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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

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fiel ihm die Großmutter wieder ein und es machte sich auf den Weg zu ihr. Es wunderte sich daß die Thüre aufstand, und wie es in die Stube trat, so kam es ihm so seltsam darin vor, daß es dachte 'ei, du mein Gott, wie ängstlich wird mirs heute zu Muth, und bin sonst so gerne bei der Großmutter!' Es rief 'guten Morgen,' bekam aber keine Antwort. Darauf gieng es zum Bett und zog die Vorhänge zurück: da lag die Großmutter, und hatte die Haube tief ins Gesicht gesetzt und sah so wunderlich aus. 'Ei, Großmutter, was hast du für große Ohren!' 'Daß ich dich besser hören kann.' 'Ei, Großmutter, was hast du für große Augen!' 'Daß ich dich besser sehen kann.' 'Ei, Großmutter, was hast du für große Hände!' 'Daß ich dich besser packen kann.' 'Aber, Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!' 'Daß ich dich besser fressen kann.' Kaum hatte der Wolf das gesagt, so that er einen Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rothkäppchen.

Wie der Wolf sein Gelüsten gestillt hatte, legte er sich wieder ins Bett, schlief ein und fieng an überlaut zu schnarchen. Der Jäger gieng eben an dem Haus vorbei und dachte 'wie die alte Frau schnarcht, du mußt doch sehen ob ihr etwas fehlt.' Da trat er in die Stube, und wie er vor das Bette kam, so sah er daß der Wolf darin lag. 'Finde ich dich hier, du alter Sünder,' sagte er, 'ich habe dich lange gesucht.' Nun wollte er seine Büchse anlegen, da fiel ihm ein der Wolf könnte die Großmutter gefressen haben, und sie wäre noch zu retten: schoß nicht, sondern nahm eine Scheere und fieng an dem schlafenden Wolf den Bauch aufzuschneiden. Wie er ein paar Schnitte gethan hatte, da sah er das rothe Käppchen leuchten, und noch ein paar Schnitte, da sprang das Mädchen heraus und rief 'ach, wie war ich erschrocken, wie wars so dunkel in dem Wolf seinem Leib!' Und dann kam die alte Großmutter auch noch lebendig heraus und konnte kaum athmen. Rothkäppchen aber holte geschwind große Steine, damit füllten sie

fiel ihm die Großmutter wieder ein und es machte sich auf den Weg zu ihr. Es wunderte sich daß die Thüre aufstand, und wie es in die Stube trat, so kam es ihm so seltsam darin vor, daß es dachte ‘ei, du mein Gott, wie ängstlich wird mirs heute zu Muth, und bin sonst so gerne bei der Großmutter!’ Es rief ‘guten Morgen,’ bekam aber keine Antwort. Darauf gieng es zum Bett und zog die Vorhänge zurück: da lag die Großmutter, und hatte die Haube tief ins Gesicht gesetzt und sah so wunderlich aus. ‘Ei, Großmutter, was hast du für große Ohren!’ ‘Daß ich dich besser hören kann.’ ‘Ei, Großmutter, was hast du für große Augen!’ ‘Daß ich dich besser sehen kann.’ ‘Ei, Großmutter, was hast du für große Hände!’ ‘Daß ich dich besser packen kann.’ ‘Aber, Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!’ ‘Daß ich dich besser fressen kann.’ Kaum hatte der Wolf das gesagt, so that er einen Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rothkäppchen.

Wie der Wolf sein Gelüsten gestillt hatte, legte er sich wieder ins Bett, schlief ein und fieng an überlaut zu schnarchen. Der Jäger gieng eben an dem Haus vorbei und dachte ‘wie die alte Frau schnarcht, du mußt doch sehen ob ihr etwas fehlt.’ Da trat er in die Stube, und wie er vor das Bette kam, so sah er daß der Wolf darin lag. ‘Finde ich dich hier, du alter Sünder,’ sagte er, ‘ich habe dich lange gesucht.’ Nun wollte er seine Büchse anlegen, da fiel ihm ein der Wolf könnte die Großmutter gefressen haben, und sie wäre noch zu retten: schoß nicht, sondern nahm eine Scheere und fieng an dem schlafenden Wolf den Bauch aufzuschneiden. Wie er ein paar Schnitte gethan hatte, da sah er das rothe Käppchen leuchten, und noch ein paar Schnitte, da sprang das Mädchen heraus und rief ‘ach, wie war ich erschrocken, wie wars so dunkel in dem Wolf seinem Leib!’ Und dann kam die alte Großmutter auch noch lebendig heraus und konnte kaum athmen. Rothkäppchen aber holte geschwind große Steine, damit füllten sie

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[142/0175] fiel ihm die Großmutter wieder ein und es machte sich auf den Weg zu ihr. Es wunderte sich daß die Thüre aufstand, und wie es in die Stube trat, so kam es ihm so seltsam darin vor, daß es dachte ‘ei, du mein Gott, wie ängstlich wird mirs heute zu Muth, und bin sonst so gerne bei der Großmutter!’ Es rief ‘guten Morgen,’ bekam aber keine Antwort. Darauf gieng es zum Bett und zog die Vorhänge zurück: da lag die Großmutter, und hatte die Haube tief ins Gesicht gesetzt und sah so wunderlich aus. ‘Ei, Großmutter, was hast du für große Ohren!’ ‘Daß ich dich besser hören kann.’ ‘Ei, Großmutter, was hast du für große Augen!’ ‘Daß ich dich besser sehen kann.’ ‘Ei, Großmutter, was hast du für große Hände!’ ‘Daß ich dich besser packen kann.’ ‘Aber, Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!’ ‘Daß ich dich besser fressen kann.’ Kaum hatte der Wolf das gesagt, so that er einen Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rothkäppchen. Wie der Wolf sein Gelüsten gestillt hatte, legte er sich wieder ins Bett, schlief ein und fieng an überlaut zu schnarchen. Der Jäger gieng eben an dem Haus vorbei und dachte ‘wie die alte Frau schnarcht, du mußt doch sehen ob ihr etwas fehlt.’ Da trat er in die Stube, und wie er vor das Bette kam, so sah er daß der Wolf darin lag. ‘Finde ich dich hier, du alter Sünder,’ sagte er, ‘ich habe dich lange gesucht.’ Nun wollte er seine Büchse anlegen, da fiel ihm ein der Wolf könnte die Großmutter gefressen haben, und sie wäre noch zu retten: schoß nicht, sondern nahm eine Scheere und fieng an dem schlafenden Wolf den Bauch aufzuschneiden. Wie er ein paar Schnitte gethan hatte, da sah er das rothe Käppchen leuchten, und noch ein paar Schnitte, da sprang das Mädchen heraus und rief ‘ach, wie war ich erschrocken, wie wars so dunkel in dem Wolf seinem Leib!’ Und dann kam die alte Großmutter auch noch lebendig heraus und konnte kaum athmen. Rothkäppchen aber holte geschwind große Steine, damit füllten sie

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/175>, abgerufen am 21.11.2024.