Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.mir es wieder abjagen. Jch lasse es fallen, und du bringst es den Eltern wieder zurück, die glauben dann du hättest es gerettet und sind viel zu dankbar als daß sie dir ein Leid anthun sollten: im Gegentheil, du kommst in völlige Gnade, und sie werden es dir an nichts mehr fehlen lassen.' Der Anschlag gefiel dem Hund, und wie er ausgedacht war, so ward er auch ausgeführt. Der Vater schrie als er den Wolf mit seinem Kinde durchs Feld laufen sah, als es aber der alte Sultan zurückbrachte, da war er froh, streichelte ihn und sagte 'dir soll kein Härchen gekrümmt werden, du sollst das Gnadenbrot essen, so lange du lebst.' Zu seiner Frau aber sprach er 'geh gleich heim und koche dem alten Sultan einen Weckbrei, den braucht er nicht zu beißen, und bring das Kopfkissen aus meinem Bette, das schenk ich ihm zu seinem Lager.' Von nun an hatte es der alte Sultan so gut, als er sichs nur wünschen konnte. Bald hernach besuchte ihn der Wolf, und freute sich daß alles so wohl gelungen war. 'Aber Gevatter,' sagte er, 'du wirst doch ein Auge zudrücken, wenn ich bei Gelegenheit deinem Herrn ein fettes Schaf weghole. Es wird einem heutzutage schwer sich durchzuschlagen.' 'Darauf rechne nicht,' antwortete der Hund, 'meinem Herrn bleibe ich treu, das darf ich nicht zugeben.' Der Wolf meinte das wäre nicht im Ernste gesprochen, kam in der Nacht herangeschlichen und wollte sich das Schaf holen. Aber der Bauer, dem der treue Sultan das Vorhaben des Wolfes verrathen hatte, paßte ihm auf und kämmte ihm mit dem Dreschflegel garstig die Haare. Der Wolf mußte ausreißen, schrie aber dem Hund zu 'wart, du schlechter Geselle, dafür sollst du büßen.' Am andern Morgen schickte der Wolf das Schwein, und ließ den Hund hinaus in den Wald fordern, da wollten sie ihre Sache ausmachen. Der alte Sultan konnte keinen Beistand finden als eine Katze, die nur drei Beine hatte, und als sie zusammen hinaus mir es wieder abjagen. Jch lasse es fallen, und du bringst es den Eltern wieder zurück, die glauben dann du hättest es gerettet und sind viel zu dankbar als daß sie dir ein Leid anthun sollten: im Gegentheil, du kommst in völlige Gnade, und sie werden es dir an nichts mehr fehlen lassen.’ Der Anschlag gefiel dem Hund, und wie er ausgedacht war, so ward er auch ausgeführt. Der Vater schrie als er den Wolf mit seinem Kinde durchs Feld laufen sah, als es aber der alte Sultan zurückbrachte, da war er froh, streichelte ihn und sagte ‘dir soll kein Härchen gekrümmt werden, du sollst das Gnadenbrot essen, so lange du lebst.’ Zu seiner Frau aber sprach er ‘geh gleich heim und koche dem alten Sultan einen Weckbrei, den braucht er nicht zu beißen, und bring das Kopfkissen aus meinem Bette, das schenk ich ihm zu seinem Lager.’ Von nun an hatte es der alte Sultan so gut, als er sichs nur wünschen konnte. Bald hernach besuchte ihn der Wolf, und freute sich daß alles so wohl gelungen war. ‘Aber Gevatter,’ sagte er, ‘du wirst doch ein Auge zudrücken, wenn ich bei Gelegenheit deinem Herrn ein fettes Schaf weghole. Es wird einem heutzutage schwer sich durchzuschlagen.’ ‘Darauf rechne nicht,’ antwortete der Hund, ‘meinem Herrn bleibe ich treu, das darf ich nicht zugeben.’ Der Wolf meinte das wäre nicht im Ernste gesprochen, kam in der Nacht herangeschlichen und wollte sich das Schaf holen. Aber der Bauer, dem der treue Sultan das Vorhaben des Wolfes verrathen hatte, paßte ihm auf und kämmte ihm mit dem Dreschflegel garstig die Haare. Der Wolf mußte ausreißen, schrie aber dem Hund zu ‘wart, du schlechter Geselle, dafür sollst du büßen.’ Am andern Morgen schickte der Wolf das Schwein, und ließ den Hund hinaus in den Wald fordern, da wollten sie ihre Sache ausmachen. Der alte Sultan konnte keinen Beistand finden als eine Katze, die nur drei Beine hatte, und als sie zusammen hinaus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0276" n="243"/> mir es wieder abjagen. Jch lasse es fallen, und du bringst es den Eltern wieder zurück, die glauben dann du hättest es gerettet und sind viel zu dankbar als daß sie dir ein Leid anthun sollten: im Gegentheil, du kommst in völlige Gnade, und sie werden es dir an nichts mehr fehlen lassen.’</p><lb/> <p>Der Anschlag gefiel dem Hund, und wie er ausgedacht war, so ward er auch ausgeführt. Der Vater schrie als er den Wolf mit seinem Kinde durchs Feld laufen sah, als es aber der alte Sultan zurückbrachte, da war er froh, streichelte ihn und sagte ‘dir soll kein Härchen gekrümmt werden, du sollst das Gnadenbrot essen, so lange du lebst.’ Zu seiner Frau aber sprach er ‘geh gleich heim und koche dem alten Sultan einen Weckbrei, den braucht er nicht zu beißen, und bring das Kopfkissen aus meinem Bette, das schenk ich ihm zu seinem Lager.’ Von nun an hatte es der alte Sultan so gut, als er sichs nur wünschen konnte. Bald hernach besuchte ihn der Wolf, und freute sich daß alles so wohl gelungen war. ‘Aber Gevatter,’ sagte er, ‘du wirst doch ein Auge zudrücken, wenn ich bei Gelegenheit deinem Herrn ein fettes Schaf weghole. Es wird einem heutzutage schwer sich durchzuschlagen.’ ‘Darauf rechne nicht,’ antwortete der Hund, ‘meinem Herrn bleibe ich treu, das darf ich nicht zugeben.’ Der Wolf meinte das wäre nicht im Ernste gesprochen, kam in der Nacht herangeschlichen und wollte sich das Schaf holen. Aber der Bauer, dem der treue Sultan das Vorhaben des Wolfes verrathen hatte, paßte ihm auf und kämmte ihm mit dem Dreschflegel garstig die Haare. Der Wolf mußte ausreißen, schrie aber dem Hund zu ‘wart, du schlechter Geselle, dafür sollst du büßen.’</p><lb/> <p>Am andern Morgen schickte der Wolf das Schwein, und ließ den Hund hinaus in den Wald fordern, da wollten sie ihre Sache ausmachen. Der alte Sultan konnte keinen Beistand finden als eine Katze, die nur drei Beine hatte, und als sie zusammen hinaus </p> </div> </body> </text> </TEI> [243/0276]
mir es wieder abjagen. Jch lasse es fallen, und du bringst es den Eltern wieder zurück, die glauben dann du hättest es gerettet und sind viel zu dankbar als daß sie dir ein Leid anthun sollten: im Gegentheil, du kommst in völlige Gnade, und sie werden es dir an nichts mehr fehlen lassen.’
Der Anschlag gefiel dem Hund, und wie er ausgedacht war, so ward er auch ausgeführt. Der Vater schrie als er den Wolf mit seinem Kinde durchs Feld laufen sah, als es aber der alte Sultan zurückbrachte, da war er froh, streichelte ihn und sagte ‘dir soll kein Härchen gekrümmt werden, du sollst das Gnadenbrot essen, so lange du lebst.’ Zu seiner Frau aber sprach er ‘geh gleich heim und koche dem alten Sultan einen Weckbrei, den braucht er nicht zu beißen, und bring das Kopfkissen aus meinem Bette, das schenk ich ihm zu seinem Lager.’ Von nun an hatte es der alte Sultan so gut, als er sichs nur wünschen konnte. Bald hernach besuchte ihn der Wolf, und freute sich daß alles so wohl gelungen war. ‘Aber Gevatter,’ sagte er, ‘du wirst doch ein Auge zudrücken, wenn ich bei Gelegenheit deinem Herrn ein fettes Schaf weghole. Es wird einem heutzutage schwer sich durchzuschlagen.’ ‘Darauf rechne nicht,’ antwortete der Hund, ‘meinem Herrn bleibe ich treu, das darf ich nicht zugeben.’ Der Wolf meinte das wäre nicht im Ernste gesprochen, kam in der Nacht herangeschlichen und wollte sich das Schaf holen. Aber der Bauer, dem der treue Sultan das Vorhaben des Wolfes verrathen hatte, paßte ihm auf und kämmte ihm mit dem Dreschflegel garstig die Haare. Der Wolf mußte ausreißen, schrie aber dem Hund zu ‘wart, du schlechter Geselle, dafür sollst du büßen.’
Am andern Morgen schickte der Wolf das Schwein, und ließ den Hund hinaus in den Wald fordern, da wollten sie ihre Sache ausmachen. Der alte Sultan konnte keinen Beistand finden als eine Katze, die nur drei Beine hatte, und als sie zusammen hinaus
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