Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber that jämmerlich, 'au weih geschrien! sind das die harten Thaler?' Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, 'weil du deinen Lohn schon verloren hast, bevor er dir zu Theil ward, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.' Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Danach gieng er ins Wirthshaus und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen und hörte wie er mit sich allein brummte 'nun hat mich der Spitzbube von König doch hinters Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist was ich so auf gut Glück eingesteckt habe!' 'Gott bewahre,' sprach der Jude für sich, 'der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.' Als der König von den Reden des Bauern hörte, gerieth er in Zorn und hieß den Juden hingehen und den Sünder herbei holen. Der Jude lief zum Bauer, 'ihr sollt gleich zum Herrn König kommen, wie ihr geht und steht.' 'Jch weiß besser, was sich schickt,' antwortete der Bauer, 'erst laß ich mir einen neuen Rock machen; meinst du ein Mann, der so viel Geld in der Tasche hat, sollte in dem alten Lumpenrock hingehen?' Der Jude, als er sah daß der Bauer ohne einen andern Rock nicht wegzubringen war, und weil er fürchtete wenn der Zorn des Königs verraucht wäre, so käme er um seine Belohnung und der Bauer um seine Strafe, so sprach er 'ich will euch für die kurze Zeit einen

und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber that jämmerlich, ‘au weih geschrien! sind das die harten Thaler?’ Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, ‘weil du deinen Lohn schon verloren hast, bevor er dir zu Theil ward, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.’ Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Danach gieng er ins Wirthshaus und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen und hörte wie er mit sich allein brummte ‘nun hat mich der Spitzbube von König doch hinters Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist was ich so auf gut Glück eingesteckt habe!’ ‘Gott bewahre,’ sprach der Jude für sich, ‘der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.’ Als der König von den Reden des Bauern hörte, gerieth er in Zorn und hieß den Juden hingehen und den Sünder herbei holen. Der Jude lief zum Bauer, ‘ihr sollt gleich zum Herrn König kommen, wie ihr geht und steht.’ ‘Jch weiß besser, was sich schickt,’ antwortete der Bauer, ‘erst laß ich mir einen neuen Rock machen; meinst du ein Mann, der so viel Geld in der Tasche hat, sollte in dem alten Lumpenrock hingehen?’ Der Jude, als er sah daß der Bauer ohne einen andern Rock nicht wegzubringen war, und weil er fürchtete wenn der Zorn des Königs verraucht wäre, so käme er um seine Belohnung und der Bauer um seine Strafe, so sprach er ‘ich will euch für die kurze Zeit einen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0130" n="48"/>
und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber that jämmerlich, &#x2018;au weih geschrien! sind das die harten Thaler?&#x2019; Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, &#x2018;weil du deinen Lohn schon verloren hast, bevor er dir zu Theil ward, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.&#x2019; Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Danach gieng er ins Wirthshaus und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen und hörte wie er mit sich allein brummte &#x2018;nun hat mich der Spitzbube von König doch hinters Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist was ich so auf gut Glück eingesteckt habe!&#x2019; &#x2018;Gott bewahre,&#x2019; sprach der Jude für sich, &#x2018;der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.&#x2019; Als der König von den Reden des Bauern hörte, gerieth er in Zorn und hieß den Juden hingehen und den Sünder herbei holen. Der Jude lief zum Bauer, &#x2018;ihr sollt gleich zum Herrn König kommen, wie ihr geht und steht.&#x2019; &#x2018;Jch weiß besser, was sich schickt,&#x2019; antwortete der Bauer, &#x2018;erst laß ich mir einen neuen Rock machen; meinst du ein Mann, der so viel Geld in der Tasche hat, sollte in dem alten Lumpenrock hingehen?&#x2019; Der Jude, als er sah daß der Bauer ohne einen andern Rock nicht wegzubringen war, und weil er fürchtete wenn der Zorn des Königs verraucht wäre, so käme er um seine Belohnung und der Bauer um seine Strafe, so sprach er &#x2018;ich will euch für die kurze Zeit einen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0130] und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber that jämmerlich, ‘au weih geschrien! sind das die harten Thaler?’ Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, ‘weil du deinen Lohn schon verloren hast, bevor er dir zu Theil ward, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.’ Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Danach gieng er ins Wirthshaus und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen und hörte wie er mit sich allein brummte ‘nun hat mich der Spitzbube von König doch hinters Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist was ich so auf gut Glück eingesteckt habe!’ ‘Gott bewahre,’ sprach der Jude für sich, ‘der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.’ Als der König von den Reden des Bauern hörte, gerieth er in Zorn und hieß den Juden hingehen und den Sünder herbei holen. Der Jude lief zum Bauer, ‘ihr sollt gleich zum Herrn König kommen, wie ihr geht und steht.’ ‘Jch weiß besser, was sich schickt,’ antwortete der Bauer, ‘erst laß ich mir einen neuen Rock machen; meinst du ein Mann, der so viel Geld in der Tasche hat, sollte in dem alten Lumpenrock hingehen?’ Der Jude, als er sah daß der Bauer ohne einen andern Rock nicht wegzubringen war, und weil er fürchtete wenn der Zorn des Königs verraucht wäre, so käme er um seine Belohnung und der Bauer um seine Strafe, so sprach er ‘ich will euch für die kurze Zeit einen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/130
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/130>, abgerufen am 22.11.2024.