vatterin und erzählte es der, wenn sie's keinem Menschen wiedersagen wollte; eh' aber drei Tage vergingen, wußt' es die ganze Stadt und der Schneider kam vor das Gericht und er ward ge- richtet. Da brachte es doch die klare Sonne an den Tag.
30. Das blaue Licht.
Es war einmal ein König, der hatte einen Soldaten zum Diener, wie der ganz alt wurde und unbrauchbar, schickte er ihn fort und gab ihm nichts. Da wußte er nicht, womit er sein Leben fristen sollte, ging traurig fort den langen Tag und kam Abends in einen Wald. Wie er ein Weilchen gegangen war, sah er ein Licht, dem näherte er sich und kam zu einem kleinen Haus, darin wohnte eine alte Hexe. Er bat um ein Nachtlager und ein wenig Essen und Trinken, sie schlug's ihm aber ab, endlich sagte sie: "ich will dich doch aus Barmherzigkeit aufnehmen, du mußt mir aber morgen meinen ganzen Garten umgraben." Der Soldat versprach's und ward also beherbergt. Am andern Tag hackte er der Hexe den Garten um und hatte damit Arbeit bis zum Abend, nun wollte sie ihn wegschicken, er sprach aber: "ich bin so müd', laß mich noch die
vatterin und erzaͤhlte es der, wenn ſie’s keinem Menſchen wiederſagen wollte; eh’ aber drei Tage vergingen, wußt’ es die ganze Stadt und der Schneider kam vor das Gericht und er ward ge- richtet. Da brachte es doch die klare Sonne an den Tag.
30. Das blaue Licht.
Es war einmal ein Koͤnig, der hatte einen Soldaten zum Diener, wie der ganz alt wurde und unbrauchbar, ſchickte er ihn fort und gab ihm nichts. Da wußte er nicht, womit er ſein Leben friſten ſollte, ging traurig fort den langen Tag und kam Abends in einen Wald. Wie er ein Weilchen gegangen war, ſah er ein Licht, dem naͤherte er ſich und kam zu einem kleinen Haus, darin wohnte eine alte Hexe. Er bat um ein Nachtlager und ein wenig Eſſen und Trinken, ſie ſchlug’s ihm aber ab, endlich ſagte ſie: „ich will dich doch aus Barmherzigkeit aufnehmen, du mußt mir aber morgen meinen ganzen Garten umgraben.“ Der Soldat verſprach’s und ward alſo beherbergt. Am andern Tag hackte er der Hexe den Garten um und hatte damit Arbeit bis zum Abend, nun wollte ſie ihn wegſchicken, er ſprach aber: „ich bin ſo muͤd’, laß mich noch die
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vatterin und erzaͤhlte es der, wenn ſie’s keinem
Menſchen wiederſagen wollte; eh’ aber drei Tage
vergingen, wußt’ es die ganze Stadt und der
Schneider kam vor das Gericht und er ward ge-
richtet. Da brachte es doch die klare Sonne an
den Tag.
30.
Das blaue Licht.
Es war einmal ein Koͤnig, der hatte einen
Soldaten zum Diener, wie der ganz alt wurde
und unbrauchbar, ſchickte er ihn fort und gab ihm
nichts. Da wußte er nicht, womit er ſein Leben
friſten ſollte, ging traurig fort den langen Tag
und kam Abends in einen Wald. Wie er ein
Weilchen gegangen war, ſah er ein Licht, dem
naͤherte er ſich und kam zu einem kleinen Haus,
darin wohnte eine alte Hexe. Er bat um ein
Nachtlager und ein wenig Eſſen und Trinken, ſie
ſchlug’s ihm aber ab, endlich ſagte ſie: „ich will
dich doch aus Barmherzigkeit aufnehmen, du
mußt mir aber morgen meinen ganzen Garten
umgraben.“ Der Soldat verſprach’s und ward
alſo beherbergt. Am andern Tag hackte er der
Hexe den Garten um und hatte damit Arbeit bis
zum Abend, nun wollte ſie ihn wegſchicken, er
ſprach aber: „ich bin ſo muͤd’, laß mich noch die
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/188>, abgerufen am 22.12.2024.
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