Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.was es wollte, und das Herz klopfte in einem fort und wollte nicht ruhig werden: auch das Gold blieb an dem Finger, und gieng nicht ab, es mochte waschen so viel es wollte. Nach wenigen Tagen kam die Jungfrau Maria von ihrer Reise zurück, rief das Mädchen zu sich, und forderte ihm die Himmelsschlüssel wieder ab. Jndem es den Bund hinreichte, blickte es die Jungfrau an, und sprach 'hast du auch nicht die dreizehnte Thüre geöffnet?' 'Nein' antwortete es. Da legte sie ihre Hand auf sein Herz, fühlte wie es klopfte und klopfte, und merkte wohl daß es ihr Gebot übertreten, und die Thüre aufgeschlossen hatte. Da sprach sie noch einmal 'hast du es gewiß nicht gethan?' 'Nein' sagte das Mädchen zum zweitenmal. Da erblickte sie den Finger, der von der Berührung des himmlischen Feuers golden geworden war, und wußte nun gewiß daß es schuldig war, und sprach zum drittenmal 'hast du es nicht gethan?' 'Nein' sagte das Mädchen zum drittenmal. Da sprach die Jungfrau Maria 'du hast mir nicht gehorcht, und hast gelogen, du bist nicht mehr würdig im Himmel zu sein.' Da versank das Mädchen in einen tiefen Schlaf, und als es erwachte, lag es unten auf der Erde, mitten in einer Wildnis. Es wollte rufen, aber es konnte keinen Laut hervorbringen: es sprang auf, und wollte fortlaufen, aber wo es sich hinwendete, überall ward es von dichtem Gebüsch zurück gehalten, das es nicht durchbrechen konnte. Jn dem Kreiß, in welchem es eingeschlossen war, stand ein alter hohler Baum, der diente ihm als Wohnung. Darin schlief es Nachts, und wenn was es wollte, und das Herz klopfte in einem fort und wollte nicht ruhig werden: auch das Gold blieb an dem Finger, und gieng nicht ab, es mochte waschen so viel es wollte. Nach wenigen Tagen kam die Jungfrau Maria von ihrer Reise zurück, rief das Mädchen zu sich, und forderte ihm die Himmelsschlüssel wieder ab. Jndem es den Bund hinreichte, blickte es die Jungfrau an, und sprach ‘hast du auch nicht die dreizehnte Thüre geöffnet?’ ‘Nein’ antwortete es. Da legte sie ihre Hand auf sein Herz, fühlte wie es klopfte und klopfte, und merkte wohl daß es ihr Gebot übertreten, und die Thüre aufgeschlossen hatte. Da sprach sie noch einmal ‘hast du es gewiß nicht gethan?’ ‘Nein’ sagte das Mädchen zum zweitenmal. Da erblickte sie den Finger, der von der Berührung des himmlischen Feuers golden geworden war, und wußte nun gewiß daß es schuldig war, und sprach zum drittenmal ‘hast du es nicht gethan?’ ‘Nein’ sagte das Mädchen zum drittenmal. Da sprach die Jungfrau Maria ‘du hast mir nicht gehorcht, und hast gelogen, du bist nicht mehr würdig im Himmel zu sein.’ Da versank das Mädchen in einen tiefen Schlaf, und als es erwachte, lag es unten auf der Erde, mitten in einer Wildnis. Es wollte rufen, aber es konnte keinen Laut hervorbringen: es sprang auf, und wollte fortlaufen, aber wo es sich hinwendete, überall ward es von dichtem Gebüsch zurück gehalten, das es nicht durchbrechen konnte. Jn dem Kreiß, in welchem es eingeschlossen war, stand ein alter hohler Baum, der diente ihm als Wohnung. Darin schlief es Nachts, und wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0050" n="12"/> was es wollte, und das Herz klopfte in einem fort und wollte nicht ruhig werden: auch das Gold blieb an dem Finger, und gieng nicht ab, es mochte waschen so viel es wollte.</p><lb/> <p>Nach wenigen Tagen kam die Jungfrau Maria von ihrer Reise zurück, rief das Mädchen zu sich, und forderte ihm die Himmelsschlüssel wieder ab. Jndem es den Bund hinreichte, blickte es die Jungfrau an, und sprach ‘hast du auch nicht die dreizehnte Thüre geöffnet?’ ‘Nein’ antwortete es. Da legte sie ihre Hand auf sein Herz, fühlte wie es klopfte und klopfte, und merkte wohl daß es ihr Gebot übertreten, und die Thüre aufgeschlossen hatte. Da sprach sie noch einmal ‘hast du es gewiß nicht gethan?’ ‘Nein’ sagte das Mädchen zum zweitenmal. Da erblickte sie den Finger, der von der Berührung des himmlischen Feuers golden geworden war, und wußte nun gewiß daß es schuldig war, und sprach zum drittenmal ‘hast du es nicht gethan?’ ‘Nein’ sagte das Mädchen zum drittenmal. Da sprach die Jungfrau Maria ‘du hast mir nicht gehorcht, und hast gelogen, du bist nicht mehr würdig im Himmel zu sein.’</p><lb/> <p>Da versank das Mädchen in einen tiefen Schlaf, und als es erwachte, lag es unten auf der Erde, mitten in einer Wildnis. Es wollte rufen, aber es konnte keinen Laut hervorbringen: es sprang auf, und wollte fortlaufen, aber wo es sich hinwendete, überall ward es von dichtem Gebüsch zurück gehalten, das es nicht durchbrechen konnte. Jn dem Kreiß, in welchem es eingeschlossen war, stand ein alter hohler Baum, der diente ihm als Wohnung. Darin schlief es Nachts, und wenn </p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0050]
was es wollte, und das Herz klopfte in einem fort und wollte nicht ruhig werden: auch das Gold blieb an dem Finger, und gieng nicht ab, es mochte waschen so viel es wollte.
Nach wenigen Tagen kam die Jungfrau Maria von ihrer Reise zurück, rief das Mädchen zu sich, und forderte ihm die Himmelsschlüssel wieder ab. Jndem es den Bund hinreichte, blickte es die Jungfrau an, und sprach ‘hast du auch nicht die dreizehnte Thüre geöffnet?’ ‘Nein’ antwortete es. Da legte sie ihre Hand auf sein Herz, fühlte wie es klopfte und klopfte, und merkte wohl daß es ihr Gebot übertreten, und die Thüre aufgeschlossen hatte. Da sprach sie noch einmal ‘hast du es gewiß nicht gethan?’ ‘Nein’ sagte das Mädchen zum zweitenmal. Da erblickte sie den Finger, der von der Berührung des himmlischen Feuers golden geworden war, und wußte nun gewiß daß es schuldig war, und sprach zum drittenmal ‘hast du es nicht gethan?’ ‘Nein’ sagte das Mädchen zum drittenmal. Da sprach die Jungfrau Maria ‘du hast mir nicht gehorcht, und hast gelogen, du bist nicht mehr würdig im Himmel zu sein.’
Da versank das Mädchen in einen tiefen Schlaf, und als es erwachte, lag es unten auf der Erde, mitten in einer Wildnis. Es wollte rufen, aber es konnte keinen Laut hervorbringen: es sprang auf, und wollte fortlaufen, aber wo es sich hinwendete, überall ward es von dichtem Gebüsch zurück gehalten, das es nicht durchbrechen konnte. Jn dem Kreiß, in welchem es eingeschlossen war, stand ein alter hohler Baum, der diente ihm als Wohnung. Darin schlief es Nachts, und wenn
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-01T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |