Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.kehrte mit dem Besen den Schnee hinter dem kleinen Hause weg, und was glaubt ihr wohl daß es gefunden hat? lauter reife Erdbeeren, die ganz dunkelroth aus dem Schnee hervor kamen. Da raffte es in seiner Freude sein Körbchen voll, dankte den kleinen Männern, gab jedem die Hand und lief nach Haus, und wollte der Stiefmutter das Verlangte bringen. Wie es eintrat und 'guten Abend' sagte, fiel ihm gleich ein Goldstück aus dem Mund. Darauf erzählte es was ihm im Walde begegnet war, aber bei jedem Worte, das es sprach, fielen ihm die Goldstücke aus dem Mund, so daß bald die ganze Stube damit bedeckt ward. 'Nun sehe einer den Übermuth,' rief die Stiefschwester, 'das Geld so hinzuwerfen,' aber heimlich war sie neidisch darüber und wollte auch hinaus in den Wald und Erdbeeren suchen. Die Mutter: 'nein, mein liebes Töchterchen, es ist zu kalt, du könntest mir erfrieren.' Weil sie ihr aber keine Ruhe ließ, gab sie endlich nach, nähte ihm einen prächtigen Pelzrock, den es anziehen mußte, und gab ihm Butterbrot und Kuchen mit auf den Weg. Das Mädchen gieng in den Wald und gerade auf das kleine Häuschen zu. Die drei kleinen Haulemänner guckten wieder, aber es grüßte sie nicht, stolperte, ohne sich nach ihnen umzusehen und ohne sie zu grüßen, in die Stube, setzte sich an den Ofen und fieng an sein Butterbrot und seinen Kuchen zu essen. 'Gib uns etwas davon,' riefen die Kleinen, aber es antwortete 'es schickt mir selber nicht, wie kann ich andern noch davon abgeben?' Als es nun fertig war mit dem Essen, sprachen sie 'da hast du einen Besen, kehr uns draußen vor der Hinterthür rein.' 'Ei, kehrt euch selber,' antwortete es, 'ich bin eure Magd nicht.' Wie es sah daß sie ihm kehrte mit dem Besen den Schnee hinter dem kleinen Hause weg, und was glaubt ihr wohl daß es gefunden hat? lauter reife Erdbeeren, die ganz dunkelroth aus dem Schnee hervor kamen. Da raffte es in seiner Freude sein Körbchen voll, dankte den kleinen Männern, gab jedem die Hand und lief nach Haus, und wollte der Stiefmutter das Verlangte bringen. Wie es eintrat und ‘guten Abend’ sagte, fiel ihm gleich ein Goldstück aus dem Mund. Darauf erzählte es was ihm im Walde begegnet war, aber bei jedem Worte, das es sprach, fielen ihm die Goldstücke aus dem Mund, so daß bald die ganze Stube damit bedeckt ward. ‘Nun sehe einer den Übermuth,’ rief die Stiefschwester, ‘das Geld so hinzuwerfen,’ aber heimlich war sie neidisch darüber und wollte auch hinaus in den Wald und Erdbeeren suchen. Die Mutter: ‘nein, mein liebes Töchterchen, es ist zu kalt, du könntest mir erfrieren.’ Weil sie ihr aber keine Ruhe ließ, gab sie endlich nach, nähte ihm einen prächtigen Pelzrock, den es anziehen mußte, und gab ihm Butterbrot und Kuchen mit auf den Weg. Das Mädchen gieng in den Wald und gerade auf das kleine Häuschen zu. Die drei kleinen Haulemänner guckten wieder, aber es grüßte sie nicht, stolperte, ohne sich nach ihnen umzusehen und ohne sie zu grüßen, in die Stube, setzte sich an den Ofen und fieng an sein Butterbrot und seinen Kuchen zu essen. ‘Gib uns etwas davon,’ riefen die Kleinen, aber es antwortete ‘es schickt mir selber nicht, wie kann ich andern noch davon abgeben?’ Als es nun fertig war mit dem Essen, sprachen sie ‘da hast du einen Besen, kehr uns draußen vor der Hinterthür rein.’ ‘Ei, kehrt euch selber,’ antwortete es, ‘ich bin eure Magd nicht.’ Wie es sah daß sie ihm <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0164" n="82"/> kehrte mit dem Besen den Schnee hinter dem kleinen Hause weg, und was glaubt ihr wohl daß es gefunden hat? lauter reife Erdbeeren, die ganz dunkelroth aus dem Schnee hervor kamen. Da raffte es in seiner Freude sein Körbchen voll, dankte den kleinen Männern, gab jedem die Hand und lief nach Haus, und wollte der Stiefmutter das Verlangte bringen. Wie es eintrat und ‘guten Abend’ sagte, fiel ihm gleich ein Goldstück aus dem Mund. Darauf erzählte es was ihm im Walde begegnet war, aber bei jedem Worte, das es sprach, fielen ihm die Goldstücke aus dem Mund, so daß bald die ganze Stube damit bedeckt ward. ‘Nun sehe einer den Übermuth,’ rief die Stiefschwester, ‘das Geld so hinzuwerfen,’ aber heimlich war sie neidisch darüber und wollte auch hinaus in den Wald und Erdbeeren suchen. Die Mutter: ‘nein, mein liebes Töchterchen, es ist zu kalt, du könntest mir erfrieren.’ Weil sie ihr aber keine Ruhe ließ, gab sie endlich nach, nähte ihm einen prächtigen Pelzrock, den es anziehen mußte, und gab ihm Butterbrot und Kuchen mit auf den Weg.</p><lb/> <p>Das Mädchen gieng in den Wald und gerade auf das kleine Häuschen zu. Die drei kleinen Haulemänner guckten wieder, aber es grüßte sie nicht, stolperte, ohne sich nach ihnen umzusehen und ohne sie zu grüßen, in die Stube, setzte sich an den Ofen und fieng an sein Butterbrot und seinen Kuchen zu essen. ‘Gib uns etwas davon,’ riefen die Kleinen, aber es antwortete ‘es schickt mir selber nicht, wie kann ich andern noch davon abgeben?’ Als es nun fertig war mit dem Essen, sprachen sie ‘da hast du einen Besen, kehr uns draußen vor der Hinterthür rein.’ ‘Ei, kehrt euch selber,’ antwortete es, ‘ich bin eure Magd nicht.’ Wie es sah daß sie ihm </p> </div> </body> </text> </TEI> [82/0164]
kehrte mit dem Besen den Schnee hinter dem kleinen Hause weg, und was glaubt ihr wohl daß es gefunden hat? lauter reife Erdbeeren, die ganz dunkelroth aus dem Schnee hervor kamen. Da raffte es in seiner Freude sein Körbchen voll, dankte den kleinen Männern, gab jedem die Hand und lief nach Haus, und wollte der Stiefmutter das Verlangte bringen. Wie es eintrat und ‘guten Abend’ sagte, fiel ihm gleich ein Goldstück aus dem Mund. Darauf erzählte es was ihm im Walde begegnet war, aber bei jedem Worte, das es sprach, fielen ihm die Goldstücke aus dem Mund, so daß bald die ganze Stube damit bedeckt ward. ‘Nun sehe einer den Übermuth,’ rief die Stiefschwester, ‘das Geld so hinzuwerfen,’ aber heimlich war sie neidisch darüber und wollte auch hinaus in den Wald und Erdbeeren suchen. Die Mutter: ‘nein, mein liebes Töchterchen, es ist zu kalt, du könntest mir erfrieren.’ Weil sie ihr aber keine Ruhe ließ, gab sie endlich nach, nähte ihm einen prächtigen Pelzrock, den es anziehen mußte, und gab ihm Butterbrot und Kuchen mit auf den Weg.
Das Mädchen gieng in den Wald und gerade auf das kleine Häuschen zu. Die drei kleinen Haulemänner guckten wieder, aber es grüßte sie nicht, stolperte, ohne sich nach ihnen umzusehen und ohne sie zu grüßen, in die Stube, setzte sich an den Ofen und fieng an sein Butterbrot und seinen Kuchen zu essen. ‘Gib uns etwas davon,’ riefen die Kleinen, aber es antwortete ‘es schickt mir selber nicht, wie kann ich andern noch davon abgeben?’ Als es nun fertig war mit dem Essen, sprachen sie ‘da hast du einen Besen, kehr uns draußen vor der Hinterthür rein.’ ‘Ei, kehrt euch selber,’ antwortete es, ‘ich bin eure Magd nicht.’ Wie es sah daß sie ihm
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/164 |
Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/164>, abgerufen am 16.02.2025. |