gerupft werden. Da gieng er weiter, und sah im Saale den ganzen Hofstaat liegen und schlafen, und oben bei dem Throne lag der König und die Königin. Da gieng er noch weiter, und alles war so still, daß einer seinen Athem hören konnte, und endlich kam er zu dem Thurm, und öffnete die Thüre zu der kleinen Stube, in welcher Dornröschen schlief. Da lag es und war so schön, daß er die Augen nicht abwenden konnte, und er bückte sich, und gab ihm einen Kuß. Wie er es mit dem
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