"Ach Brüderchen im tiefen See! wie thut mir doch mein Herz so weh! der Koch der wetzt das Messer, will mir mein Herz durchstechen!"
Das Fischchen antwortete:
"Ach Schwesterchen in der Höh: wie thut mir doch mein Herz so weh in dieser tiefen See!"
Wie der Koch hörte, daß das Lämmchen sprechen konnte und so traurige Worte zu dem Fischchen hinabrief, erschrack er und dachte, es müßte kein natürliches Lämmchen seyn, sondern von der bösen Frau im Haus verwünscht. Da sprach er: "sey ruhig, ich will dich nicht schlachten," nahm ein anderes Thier und bereitete das für die Gäste und brachte das Lämmchen zu einer guten Bäuerin, der erzählte er alles, was er gesehen und gehört hatte. Die Bäuerin war aber gerade die Amme von dem Schwesterchen gewesen, vermuthete gleich, wer's seyn würde, und ging mit ihm zu einer weisen Frau. Da sprach die weise Frau einen Segen über das Lämmchen und Fischchen, wovon sie ihre menschliche Gestalt wieder bekamen und darnach führte sie sie beide in einen großen Wald in ein klein Häuschen, wo sie zufrieden und glücklich lebten.
„Ach Bruͤderchen im tiefen See! wie thut mir doch mein Herz ſo weh! der Koch der wetzt das Meſſer, will mir mein Herz durchſtechen!“
Das Fiſchchen antwortete:
„Ach Schweſterchen in der Hoͤh: wie thut mir doch mein Herz ſo weh in dieſer tiefen See!“
Wie der Koch hoͤrte, daß das Laͤmmchen ſprechen konnte und ſo traurige Worte zu dem Fiſchchen hinabrief, erſchrack er und dachte, es muͤßte kein natuͤrliches Laͤmmchen ſeyn, ſondern von der boͤſen Frau im Haus verwuͤnſcht. Da ſprach er: „ſey ruhig, ich will dich nicht ſchlachten,“ nahm ein anderes Thier und bereitete das fuͤr die Gaͤſte und brachte das Laͤmmchen zu einer guten Baͤuerin, der erzaͤhlte er alles, was er geſehen und gehoͤrt hatte. Die Baͤuerin war aber gerade die Amme von dem Schweſterchen geweſen, vermuthete gleich, wer’s ſeyn wuͤrde, und ging mit ihm zu einer weiſen Frau. Da ſprach die weiſe Frau einen Segen uͤber das Laͤmmchen und Fiſchchen, wovon ſie ihre menſchliche Geſtalt wieder bekamen und darnach fuͤhrte ſie ſie beide in einen großen Wald in ein klein Haͤuschen, wo ſie zufrieden und gluͤcklich lebten.
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„Ach Bruͤderchen im tiefen See!
wie thut mir doch mein Herz ſo weh!
der Koch der wetzt das Meſſer,
will mir mein Herz durchſtechen!“
Das Fiſchchen antwortete:
„Ach Schweſterchen in der Hoͤh:
wie thut mir doch mein Herz ſo weh
in dieſer tiefen See!“
Wie der Koch hoͤrte, daß das Laͤmmchen ſprechen
konnte und ſo traurige Worte zu dem Fiſchchen
hinabrief, erſchrack er und dachte, es muͤßte kein
natuͤrliches Laͤmmchen ſeyn, ſondern von der boͤſen
Frau im Haus verwuͤnſcht. Da ſprach er: „ſey
ruhig, ich will dich nicht ſchlachten,“ nahm ein
anderes Thier und bereitete das fuͤr die Gaͤſte und
brachte das Laͤmmchen zu einer guten Baͤuerin,
der erzaͤhlte er alles, was er geſehen und gehoͤrt
hatte. Die Baͤuerin war aber gerade die Amme
von dem Schweſterchen geweſen, vermuthete
gleich, wer’s ſeyn wuͤrde, und ging mit ihm zu
einer weiſen Frau. Da ſprach die weiſe Frau
einen Segen uͤber das Laͤmmchen und Fiſchchen,
wovon ſie ihre menſchliche Geſtalt wieder bekamen
und darnach fuͤhrte ſie ſie beide in einen großen
Wald in ein klein Haͤuschen, wo ſie zufrieden und
gluͤcklich lebten.
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/292>, abgerufen am 23.12.2024.
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