Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.und Besonderes entdecken. Findet man bei den Arabern einige mit deutschen verwandte Märchen, so läßt sich dies auf die Abstammung der Tausend und einen Nacht, wo sie vorkommen, aus indischer Quelle erklären, die Schlegel mit Recht behauptet hat. So gewis für jetzt die angegebene Grenze gilt, so ergibt sich vielleicht, wenn noch andere Quellen sich aufthun, die Nothwendigkeit einer Erweiterung, denn mit Erstaunen erblickt man in den paar Märchen, die von den Betschuanen einem Wandervolk in Südafrika bekannt geworden sind, einen nicht wegzuleugnenden Zusammenhang mit deutschen, während ihre eigenthümliche Auffassung sie weit von ihnen trennt. Dagegen in den nordamerikanischen habe ich wenigstens keine so bestimmte, ins Einzelne gehende Übereinstimmung gefunden. Einige Berührung zeigen tibetische Märchen, wie finnische: deutliche Verwandtschaft tritt hervor in den indischen und persischen, entschiedene in den slavischen: ein croatisches erzählt sogar von der Wanderung Gottes und des hl. Petrus (vergl. Vogls Großmütterchen S. 27 mit Nr 82), wovon sonst nur die Deutschen wissen. Am nächsten rückt sie vor in den romanischen: die Verbindungen, in welchen beide Völker zu allen Zeiten gestanden und die Vermischungen, die schon früher statt gefunden haben, erklären hinlänglich diese große Übereinstimmung. Hat sich doch das umfangreiche, ursprünglich deutsche Thierepos nur in französischen Dichtungen erhalten, die es von den Franken geerbt haben. Die deutschen Märchen, glaube ich, besitzen nicht nur der nördliche und südliche Theil unseres Vaterlandes, sondern auch die nahverwandten Niederländer, Engländer und Skandinavier in völliger Gemeinsamkeit; die neusten Sammlungen gewähren davon Überzeugung. Es ändert nichts, wenn, wie auf hohen Gebürgen oder in versumpften Niederungen nicht alle Pflanzen fortkommen, hier und da eine kleinere oder größere Anzahl abgestorben ist, ebenso wenig, wenn dir verschiedene Natur des Landes und Besonderes entdecken. Findet man bei den Arabern einige mit deutschen verwandte Märchen, so läßt sich dies auf die Abstammung der Tausend und einen Nacht, wo sie vorkommen, aus indischer Quelle erklären, die Schlegel mit Recht behauptet hat. So gewis für jetzt die angegebene Grenze gilt, so ergibt sich vielleicht, wenn noch andere Quellen sich aufthun, die Nothwendigkeit einer Erweiterung, denn mit Erstaunen erblickt man in den paar Märchen, die von den Betschuanen einem Wandervolk in Südafrika bekannt geworden sind, einen nicht wegzuleugnenden Zusammenhang mit deutschen, während ihre eigenthümliche Auffassung sie weit von ihnen trennt. Dagegen in den nordamerikanischen habe ich wenigstens keine so bestimmte, ins Einzelne gehende Übereinstimmung gefunden. Einige Berührung zeigen tibetische Märchen, wie finnische: deutliche Verwandtschaft tritt hervor in den indischen und persischen, entschiedene in den slavischen: ein croatisches erzählt sogar von der Wanderung Gottes und des hl. Petrus (vergl. Vogls Großmütterchen S. 27 mit Nr 82), wovon sonst nur die Deutschen wissen. Am nächsten rückt sie vor in den romanischen: die Verbindungen, in welchen beide Völker zu allen Zeiten gestanden und die Vermischungen, die schon früher statt gefunden haben, erklären hinlänglich diese große Übereinstimmung. Hat sich doch das umfangreiche, ursprünglich deutsche Thierepos nur in französischen Dichtungen erhalten, die es von den Franken geerbt haben. Die deutschen Märchen, glaube ich, besitzen nicht nur der nördliche und südliche Theil unseres Vaterlandes, sondern auch die nahverwandten Niederländer, Engländer und Skandinavier in völliger Gemeinsamkeit; die neusten Sammlungen gewähren davon Überzeugung. 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Dagegen in den nordamerikanischen habe ich wenigstens keine so bestimmte, ins Einzelne gehende Übereinstimmung gefunden. Einige Berührung zeigen tibetische Märchen, wie finnische: deutliche Verwandtschaft tritt hervor in den indischen und persischen, entschiedene in den slavischen: ein croatisches erzählt sogar von der Wanderung Gottes und des hl. Petrus (vergl. Vogls Großmütterchen S. 27 mit Nr 82), wovon sonst nur die Deutschen wissen. Am nächsten rückt sie vor in den romanischen: die Verbindungen, in welchen beide Völker zu allen Zeiten gestanden und die Vermischungen, die schon früher statt gefunden haben, erklären hinlänglich diese große Übereinstimmung. Hat sich doch das umfangreiche, ursprünglich deutsche Thierepos nur in französischen Dichtungen erhalten, die es von den Franken geerbt haben. Die deutschen Märchen, glaube ich, besitzen nicht nur der nördliche und südliche Theil unseres Vaterlandes, sondern auch die nahverwandten Niederländer, Engländer und Skandinavier in völliger Gemeinsamkeit; die neusten Sammlungen gewähren davon Überzeugung. Es ändert nichts, wenn, wie auf hohen Gebürgen oder in versumpften Niederungen nicht alle Pflanzen fortkommen, hier und da eine kleinere oder größere Anzahl abgestorben ist, ebenso wenig, wenn dir verschiedene Natur des Landes </p> </div> </front> </text> </TEI> [LXX/0076]
und Besonderes entdecken. Findet man bei den Arabern einige mit deutschen verwandte Märchen, so läßt sich dies auf die Abstammung der Tausend und einen Nacht, wo sie vorkommen, aus indischer Quelle erklären, die Schlegel mit Recht behauptet hat. So gewis für jetzt die angegebene Grenze gilt, so ergibt sich vielleicht, wenn noch andere Quellen sich aufthun, die Nothwendigkeit einer Erweiterung, denn mit Erstaunen erblickt man in den paar Märchen, die von den Betschuanen einem Wandervolk in Südafrika bekannt geworden sind, einen nicht wegzuleugnenden Zusammenhang mit deutschen, während ihre eigenthümliche Auffassung sie weit von ihnen trennt. Dagegen in den nordamerikanischen habe ich wenigstens keine so bestimmte, ins Einzelne gehende Übereinstimmung gefunden. Einige Berührung zeigen tibetische Märchen, wie finnische: deutliche Verwandtschaft tritt hervor in den indischen und persischen, entschiedene in den slavischen: ein croatisches erzählt sogar von der Wanderung Gottes und des hl. Petrus (vergl. Vogls Großmütterchen S. 27 mit Nr 82), wovon sonst nur die Deutschen wissen. Am nächsten rückt sie vor in den romanischen: die Verbindungen, in welchen beide Völker zu allen Zeiten gestanden und die Vermischungen, die schon früher statt gefunden haben, erklären hinlänglich diese große Übereinstimmung. Hat sich doch das umfangreiche, ursprünglich deutsche Thierepos nur in französischen Dichtungen erhalten, die es von den Franken geerbt haben. Die deutschen Märchen, glaube ich, besitzen nicht nur der nördliche und südliche Theil unseres Vaterlandes, sondern auch die nahverwandten Niederländer, Engländer und Skandinavier in völliger Gemeinsamkeit; die neusten Sammlungen gewähren davon Überzeugung. Es ändert nichts, wenn, wie auf hohen Gebürgen oder in versumpften Niederungen nicht alle Pflanzen fortkommen, hier und da eine kleinere oder größere Anzahl abgestorben ist, ebenso wenig, wenn dir verschiedene Natur des Landes
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