Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.und das schöne liegen ließ.' Also gieng er in das lustige ein, lebte da in Saus und Braus, und vergaß den Vogel, seinen Vater und alle gute Lehren. Als eine Zeit verstrichen und der älteste Sohn immer und immer nicht nach Haus gekommen war, so machte sich der zweite auf den Weg und wollte den goldenen Vogel suchen. Wie dem ältesten begegnete ihm der Fuchs und gab ihm den guten Rath, den er nicht achtete. Er kam zu den beiden Wirthshäusern, wo sein Bruder am Fenster des einen stand, aus dem der Jubel erschallte, und ihn anrief. Er konnte nicht widerstehen, gieng hinein und lebte nur seinen Lüsten. Wiederum verstrich eine Zeit, da wollte der jüngste Königssohn ausziehen und sein Heil versuchen, der Vater aber wollte es nicht zulassen. 'Es ist vergeblich,' sprach er, 'der wird den goldenen Vogel noch weniger finden als seine Brüder, und wenn ihm ein Unglück zustößt, so weiß er sich nicht zu helfen, es fehlt ihm am Besten.' Doch endlich, wie keine Ruhe mehr da war, ließ er ihn ziehen. Vor dem Walde saß wieder der Fuchs, bat um sein Leben und ertheilte den guten Rath. Der Jüngling war gutmüthig und sagte 'sei ruhig, Füchslein, ich thue dir nichts zu Leid.' 'Es soll dich nicht gereuen,' antwortete der Fuchs, 'und damit du schneller fortkommst, so steig hinten auf meinen Schwanz.' Und kaum hat er sich aufgesetzt, so fieng der Fuchs an zu laufen, und da giengs über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Als sie zu dem Dorfe kamen, stieg der Jüngling ab, befolgte den guten Rath und kehrte, ohne sich umzusehen, in das geringe Wirthshaus und das schöne liegen ließ.’ Also gieng er in das lustige ein, lebte da in Saus und Braus, und vergaß den Vogel, seinen Vater und alle gute Lehren. Als eine Zeit verstrichen und der älteste Sohn immer und immer nicht nach Haus gekommen war, so machte sich der zweite auf den Weg und wollte den goldenen Vogel suchen. Wie dem ältesten begegnete ihm der Fuchs und gab ihm den guten Rath, den er nicht achtete. Er kam zu den beiden Wirthshäusern, wo sein Bruder am Fenster des einen stand, aus dem der Jubel erschallte, und ihn anrief. Er konnte nicht widerstehen, gieng hinein und lebte nur seinen Lüsten. Wiederum verstrich eine Zeit, da wollte der jüngste Königssohn ausziehen und sein Heil versuchen, der Vater aber wollte es nicht zulassen. ‘Es ist vergeblich,’ sprach er, ‘der wird den goldenen Vogel noch weniger finden als seine Brüder, und wenn ihm ein Unglück zustößt, so weiß er sich nicht zu helfen, es fehlt ihm am Besten.’ Doch endlich, wie keine Ruhe mehr da war, ließ er ihn ziehen. Vor dem Walde saß wieder der Fuchs, bat um sein Leben und ertheilte den guten Rath. Der Jüngling war gutmüthig und sagte ‘sei ruhig, Füchslein, ich thue dir nichts zu Leid.’ ‘Es soll dich nicht gereuen,’ antwortete der Fuchs, ‘und damit du schneller fortkommst, so steig hinten auf meinen Schwanz.’ Und kaum hat er sich aufgesetzt, so fieng der Fuchs an zu laufen, und da giengs über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Als sie zu dem Dorfe kamen, stieg der Jüngling ab, befolgte den guten Rath und kehrte, ohne sich umzusehen, in das geringe Wirthshaus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0419" n="337"/> und das schöne liegen ließ.’ Also gieng er in das lustige ein, lebte da in Saus und Braus, und vergaß den Vogel, seinen Vater und alle gute Lehren.</p><lb/> <p>Als eine Zeit verstrichen und der älteste Sohn immer und immer nicht nach Haus gekommen war, so machte sich der zweite auf den Weg und wollte den goldenen Vogel suchen. Wie dem ältesten begegnete ihm der Fuchs und gab ihm den guten Rath, den er nicht achtete. Er kam zu den beiden Wirthshäusern, wo sein Bruder am Fenster des einen stand, aus dem der Jubel erschallte, und ihn anrief. Er konnte nicht widerstehen, gieng hinein und lebte nur seinen Lüsten.</p><lb/> <p>Wiederum verstrich eine Zeit, da wollte der jüngste Königssohn ausziehen und sein Heil versuchen, der Vater aber wollte es nicht zulassen. ‘Es ist vergeblich,’ sprach er, ‘der wird den goldenen Vogel noch weniger finden als seine Brüder, und wenn ihm ein Unglück zustößt, so weiß er sich nicht zu helfen, es fehlt ihm am Besten.’ Doch endlich, wie keine Ruhe mehr da war, ließ er ihn ziehen. Vor dem Walde saß wieder der Fuchs, bat um sein Leben und ertheilte den guten Rath. Der Jüngling war gutmüthig und sagte ‘sei ruhig, Füchslein, ich thue dir nichts zu Leid.’ ‘Es soll dich nicht gereuen,’ antwortete der Fuchs, ‘und damit du schneller fortkommst, so steig hinten auf meinen Schwanz.’ Und kaum hat er sich aufgesetzt, so fieng der Fuchs an zu laufen, und da giengs über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Als sie zu dem Dorfe kamen, stieg der Jüngling ab, befolgte den guten Rath und kehrte, ohne sich umzusehen, in das geringe Wirthshaus </p> </div> </body> </text> </TEI> [337/0419]
und das schöne liegen ließ.’ Also gieng er in das lustige ein, lebte da in Saus und Braus, und vergaß den Vogel, seinen Vater und alle gute Lehren.
Als eine Zeit verstrichen und der älteste Sohn immer und immer nicht nach Haus gekommen war, so machte sich der zweite auf den Weg und wollte den goldenen Vogel suchen. Wie dem ältesten begegnete ihm der Fuchs und gab ihm den guten Rath, den er nicht achtete. Er kam zu den beiden Wirthshäusern, wo sein Bruder am Fenster des einen stand, aus dem der Jubel erschallte, und ihn anrief. Er konnte nicht widerstehen, gieng hinein und lebte nur seinen Lüsten.
Wiederum verstrich eine Zeit, da wollte der jüngste Königssohn ausziehen und sein Heil versuchen, der Vater aber wollte es nicht zulassen. ‘Es ist vergeblich,’ sprach er, ‘der wird den goldenen Vogel noch weniger finden als seine Brüder, und wenn ihm ein Unglück zustößt, so weiß er sich nicht zu helfen, es fehlt ihm am Besten.’ Doch endlich, wie keine Ruhe mehr da war, ließ er ihn ziehen. Vor dem Walde saß wieder der Fuchs, bat um sein Leben und ertheilte den guten Rath. Der Jüngling war gutmüthig und sagte ‘sei ruhig, Füchslein, ich thue dir nichts zu Leid.’ ‘Es soll dich nicht gereuen,’ antwortete der Fuchs, ‘und damit du schneller fortkommst, so steig hinten auf meinen Schwanz.’ Und kaum hat er sich aufgesetzt, so fieng der Fuchs an zu laufen, und da giengs über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Als sie zu dem Dorfe kamen, stieg der Jüngling ab, befolgte den guten Rath und kehrte, ohne sich umzusehen, in das geringe Wirthshaus
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-03T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |