brachte noch ein siebentes, das war für den armen Müllersbursch, aus der Kutsche aber stieg eine prächtige Prinzessin, und ging in die Mühle hin- ein und die Prinzessin war das kleine bunte Kätz- chen, dem der arme Hans sieben Jahr gedient hatte. Sie fragte den Müller, wo der dritte Mahlbursch, der Kleinknecht, wäre? Da sagte der Müller: "den können wir nicht in die Mühle nehmen, der ist so verrissen und liegt im Gänse- stall." Da sagte die Prinzessin, sie sollten ihn gleich holen. Also holten sie ihn heraus, und er mußte sein Kittelchen zusammenpacken, um sich zu bedecken, da schnallte der Bediente prächtige Kleider aus, und mußte ihn waschen und anzie- hen und wie er fertig war, konnte kein König schö- ner aussehen. Darnach wollte die Prinzessin die Pferde sehen, welche die andern Mahlburschen mitgebracht hatten, eins war blind, das andere lahm. Da ließ sie den Bedienten das siebente Pferd bringen; wie der Müller das sah, sprach er, so eins wär' ihm noch nicht auf den Hof ge- kommen; "und das ist für den dritten Mahlbursch" sagte die Prinzessin. "Da muß er die Mühle haben" sagte der Müller; die Prinzessin aber sprach, da wär' sein Pferd, er solle die Mühle auch behalten; und nimmt ihren treuen Hans und setzt ihn in die Kutsche und fährt mit ihm fort. Sie fahren erst nach dem kleinen Häus- chen, das er mit dem silbernen Werkzeug gebaut
brachte noch ein ſiebentes, das war fuͤr den armen Muͤllersburſch, aus der Kutſche aber ſtieg eine praͤchtige Prinzeſſin, und ging in die Muͤhle hin- ein und die Prinzeſſin war das kleine bunte Kaͤtz- chen, dem der arme Hans ſieben Jahr gedient hatte. Sie fragte den Muͤller, wo der dritte Mahlburſch, der Kleinknecht, waͤre? Da ſagte der Muͤller: „den koͤnnen wir nicht in die Muͤhle nehmen, der iſt ſo verriſſen und liegt im Gaͤnſe- ſtall.“ Da ſagte die Prinzeſſin, ſie ſollten ihn gleich holen. Alſo holten ſie ihn heraus, und er mußte ſein Kittelchen zuſammenpacken, um ſich zu bedecken, da ſchnallte der Bediente praͤchtige Kleider aus, und mußte ihn waſchen und anzie- hen und wie er fertig war, konnte kein Koͤnig ſchoͤ- ner ausſehen. Darnach wollte die Prinzeſſin die Pferde ſehen, welche die andern Mahlburſchen mitgebracht hatten, eins war blind, das andere lahm. Da ließ ſie den Bedienten das ſiebente Pferd bringen; wie der Muͤller das ſah, ſprach er, ſo eins waͤr’ ihm noch nicht auf den Hof ge- kommen; „und das iſt fuͤr den dritten Mahlburſch“ ſagte die Prinzeſſin. „Da muß er die Muͤhle haben“ ſagte der Muͤller; die Prinzeſſin aber ſprach, da waͤr’ ſein Pferd, er ſolle die Muͤhle auch behalten; und nimmt ihren treuen Hans und ſetzt ihn in die Kutſche und faͤhrt mit ihm fort. Sie fahren erſt nach dem kleinen Haͤus- chen, das er mit dem ſilbernen Werkzeug gebaut
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0140"n="119"/>
brachte noch ein ſiebentes, das war fuͤr den armen<lb/>
Muͤllersburſch, aus der Kutſche aber ſtieg eine<lb/>
praͤchtige Prinzeſſin, und ging in die Muͤhle hin-<lb/>
ein und die Prinzeſſin war das kleine bunte Kaͤtz-<lb/>
chen, dem der arme Hans ſieben Jahr gedient<lb/>
hatte. Sie fragte den Muͤller, wo der dritte<lb/>
Mahlburſch, der Kleinknecht, waͤre? Da ſagte<lb/>
der Muͤller: „den koͤnnen wir nicht in die Muͤhle<lb/>
nehmen, der iſt ſo verriſſen und liegt im Gaͤnſe-<lb/>ſtall.“ Da ſagte die Prinzeſſin, ſie ſollten ihn<lb/>
gleich holen. Alſo holten ſie ihn heraus, und er<lb/>
mußte ſein Kittelchen zuſammenpacken, um ſich<lb/>
zu bedecken, da ſchnallte der Bediente praͤchtige<lb/>
Kleider aus, und mußte ihn waſchen und anzie-<lb/>
hen und wie er fertig war, konnte kein Koͤnig ſchoͤ-<lb/>
ner ausſehen. Darnach wollte die Prinzeſſin die<lb/>
Pferde ſehen, welche die andern Mahlburſchen<lb/>
mitgebracht hatten, eins war blind, das andere<lb/>
lahm. Da ließ ſie den Bedienten das ſiebente<lb/>
Pferd bringen; wie der Muͤller das ſah, ſprach<lb/>
er, ſo eins waͤr’ ihm noch nicht auf den Hof ge-<lb/>
kommen; „und das iſt fuͤr den dritten Mahlburſch“<lb/>ſagte die Prinzeſſin. „Da muß er die Muͤhle<lb/>
haben“ſagte der Muͤller; die Prinzeſſin aber<lb/>ſprach, da waͤr’ſein Pferd, er ſolle die Muͤhle<lb/>
auch behalten; und nimmt ihren treuen Hans<lb/>
und ſetzt ihn in die Kutſche und faͤhrt mit ihm<lb/>
fort. Sie fahren erſt nach dem kleinen Haͤus-<lb/>
chen, das er mit dem ſilbernen Werkzeug gebaut<lb/></p></div></body></text></TEI>
[119/0140]
brachte noch ein ſiebentes, das war fuͤr den armen
Muͤllersburſch, aus der Kutſche aber ſtieg eine
praͤchtige Prinzeſſin, und ging in die Muͤhle hin-
ein und die Prinzeſſin war das kleine bunte Kaͤtz-
chen, dem der arme Hans ſieben Jahr gedient
hatte. Sie fragte den Muͤller, wo der dritte
Mahlburſch, der Kleinknecht, waͤre? Da ſagte
der Muͤller: „den koͤnnen wir nicht in die Muͤhle
nehmen, der iſt ſo verriſſen und liegt im Gaͤnſe-
ſtall.“ Da ſagte die Prinzeſſin, ſie ſollten ihn
gleich holen. Alſo holten ſie ihn heraus, und er
mußte ſein Kittelchen zuſammenpacken, um ſich
zu bedecken, da ſchnallte der Bediente praͤchtige
Kleider aus, und mußte ihn waſchen und anzie-
hen und wie er fertig war, konnte kein Koͤnig ſchoͤ-
ner ausſehen. Darnach wollte die Prinzeſſin die
Pferde ſehen, welche die andern Mahlburſchen
mitgebracht hatten, eins war blind, das andere
lahm. Da ließ ſie den Bedienten das ſiebente
Pferd bringen; wie der Muͤller das ſah, ſprach
er, ſo eins waͤr’ ihm noch nicht auf den Hof ge-
kommen; „und das iſt fuͤr den dritten Mahlburſch“
ſagte die Prinzeſſin. „Da muß er die Muͤhle
haben“ ſagte der Muͤller; die Prinzeſſin aber
ſprach, da waͤr’ ſein Pferd, er ſolle die Muͤhle
auch behalten; und nimmt ihren treuen Hans
und ſetzt ihn in die Kutſche und faͤhrt mit ihm
fort. Sie fahren erſt nach dem kleinen Haͤus-
chen, das er mit dem ſilbernen Werkzeug gebaut
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/140>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.