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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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104.
Die treuen Thiere.

Es war einmal ein Mann, der hatte gar nicht viel Geld, und mit dem wenigen das ihm übrig blieb, zog er in die weite Welt. Da kam er in ein Dorf, wo die Jungen zusammen liefen, schrien und lärmten. "Was habt ihr vor, ihr Jungen?" fragte der Mann. "Ei, antworteten sie, da haben wir eine Maus, die muß uns tanzen, seht einmal, was das für ein Spaß ist! wie die herumtrippelt!" Den Mann aber dauerte das arme Thierchen und er sprach: "laßt die Maus laufen, ihr Jungen, ich will euch auch Geld geben." Da gab er ihnen Geld und sie ließen die Maus gehen, die lief, was sie konnte, in ein Loch hinein. Der Mann ging fort und kam in ein anderes Dorf, da hatten die Jungen einen Affen, der mußte tanzen und Purzelbäume machen, und sie lachten darüber und ließen dem Thier keine Ruh. Da gab ihnen der Mann auch Geld, damit sie den Affen losließen. Darnach kam der Mann in ein drittes Dorf, da hatten die Jungen einen Bären und ließen ihn tanzen, und wenn er dazu brummte, war's ihnen eben recht. Da kaufte ihn der Mann auch los, und der Bär war froh, daß er wieder auf seine vier Beine kam und trabte fort.

Der Mann aber hatte nun sein Bischen übriges Geld ausgegeben und keinen rothen Heller mehr in der Tasche. Da sprach er zu sich selber: "der König hat so viel in seiner Schatzkammer, was er nicht braucht, Hungers kannst du nicht sterben, du willst

104.
Die treuen Thiere.

Es war einmal ein Mann, der hatte gar nicht viel Geld, und mit dem wenigen das ihm uͤbrig blieb, zog er in die weite Welt. Da kam er in ein Dorf, wo die Jungen zusammen liefen, schrien und laͤrmten. „Was habt ihr vor, ihr Jungen?“ fragte der Mann. „Ei, antworteten sie, da haben wir eine Maus, die muß uns tanzen, seht einmal, was das fuͤr ein Spaß ist! wie die herumtrippelt!“ Den Mann aber dauerte das arme Thierchen und er sprach: „laßt die Maus laufen, ihr Jungen, ich will euch auch Geld geben.“ Da gab er ihnen Geld und sie ließen die Maus gehen, die lief, was sie konnte, in ein Loch hinein. Der Mann ging fort und kam in ein anderes Dorf, da hatten die Jungen einen Affen, der mußte tanzen und Purzelbaͤume machen, und sie lachten daruͤber und ließen dem Thier keine Ruh. Da gab ihnen der Mann auch Geld, damit sie den Affen losließen. Darnach kam der Mann in ein drittes Dorf, da hatten die Jungen einen Baͤren und ließen ihn tanzen, und wenn er dazu brummte, war’s ihnen eben recht. Da kaufte ihn der Mann auch los, und der Baͤr war froh, daß er wieder auf seine vier Beine kam und trabte fort.

Der Mann aber hatte nun sein Bischen uͤbriges Geld ausgegeben und keinen rothen Heller mehr in der Tasche. Da sprach er zu sich selber: „der Koͤnig hat so viel in seiner Schatzkammer, was er nicht braucht, Hungers kannst du nicht sterben, du willst

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[97/0175] 104. Die treuen Thiere. Es war einmal ein Mann, der hatte gar nicht viel Geld, und mit dem wenigen das ihm uͤbrig blieb, zog er in die weite Welt. Da kam er in ein Dorf, wo die Jungen zusammen liefen, schrien und laͤrmten. „Was habt ihr vor, ihr Jungen?“ fragte der Mann. „Ei, antworteten sie, da haben wir eine Maus, die muß uns tanzen, seht einmal, was das fuͤr ein Spaß ist! wie die herumtrippelt!“ Den Mann aber dauerte das arme Thierchen und er sprach: „laßt die Maus laufen, ihr Jungen, ich will euch auch Geld geben.“ Da gab er ihnen Geld und sie ließen die Maus gehen, die lief, was sie konnte, in ein Loch hinein. Der Mann ging fort und kam in ein anderes Dorf, da hatten die Jungen einen Affen, der mußte tanzen und Purzelbaͤume machen, und sie lachten daruͤber und ließen dem Thier keine Ruh. Da gab ihnen der Mann auch Geld, damit sie den Affen losließen. Darnach kam der Mann in ein drittes Dorf, da hatten die Jungen einen Baͤren und ließen ihn tanzen, und wenn er dazu brummte, war’s ihnen eben recht. Da kaufte ihn der Mann auch los, und der Baͤr war froh, daß er wieder auf seine vier Beine kam und trabte fort. Der Mann aber hatte nun sein Bischen uͤbriges Geld ausgegeben und keinen rothen Heller mehr in der Tasche. Da sprach er zu sich selber: „der Koͤnig hat so viel in seiner Schatzkammer, was er nicht braucht, Hungers kannst du nicht sterben, du willst

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/175>, abgerufen am 21.11.2024.