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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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ging er fröhlich in das Schloß, setzte sich in den großen Saal und wartete bis die Nacht kam. Es war still und ruhig bis Mitternacht, da fing der Lärm an, nicht blos durch die Thüren, aus allen Ecken und Winkeln kamen kleine Teufel herbei. Sie thaten als ob sie ihn nicht sähen, setzten sich mitten in die Stube, machten ein Feuer an und fingen an zu spielen. Wenn einer verlor, sprach er: "es ist nicht richtig, es ist einer da, der nicht zu uns gehört, der ist schuld, daß ich verliere!" "Wart ich komme, du hinter dem Ofen," sagte dann ein anderer. Das Schreien ward auch immer größer und so, daß es niemand ohne Schrecken hätte anhören können. Der Königssohn aber fürchtete sich nicht, doch endlich sprangen die Teufel auf und fielen über ihn her, und es waren so viel, daß er sich ihrer nicht erwehren konnte. Sie zerrten ihn auf die Erde und zwickten, drückten, schlugen und quälten ihn, aber er ertrugs ohne Furcht und gab keinen Laut von sich. Gegen Morgen verschwanden sie, und er war so abgemattet, daß er kaum seine Glieder regen konnte, als aber der Tag anbrach, da trat die schwarze Jungfrau zu ihm herein. Sie trug in ihrer Hand eine kleine Flasche, worin Wasser des Lebens war, damit wusch sie ihn und alsbald fühlt er alle Schmerzen verschwinden, war frisch und munter. Sie sprach zu ihm: "eine Nacht hast du glücklich ausgehalten, aber noch zwei stehen dir bevor;" da ging sie wieder weg, und im Weggehen bemerkte er, daß ihre Füße weiß geworden waren. Jn der folgenden Nacht kamen die Teufel wieder, fingen ihr Spiel an, fielen aber bald über den Königssohn her und schlugen ihn gewaltig, viel härter

ging er froͤhlich in das Schloß, setzte sich in den großen Saal und wartete bis die Nacht kam. Es war still und ruhig bis Mitternacht, da fing der Laͤrm an, nicht blos durch die Thuͤren, aus allen Ecken und Winkeln kamen kleine Teufel herbei. Sie thaten als ob sie ihn nicht saͤhen, setzten sich mitten in die Stube, machten ein Feuer an und fingen an zu spielen. Wenn einer verlor, sprach er: „es ist nicht richtig, es ist einer da, der nicht zu uns gehoͤrt, der ist schuld, daß ich verliere!“ „Wart ich komme, du hinter dem Ofen,“ sagte dann ein anderer. Das Schreien ward auch immer groͤßer und so, daß es niemand ohne Schrecken haͤtte anhoͤren koͤnnen. Der Koͤnigssohn aber fuͤrchtete sich nicht, doch endlich sprangen die Teufel auf und fielen uͤber ihn her, und es waren so viel, daß er sich ihrer nicht erwehren konnte. Sie zerrten ihn auf die Erde und zwickten, druͤckten, schlugen und quaͤlten ihn, aber er ertrugs ohne Furcht und gab keinen Laut von sich. Gegen Morgen verschwanden sie, und er war so abgemattet, daß er kaum seine Glieder regen konnte, als aber der Tag anbrach, da trat die schwarze Jungfrau zu ihm herein. Sie trug in ihrer Hand eine kleine Flasche, worin Wasser des Lebens war, damit wusch sie ihn und alsbald fuͤhlt er alle Schmerzen verschwinden, war frisch und munter. Sie sprach zu ihm: „eine Nacht hast du gluͤcklich ausgehalten, aber noch zwei stehen dir bevor;“ da ging sie wieder weg, und im Weggehen bemerkte er, daß ihre Fuͤße weiß geworden waren. Jn der folgenden Nacht kamen die Teufel wieder, fingen ihr Spiel an, fielen aber bald uͤber den Koͤnigssohn her und schlugen ihn gewaltig, viel haͤrter

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[170/0248] ging er froͤhlich in das Schloß, setzte sich in den großen Saal und wartete bis die Nacht kam. Es war still und ruhig bis Mitternacht, da fing der Laͤrm an, nicht blos durch die Thuͤren, aus allen Ecken und Winkeln kamen kleine Teufel herbei. Sie thaten als ob sie ihn nicht saͤhen, setzten sich mitten in die Stube, machten ein Feuer an und fingen an zu spielen. Wenn einer verlor, sprach er: „es ist nicht richtig, es ist einer da, der nicht zu uns gehoͤrt, der ist schuld, daß ich verliere!“ „Wart ich komme, du hinter dem Ofen,“ sagte dann ein anderer. Das Schreien ward auch immer groͤßer und so, daß es niemand ohne Schrecken haͤtte anhoͤren koͤnnen. Der Koͤnigssohn aber fuͤrchtete sich nicht, doch endlich sprangen die Teufel auf und fielen uͤber ihn her, und es waren so viel, daß er sich ihrer nicht erwehren konnte. Sie zerrten ihn auf die Erde und zwickten, druͤckten, schlugen und quaͤlten ihn, aber er ertrugs ohne Furcht und gab keinen Laut von sich. Gegen Morgen verschwanden sie, und er war so abgemattet, daß er kaum seine Glieder regen konnte, als aber der Tag anbrach, da trat die schwarze Jungfrau zu ihm herein. Sie trug in ihrer Hand eine kleine Flasche, worin Wasser des Lebens war, damit wusch sie ihn und alsbald fuͤhlt er alle Schmerzen verschwinden, war frisch und munter. Sie sprach zu ihm: „eine Nacht hast du gluͤcklich ausgehalten, aber noch zwei stehen dir bevor;“ da ging sie wieder weg, und im Weggehen bemerkte er, daß ihre Fuͤße weiß geworden waren. Jn der folgenden Nacht kamen die Teufel wieder, fingen ihr Spiel an, fielen aber bald uͤber den Koͤnigssohn her und schlugen ihn gewaltig, viel haͤrter

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/248>, abgerufen am 21.11.2024.