erst mehr Leute gefragt werden." -- "Mehr Leute hin, mehr Leute her, du mußt deinen ver- dienten Lohn haben, du kannst leicht denken, daß ich nicht aus Gnade da eingeschlossen war, son- dern aus Strafe: weißt du wohl, was ich für einen Namen habe?" -- "Nein, sagte der Stu- dent, das weiß ich nicht." Da sprach der Geist: "ich bin der großmächtige Merkurius, ich muß dir den Hals zerbrechen." "Nein das geht nicht, so wie du meinst, sagte der Student, du mußt einen andern Rath anfangen; ich muß auch sehen, ob du wieder in die Flasche hinein kommst, sonst glaub' ich nimmermehr, daß du herauskommen bist, wenn ich das aber sehe, will ich mich in deine Gefangenschaft geben." Da willigte der Geist ein und begab sich durch dasselbe Loch und durch den Hals der Flasche wieder hinein; wie er drin war, steckte der Student den abgezogenen Pfro- pfen wieder auf und der Geist war angeführt. Da bat der Geist, er möcht' ihn doch wieder er- lösen und herauslassen. "Nein, sagte der Stu- dent, der mir nach dem Leben strebte, den kann ich nicht wieder herauslassen und den will ich in Ewigkeit nicht wieder herauslassen." Da sprach der Geist: "ich will dir auch so viel geben, daß du dein Lebtag genug hast." "Du würdest mich doch betrügen, wie das erstemal, sagte der Stu- dent." "Nein, sagte der Geist, ich will dir nichts thun." Da ließ er sich bewegen und that
erſt mehr Leute gefragt werden.“ — „Mehr Leute hin, mehr Leute her, du mußt deinen ver- dienten Lohn haben, du kannſt leicht denken, daß ich nicht aus Gnade da eingeſchloſſen war, ſon- dern aus Strafe: weißt du wohl, was ich fuͤr einen Namen habe?“ — „Nein, ſagte der Stu- dent, das weiß ich nicht.“ Da ſprach der Geiſt: „ich bin der großmaͤchtige Merkurius, ich muß dir den Hals zerbrechen.“ „Nein das geht nicht, ſo wie du meinſt, ſagte der Student, du mußt einen andern Rath anfangen; ich muß auch ſehen, ob du wieder in die Flaſche hinein kommſt, ſonſt glaub’ ich nimmermehr, daß du herauskommen biſt, wenn ich das aber ſehe, will ich mich in deine Gefangenſchaft geben.“ Da willigte der Geiſt ein und begab ſich durch daſſelbe Loch und durch den Hals der Flaſche wieder hinein; wie er drin war, ſteckte der Student den abgezogenen Pfro- pfen wieder auf und der Geiſt war angefuͤhrt. Da bat der Geiſt, er moͤcht’ ihn doch wieder er- loͤſen und herauslaſſen. „Nein, ſagte der Stu- dent, der mir nach dem Leben ſtrebte, den kann ich nicht wieder herauslaſſen und den will ich in Ewigkeit nicht wieder herauslaſſen.“ Da ſprach der Geiſt: „ich will dir auch ſo viel geben, daß du dein Lebtag genug haſt.“ „Du wuͤrdeſt mich doch betruͤgen, wie das erſtemal, ſagte der Stu- dent.“ „Nein, ſagte der Geiſt, ich will dir nichts thun.“ Da ließ er ſich bewegen und that
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erſt mehr Leute gefragt werden.“ — „Mehr
Leute hin, mehr Leute her, du mußt deinen ver-
dienten Lohn haben, du kannſt leicht denken, daß
ich nicht aus Gnade da eingeſchloſſen war, ſon-
dern aus Strafe: weißt du wohl, was ich fuͤr
einen Namen habe?“ — „Nein, ſagte der Stu-
dent, das weiß ich nicht.“ Da ſprach der Geiſt:
„ich bin der großmaͤchtige Merkurius, ich muß
dir den Hals zerbrechen.“ „Nein das geht nicht,
ſo wie du meinſt, ſagte der Student, du mußt
einen andern Rath anfangen; ich muß auch ſehen,
ob du wieder in die Flaſche hinein kommſt, ſonſt
glaub’ ich nimmermehr, daß du herauskommen
biſt, wenn ich das aber ſehe, will ich mich in deine
Gefangenſchaft geben.“ Da willigte der Geiſt
ein und begab ſich durch daſſelbe Loch und durch
den Hals der Flaſche wieder hinein; wie er drin
war, ſteckte der Student den abgezogenen Pfro-
pfen wieder auf und der Geiſt war angefuͤhrt.
Da bat der Geiſt, er moͤcht’ ihn doch wieder er-
loͤſen und herauslaſſen. „Nein, ſagte der Stu-
dent, der mir nach dem Leben ſtrebte, den kann
ich nicht wieder herauslaſſen und den will ich in
Ewigkeit nicht wieder herauslaſſen.“ Da ſprach
der Geiſt: „ich will dir auch ſo viel geben, daß
du dein Lebtag genug haſt.“ „Du wuͤrdeſt mich
doch betruͤgen, wie das erſtemal, ſagte der Stu-
dent.“ „Nein, ſagte der Geiſt, ich will dir
nichts thun.“ Da ließ er ſich bewegen und that
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/91>, abgerufen am 22.12.2024.
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