Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.Über eine Zeit erhandelte er sich wieder eine Kuh, die schlachtete er, und machte die Rechnung, wenn er das Fleisch gut verkaufte, könnte er so viel lösen, als die beiden Kühe werth wären, und das Fell hätte er obendrein. Als er nun mit dem Fleisch zu der Stadt kam, war vor dem Thore ein ganzes Rudel Hunde zusammengelaufen, voran ein großer Windhund: der sprang um das Fleisch, schnupperte und bellte 'was, was, was, was.' Als er gar nicht aufhören wollte, sprach der Bauer zu ihm 'ja, ich merke wohl, du sagst 'was, was,' weil du etwas von dem Fleisch verlangst, da sollt ich aber schön ankommen, wenn ich dirs geben wollte.' Der Hund antwortete nichts als 'was, was.' 'Willst dus auch nicht wegfressen und für deine Kameraden da gut stehen?' 'Was, was' sprach der Hund. 'Nun, wenn du dabei beharrst, so will ich dirs lassen, ich kenne dich wohl und weiß bei wem du dienst: aber das sage ich dir, in drei Tagen muß ich mein Geld haben, sonst geht dirs schlimm: du kannst mirs nur hinausbringen.' Darauf lud er das Fleisch ab und kehrte wieder um: die Hunde machten sich darüber her und bellten laut 'was, was.' Der Bauer, der es von weitem hörte, sprach zu sich 'horch, jetzt verlangen sie alle was, aber der große muß mir einstehen.' Als drei Tage herum waren, dachte der Bauer 'heute Abend hast du dein Geld in der Tasche' und war ganz vergnügt. Aber es wollte niemand kommen und auszahlen. 'Es ist kein Verlaß mehr auf jemand,' sprach er, und endlich riß ihm die Geduld, daß er in die Stadt zu dem Fleischer gieng und sein Geld forderte. Der Fleischer meinte, es wäre ein Spaß, aber der Bauer sagte 'Spaß beiseite, ich will mein Geld: hat der große Hund euch nicht die ganze geschlachtete Kuh vor drei Tagen heim gebracht?' Da ward der Fleischer zornig, griff nach einem Besenstiel und jagte ihn hinaus. 'Wart,' sprach der Bauer, 'es gibt noch Gerechtigkeit auf der Welt!' und gieng in das königliche Schloß und Über eine Zeit erhandelte er sich wieder eine Kuh, die schlachtete er, und machte die Rechnung, wenn er das Fleisch gut verkaufte, könnte er so viel lösen, als die beiden Kühe werth wären, und das Fell hätte er obendrein. Als er nun mit dem Fleisch zu der Stadt kam, war vor dem Thore ein ganzes Rudel Hunde zusammengelaufen, voran ein großer Windhund: der sprang um das Fleisch, schnupperte und bellte ‘was, was, was, was.’ Als er gar nicht aufhören wollte, sprach der Bauer zu ihm ‘ja, ich merke wohl, du sagst ‘was, was,’ weil du etwas von dem Fleisch verlangst, da sollt ich aber schön ankommen, wenn ich dirs geben wollte.’ Der Hund antwortete nichts als ‘was, was.’ ‘Willst dus auch nicht wegfressen und für deine Kameraden da gut stehen?’ ‘Was, was’ sprach der Hund. ‘Nun, wenn du dabei beharrst, so will ich dirs lassen, ich kenne dich wohl und weiß bei wem du dienst: aber das sage ich dir, in drei Tagen muß ich mein Geld haben, sonst geht dirs schlimm: du kannst mirs nur hinausbringen.’ Darauf lud er das Fleisch ab und kehrte wieder um: die Hunde machten sich darüber her und bellten laut ‘was, was.’ Der Bauer, der es von weitem hörte, sprach zu sich ‘horch, jetzt verlangen sie alle was, aber der große muß mir einstehen.’ Als drei Tage herum waren, dachte der Bauer ‘heute Abend hast du dein Geld in der Tasche’ und war ganz vergnügt. Aber es wollte niemand kommen und auszahlen. ‘Es ist kein Verlaß mehr auf jemand,’ sprach er, und endlich riß ihm die Geduld, daß er in die Stadt zu dem Fleischer gieng und sein Geld forderte. Der Fleischer meinte, es wäre ein Spaß, aber der Bauer sagte ‘Spaß beiseite, ich will mein Geld: hat der große Hund euch nicht die ganze geschlachtete Kuh vor drei Tagen heim gebracht?’ Da ward der Fleischer zornig, griff nach einem Besenstiel und jagte ihn hinaus. ‘Wart,’ sprach der Bauer, ‘es gibt noch Gerechtigkeit auf der Welt!’ und gieng in das königliche Schloß und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0073" n="40"/> Über eine Zeit erhandelte er sich wieder eine Kuh, die schlachtete er, und machte die Rechnung, wenn er das Fleisch gut verkaufte, könnte er so viel lösen, als die beiden Kühe werth wären, und das Fell hätte er obendrein. Als er nun mit dem Fleisch zu der Stadt kam, war vor dem Thore ein ganzes Rudel Hunde zusammengelaufen, voran ein großer Windhund: der sprang um das Fleisch, schnupperte und bellte ‘was, was, was, was.’ Als er gar nicht aufhören wollte, sprach der Bauer zu ihm ‘ja, ich merke wohl, du sagst ‘was, was,’ weil du etwas von dem Fleisch verlangst, da sollt ich aber schön ankommen, wenn ich dirs geben wollte.’ Der Hund antwortete nichts als ‘was, was.’ ‘Willst dus auch nicht wegfressen und für deine Kameraden da gut stehen?’ ‘Was, was’ sprach der Hund. ‘Nun, wenn du dabei beharrst, so will ich dirs lassen, ich kenne dich wohl und weiß bei wem du dienst: aber das sage ich dir, in drei Tagen muß ich mein Geld haben, sonst geht dirs schlimm: du kannst mirs nur hinausbringen.’ Darauf lud er das Fleisch ab und kehrte wieder um: die Hunde machten sich darüber her und bellten laut ‘was, was.’ Der Bauer, der es von weitem hörte, sprach zu sich ‘horch, jetzt verlangen sie alle was, aber der große muß mir einstehen.’</p><lb/> <p>Als drei Tage herum waren, dachte der Bauer ‘heute Abend hast du dein Geld in der Tasche’ und war ganz vergnügt. Aber es wollte niemand kommen und auszahlen. ‘Es ist kein Verlaß mehr auf jemand,’ sprach er, und endlich riß ihm die Geduld, daß er in die Stadt zu dem Fleischer gieng und sein Geld forderte. Der Fleischer meinte, es wäre ein Spaß, aber der Bauer sagte ‘Spaß beiseite, ich will mein Geld: hat der große Hund euch nicht die ganze geschlachtete Kuh vor drei Tagen heim gebracht?’ Da ward der Fleischer zornig, griff nach einem Besenstiel und jagte ihn hinaus. ‘Wart,’ sprach der Bauer, ‘es gibt noch Gerechtigkeit auf der Welt!’ und gieng in das königliche Schloß und </p> </div> </body> </text> </TEI> [40/0073]
Über eine Zeit erhandelte er sich wieder eine Kuh, die schlachtete er, und machte die Rechnung, wenn er das Fleisch gut verkaufte, könnte er so viel lösen, als die beiden Kühe werth wären, und das Fell hätte er obendrein. Als er nun mit dem Fleisch zu der Stadt kam, war vor dem Thore ein ganzes Rudel Hunde zusammengelaufen, voran ein großer Windhund: der sprang um das Fleisch, schnupperte und bellte ‘was, was, was, was.’ Als er gar nicht aufhören wollte, sprach der Bauer zu ihm ‘ja, ich merke wohl, du sagst ‘was, was,’ weil du etwas von dem Fleisch verlangst, da sollt ich aber schön ankommen, wenn ich dirs geben wollte.’ Der Hund antwortete nichts als ‘was, was.’ ‘Willst dus auch nicht wegfressen und für deine Kameraden da gut stehen?’ ‘Was, was’ sprach der Hund. ‘Nun, wenn du dabei beharrst, so will ich dirs lassen, ich kenne dich wohl und weiß bei wem du dienst: aber das sage ich dir, in drei Tagen muß ich mein Geld haben, sonst geht dirs schlimm: du kannst mirs nur hinausbringen.’ Darauf lud er das Fleisch ab und kehrte wieder um: die Hunde machten sich darüber her und bellten laut ‘was, was.’ Der Bauer, der es von weitem hörte, sprach zu sich ‘horch, jetzt verlangen sie alle was, aber der große muß mir einstehen.’
Als drei Tage herum waren, dachte der Bauer ‘heute Abend hast du dein Geld in der Tasche’ und war ganz vergnügt. Aber es wollte niemand kommen und auszahlen. ‘Es ist kein Verlaß mehr auf jemand,’ sprach er, und endlich riß ihm die Geduld, daß er in die Stadt zu dem Fleischer gieng und sein Geld forderte. Der Fleischer meinte, es wäre ein Spaß, aber der Bauer sagte ‘Spaß beiseite, ich will mein Geld: hat der große Hund euch nicht die ganze geschlachtete Kuh vor drei Tagen heim gebracht?’ Da ward der Fleischer zornig, griff nach einem Besenstiel und jagte ihn hinaus. ‘Wart,’ sprach der Bauer, ‘es gibt noch Gerechtigkeit auf der Welt!’ und gieng in das königliche Schloß und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google Books (University of Oxford, Taylor Institution Library): Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-03T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |