Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.43. Frau Trude. Es war einmal ein kleines Mädchen, das war eigensinnig und vorwitzig, und wenn ihm seine Eltern etwas sagten, so gehorchte es nicht; wie konnte es dem gut gehen? Eines Tages sagte es zu seinen Eltern 'ich habe so viel von der Frau Trude gehört, ich will einmal zu ihr hingehen: die Leute sagen es sehe so wunderlich bei ihr aus und erzählen es seien so seltsame Dinge in ihrem Hause, da bin ich ganz neugierig geworden.' Die Eltern verboten es ihr streng und sagten 'die Frau Trude ist eine böse Frau, die gottlose Dinge treibt, und wenn du zu ihr hingehst, so bist du unser Kind nicht mehr.' Aber das Mädchen kehrte sich nicht an das Verbot seiner Eltern und gieng doch zu der Frau Trude. Und als es zu ihr kam, fragte die Frau Trude 'warum bist du so bleich?' 'Ach,' antwortete es, und zitterte am Leibe, 'ich habe mich so erschrocken über das was ich gesehen habe.' Was hast du gesehn?' 'Jch sah auf eurer Stiege einen schwarzen Mann.' 'Das war ein Köhler.' 'Dann sah ich einen grünen Mann.' 'Das war ein Jäger.' 'Darnach sah ich einen blutrothen Mann.' 'Das war ein Metzger.' 'Ach, Frau Trude, mir grauste, ich sah durchs Fenster und sah Euch nicht, wohl aber den Teufel mit feurigem Kopf.' 'Oho,' sagte 43. Frau Trude. Es war einmal ein kleines Mädchen, das war eigensinnig und vorwitzig, und wenn ihm seine Eltern etwas sagten, so gehorchte es nicht; wie konnte es dem gut gehen? Eines Tages sagte es zu seinen Eltern ‘ich habe so viel von der Frau Trude gehört, ich will einmal zu ihr hingehen: die Leute sagen es sehe so wunderlich bei ihr aus und erzählen es seien so seltsame Dinge in ihrem Hause, da bin ich ganz neugierig geworden.’ Die Eltern verboten es ihr streng und sagten ‘die Frau Trude ist eine böse Frau, die gottlose Dinge treibt, und wenn du zu ihr hingehst, so bist du unser Kind nicht mehr.’ Aber das Mädchen kehrte sich nicht an das Verbot seiner Eltern und gieng doch zu der Frau Trude. Und als es zu ihr kam, fragte die Frau Trude ‘warum bist du so bleich?’ ‘Ach,’ antwortete es, und zitterte am Leibe, ‘ich habe mich so erschrocken über das was ich gesehen habe.’ Was hast du gesehn?’ ‘Jch sah auf eurer Stiege einen schwarzen Mann.’ ‘Das war ein Köhler.’ ‘Dann sah ich einen grünen Mann.’ ‘Das war ein Jäger.’ ‘Darnach sah ich einen blutrothen Mann.’ ‘Das war ein Metzger.’ ‘Ach, Frau Trude, mir grauste, ich sah durchs Fenster und sah Euch nicht, wohl aber den Teufel mit feurigem Kopf.’ ‘Oho,’ sagte <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0333" n="251"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">43.<lb/> Frau Trude.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s war einmal ein kleines Mädchen, das war eigensinnig und vorwitzig, und wenn ihm seine Eltern etwas sagten, so gehorchte es nicht; wie konnte es dem gut gehen? Eines Tages sagte es zu seinen Eltern ‘ich habe so viel von der Frau Trude gehört, ich will einmal zu ihr hingehen: die Leute sagen es sehe so wunderlich bei ihr aus und erzählen es seien so seltsame Dinge in ihrem Hause, da bin ich ganz neugierig geworden.’ Die Eltern verboten es ihr streng und sagten ‘die Frau Trude ist eine böse Frau, die gottlose Dinge treibt, und wenn du zu ihr hingehst, so bist du unser Kind nicht mehr.’ Aber das Mädchen kehrte sich nicht an das Verbot seiner Eltern und gieng doch zu der Frau Trude. Und als es zu ihr kam, fragte die Frau Trude ‘warum bist du so bleich?’ ‘Ach,’ antwortete es, und zitterte am Leibe, ‘ich habe mich so erschrocken über das was ich gesehen habe.’ Was hast du gesehn?’ ‘Jch sah auf eurer Stiege einen schwarzen Mann.’ ‘Das war ein Köhler.’ ‘Dann sah ich einen grünen Mann.’ ‘Das war ein Jäger.’ ‘Darnach sah ich einen blutrothen Mann.’ ‘Das war ein Metzger.’ ‘Ach, Frau Trude, mir grauste, ich sah durchs Fenster und sah Euch nicht, wohl aber den Teufel mit feurigem Kopf.’ ‘Oho,’ sagte </p> </div> </body> </text> </TEI> [251/0333]
43.
Frau Trude.
Es war einmal ein kleines Mädchen, das war eigensinnig und vorwitzig, und wenn ihm seine Eltern etwas sagten, so gehorchte es nicht; wie konnte es dem gut gehen? Eines Tages sagte es zu seinen Eltern ‘ich habe so viel von der Frau Trude gehört, ich will einmal zu ihr hingehen: die Leute sagen es sehe so wunderlich bei ihr aus und erzählen es seien so seltsame Dinge in ihrem Hause, da bin ich ganz neugierig geworden.’ Die Eltern verboten es ihr streng und sagten ‘die Frau Trude ist eine böse Frau, die gottlose Dinge treibt, und wenn du zu ihr hingehst, so bist du unser Kind nicht mehr.’ Aber das Mädchen kehrte sich nicht an das Verbot seiner Eltern und gieng doch zu der Frau Trude. Und als es zu ihr kam, fragte die Frau Trude ‘warum bist du so bleich?’ ‘Ach,’ antwortete es, und zitterte am Leibe, ‘ich habe mich so erschrocken über das was ich gesehen habe.’ Was hast du gesehn?’ ‘Jch sah auf eurer Stiege einen schwarzen Mann.’ ‘Das war ein Köhler.’ ‘Dann sah ich einen grünen Mann.’ ‘Das war ein Jäger.’ ‘Darnach sah ich einen blutrothen Mann.’ ‘Das war ein Metzger.’ ‘Ach, Frau Trude, mir grauste, ich sah durchs Fenster und sah Euch nicht, wohl aber den Teufel mit feurigem Kopf.’ ‘Oho,’ sagte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-03T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |