ihnen keine Pension, hatten sie nichts zu leben und mußten betteln gehn. Da reisten sie durch einen großen Wald und konnten das Ende davon nicht finden; als es Abend war, legten sich zwei schlafen und der dritte mußte bei ihnen Wache halten, damit sie von den wilden Thieren nicht zerrissen würden. Wie die zwei nun eingeschlafen waren, und der eine dabei stand und Wache hielt, kam ein kleines Männchen in rothem Kleide und rief: wer da? "Gut Freund," sagte der Soldat. "Was für Gutfreund?" -- "Drei alte abge- dankte Soldaten, die nichts zu leben haben." Da sprach das Männchen, er sollte zu ihm kommen, es wollt' ihm was schenken, wenn er das in Acht nähme, sollte er sein Lebtag genug haben. Da ging er heran und es schenkte ihm einen alten Mantel, wenn er den umhängte, was er dann wünschte, das ward alles wahr, er sollt' es aber seinen Kammeraden nicht sagen, bis es Tag würde. Wie es nun Tag war und sie aufwachten, da er- zählte er ihnen was geschehen war und sie reisten weiter bis zum zweiten Abend, und als sie sich schlafen legten, mußte der zweite wachen und Po- sten bei ihnen stehen. Da kam das rothe Männ- chen und rief wer da? "Gutfreund." -- "Was für Gutfreund?" -- "Drei alte abgedankte Sol- daten." Da schenkte ihm das Männchen ein altes Beutelchen, das wurde nie leer von Geld, soviel auch herausgenommen wurde; er soll's aber auch
ihnen keine Penſion, hatten ſie nichts zu leben und mußten betteln gehn. Da reiſten ſie durch einen großen Wald und konnten das Ende davon nicht finden; als es Abend war, legten ſich zwei ſchlafen und der dritte mußte bei ihnen Wache halten, damit ſie von den wilden Thieren nicht zerriſſen wuͤrden. Wie die zwei nun eingeſchlafen waren, und der eine dabei ſtand und Wache hielt, kam ein kleines Maͤnnchen in rothem Kleide und rief: wer da? „Gut Freund,“ ſagte der Soldat. „Was fuͤr Gutfreund?“ — „Drei alte abge- dankte Soldaten, die nichts zu leben haben.“ Da ſprach das Maͤnnchen, er ſollte zu ihm kommen, es wollt’ ihm was ſchenken, wenn er das in Acht naͤhme, ſollte er ſein Lebtag genug haben. Da ging er heran und es ſchenkte ihm einen alten Mantel, wenn er den umhaͤngte, was er dann wuͤnſchte, das ward alles wahr, er ſollt’ es aber ſeinen Kammeraden nicht ſagen, bis es Tag wuͤrde. Wie es nun Tag war und ſie aufwachten, da er- zaͤhlte er ihnen was geſchehen war und ſie reiſten weiter bis zum zweiten Abend, und als ſie ſich ſchlafen legten, mußte der zweite wachen und Po- ſten bei ihnen ſtehen. Da kam das rothe Maͤnn- chen und rief wer da? „Gutfreund.“ — „Was fuͤr Gutfreund?“ — „Drei alte abgedankte Sol- daten.“ Da ſchenkte ihm das Maͤnnchen ein altes Beutelchen, das wurde nie leer von Geld, ſoviel auch herausgenommen wurde; er ſoll’s aber auch
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ihnen keine Penſion, hatten ſie nichts zu leben
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einen großen Wald und konnten das Ende davon
nicht finden; als es Abend war, legten ſich zwei
ſchlafen und der dritte mußte bei ihnen Wache
halten, damit ſie von den wilden Thieren nicht
zerriſſen wuͤrden. Wie die zwei nun eingeſchlafen
waren, und der eine dabei ſtand und Wache hielt,
kam ein kleines Maͤnnchen in rothem Kleide und
rief: wer da? „Gut Freund,“ ſagte der Soldat.
„Was fuͤr Gutfreund?“ — „Drei alte abge-
dankte Soldaten, die nichts zu leben haben.“ Da
ſprach das Maͤnnchen, er ſollte zu ihm kommen,
es wollt’ ihm was ſchenken, wenn er das in Acht
naͤhme, ſollte er ſein Lebtag genug haben. Da
ging er heran und es ſchenkte ihm einen alten
Mantel, wenn er den umhaͤngte, was er dann
wuͤnſchte, das ward alles wahr, er ſollt’ es aber
ſeinen Kammeraden nicht ſagen, bis es Tag wuͤrde.
Wie es nun Tag war und ſie aufwachten, da er-
zaͤhlte er ihnen was geſchehen war und ſie reiſten
weiter bis zum zweiten Abend, und als ſie ſich
ſchlafen legten, mußte der zweite wachen und Po-
ſten bei ihnen ſtehen. Da kam das rothe Maͤnn-
chen und rief wer da? „Gutfreund.“ — „Was
fuͤr Gutfreund?“ — „Drei alte abgedankte Sol-
daten.“ Da ſchenkte ihm das Maͤnnchen ein altes
Beutelchen, das wurde nie leer von Geld, ſoviel
auch herausgenommen wurde; er ſoll’s aber auch
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/207>, abgerufen am 22.12.2024.
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