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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

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hinzu, hob sie auf und trug sie in eine Kammer, da legte er sie nieder, kniete und sog die drei Blutstropfen aus ihrer rechten Brust, und speite sie aus. Alsbald athmete sie wieder und erholte sich, aber der junge König hatte es mit angesehen, und wußte nicht warum es der getreue Johannes gethan hatte, ward zornig darüber, und rief 'werft ihn ins Gefängnis!' Am andern Morgen ward der getreue Johannes verurtheilt und zum Galgen geführt, und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er 'jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben?' 'Ja,' antwortete der König, 'es soll dir vergönnt sein.' Da sprach der treue Johannes 'Jch bin mit Unrecht verurtheilt und bin dir immer treu gewesen,' und erzählte wie er auf dem Meer das Gespräch der Raben gehört habe, und wie er, um seinen Herrn zu retten, das alles habe thun müssen. Da rief der König, 'o mein getreuester Johannes, Gnade! Gnade! führt ihn herunter.' Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort, das er geredet hatte, leblos herabgefallen, und war ein Stein.

Darüber trug nun der König und die Königin großes Leid, und der König sprach 'ach, was hab ich große Treue so übel belohnt!' und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. So oft er es ansah, weinte er und sprach 'ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.' Es gieng eine Zeit herum, da gebar die Königin Zwillinge, zwei Söhnlein, die wuchsen heran, und waren ihre Freude. Einmal, als die Königin in der Kirche war, und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser

hinzu, hob sie auf und trug sie in eine Kammer, da legte er sie nieder, kniete und sog die drei Blutstropfen aus ihrer rechten Brust, und speite sie aus. Alsbald athmete sie wieder und erholte sich, aber der junge König hatte es mit angesehen, und wußte nicht warum es der getreue Johannes gethan hatte, ward zornig darüber, und rief ‘werft ihn ins Gefängnis!’ Am andern Morgen ward der getreue Johannes verurtheilt und zum Galgen geführt, und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er ‘jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben?’ ‘Ja,’ antwortete der König, ‘es soll dir vergönnt sein.’ Da sprach der treue Johannes ‘Jch bin mit Unrecht verurtheilt und bin dir immer treu gewesen,’ und erzählte wie er auf dem Meer das Gespräch der Raben gehört habe, und wie er, um seinen Herrn zu retten, das alles habe thun müssen. Da rief der König, ‘o mein getreuester Johannes, Gnade! Gnade! führt ihn herunter.’ Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort, das er geredet hatte, leblos herabgefallen, und war ein Stein.

Darüber trug nun der König und die Königin großes Leid, und der König sprach ‘ach, was hab ich große Treue so übel belohnt!’ und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. So oft er es ansah, weinte er und sprach ‘ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.’ Es gieng eine Zeit herum, da gebar die Königin Zwillinge, zwei Söhnlein, die wuchsen heran, und waren ihre Freude. Einmal, als die Königin in der Kirche war, und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser

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[42/0080] hinzu, hob sie auf und trug sie in eine Kammer, da legte er sie nieder, kniete und sog die drei Blutstropfen aus ihrer rechten Brust, und speite sie aus. Alsbald athmete sie wieder und erholte sich, aber der junge König hatte es mit angesehen, und wußte nicht warum es der getreue Johannes gethan hatte, ward zornig darüber, und rief ‘werft ihn ins Gefängnis!’ Am andern Morgen ward der getreue Johannes verurtheilt und zum Galgen geführt, und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er ‘jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben?’ ‘Ja,’ antwortete der König, ‘es soll dir vergönnt sein.’ Da sprach der treue Johannes ‘Jch bin mit Unrecht verurtheilt und bin dir immer treu gewesen,’ und erzählte wie er auf dem Meer das Gespräch der Raben gehört habe, und wie er, um seinen Herrn zu retten, das alles habe thun müssen. Da rief der König, ‘o mein getreuester Johannes, Gnade! Gnade! führt ihn herunter.’ Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort, das er geredet hatte, leblos herabgefallen, und war ein Stein. Darüber trug nun der König und die Königin großes Leid, und der König sprach ‘ach, was hab ich große Treue so übel belohnt!’ und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. So oft er es ansah, weinte er und sprach ‘ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.’ Es gieng eine Zeit herum, da gebar die Königin Zwillinge, zwei Söhnlein, die wuchsen heran, und waren ihre Freude. Einmal, als die Königin in der Kirche war, und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/80>, abgerufen am 21.11.2024.