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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.

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den Rücken, und die arme Frau gieng mit weiniglichen Augen fort. Sie kam in einen großen wilden Wald, da setzte sie sich auf ihre Knie und betete zu Gott, und der Engel des Herrn erschien ihr und führte sie zu einem kleinen Haus, daran war ein Schildchen mit den Worten 'hier wohnt ein jeder frei.' Aus dem Häuschen kam eine schneeweiße Jungfrau, die sprach 'willkommen, Frau Königin,' und führte sie hinein. Da band sie ihr den kleinen Knaben von dem Rücken und hielt ihn an ihre Brust, damit er trank, und legte ihn dann auf ein schönes gemachtes Bettchen. Da sprach die arme Frau 'woher weißt du daß ich eine Königin war?' Die weiße Jungfrau antwortete 'ich bin ein Engel, von Gott gesandt, dich und dein Kind zu verpflegen.' Da blieb sie in dem Hause sieben Jahre, und war wohl verpflegt, und durch Gottes Gnade wegen ihrer Frömmigkeit wuchsen ihr die abgehauenen Hände wieder.

Der König kam endlich aus dem Felde wieder nach Haus, und sein erstes war daß er seine Frau mit dem Kinde sehen wollte. Da fieng die alte Mutter an zu weinen und sprach 'du böser Mann, was hast du mir geschrieben daß ich zwei unschuldige Seelen ums Leben bringen sollte!' und zeigte ihm die beiden Briefe, die der Böse verfälscht hatte, und sprach weiter 'ich habe gethan wie du befohlen hast,' und wies ihm die Wahrzeichen, Zunge und Augen. Da fieng der König an noch viel bitterlicher zu weinen über seine arme Frau und sein Söhnlein, daß es die alte Mutter erbarmte, und sie zu ihm sprach 'gib dich zufrieden, sie lebt noch. Jch habe eine Hirschkuh heimlich schlachten lassen und von dieser die

den Rücken, und die arme Frau gieng mit weiniglichen Augen fort. Sie kam in einen großen wilden Wald, da setzte sie sich auf ihre Knie und betete zu Gott, und der Engel des Herrn erschien ihr und führte sie zu einem kleinen Haus, daran war ein Schildchen mit den Worten ‘hier wohnt ein jeder frei.’ Aus dem Häuschen kam eine schneeweiße Jungfrau, die sprach ‘willkommen, Frau Königin,’ und führte sie hinein. Da band sie ihr den kleinen Knaben von dem Rücken und hielt ihn an ihre Brust, damit er trank, und legte ihn dann auf ein schönes gemachtes Bettchen. Da sprach die arme Frau ‘woher weißt du daß ich eine Königin war?’ Die weiße Jungfrau antwortete ‘ich bin ein Engel, von Gott gesandt, dich und dein Kind zu verpflegen.’ Da blieb sie in dem Hause sieben Jahre, und war wohl verpflegt, und durch Gottes Gnade wegen ihrer Frömmigkeit wuchsen ihr die abgehauenen Hände wieder.

Der König kam endlich aus dem Felde wieder nach Haus, und sein erstes war daß er seine Frau mit dem Kinde sehen wollte. Da fieng die alte Mutter an zu weinen und sprach ‘du böser Mann, was hast du mir geschrieben daß ich zwei unschuldige Seelen ums Leben bringen sollte!’ und zeigte ihm die beiden Briefe, die der Böse verfälscht hatte, und sprach weiter ‘ich habe gethan wie du befohlen hast,’ und wies ihm die Wahrzeichen, Zunge und Augen. Da fieng der König an noch viel bitterlicher zu weinen über seine arme Frau und sein Söhnlein, daß es die alte Mutter erbarmte, und sie zu ihm sprach ‘gib dich zufrieden, sie lebt noch. Jch habe eine Hirschkuh heimlich schlachten lassen und von dieser die

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[192/0274] den Rücken, und die arme Frau gieng mit weiniglichen Augen fort. Sie kam in einen großen wilden Wald, da setzte sie sich auf ihre Knie und betete zu Gott, und der Engel des Herrn erschien ihr und führte sie zu einem kleinen Haus, daran war ein Schildchen mit den Worten ‘hier wohnt ein jeder frei.’ Aus dem Häuschen kam eine schneeweiße Jungfrau, die sprach ‘willkommen, Frau Königin,’ und führte sie hinein. Da band sie ihr den kleinen Knaben von dem Rücken und hielt ihn an ihre Brust, damit er trank, und legte ihn dann auf ein schönes gemachtes Bettchen. Da sprach die arme Frau ‘woher weißt du daß ich eine Königin war?’ Die weiße Jungfrau antwortete ‘ich bin ein Engel, von Gott gesandt, dich und dein Kind zu verpflegen.’ Da blieb sie in dem Hause sieben Jahre, und war wohl verpflegt, und durch Gottes Gnade wegen ihrer Frömmigkeit wuchsen ihr die abgehauenen Hände wieder. Der König kam endlich aus dem Felde wieder nach Haus, und sein erstes war daß er seine Frau mit dem Kinde sehen wollte. Da fieng die alte Mutter an zu weinen und sprach ‘du böser Mann, was hast du mir geschrieben daß ich zwei unschuldige Seelen ums Leben bringen sollte!’ und zeigte ihm die beiden Briefe, die der Böse verfälscht hatte, und sprach weiter ‘ich habe gethan wie du befohlen hast,’ und wies ihm die Wahrzeichen, Zunge und Augen. Da fieng der König an noch viel bitterlicher zu weinen über seine arme Frau und sein Söhnlein, daß es die alte Mutter erbarmte, und sie zu ihm sprach ‘gib dich zufrieden, sie lebt noch. Jch habe eine Hirschkuh heimlich schlachten lassen und von dieser die

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/274>, abgerufen am 31.10.2024.