Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.Buße begannen. Der Einsiedler, nachdem er die drei Sünder bekehrt, legte sich wieder nieder. Am Morgen aber fand man ihn todt, und aus dem trocknen Holz, auf welchem sein Haupt lag, waren drei grüne Zweige hoch empor gewachsen. Also hatte ihn der Herr wieder in Gnaden zu sich aufgenommen. 7.
Mutter-Gottes-Gläschen. Es hatte einmal ein Fuhrmann seinen Karren, der schwer mit Wein beladen war, festgefahren, so daß er ihn troz aller Mühe nicht wieder losbringen konnte. Nun kam gerade die Mutter Gottes des Weges daher und als sie die Noth des armen Mannes sah, sprach sie zu ihm: "ich bin müd und voll Durst, gib mir ein Glas Wein, und ich will deinen Wagen dir frei machen." "Gerne, antwortete der Fuhrmann, aber ich habe kein Glas, worin ich dir den Wein geben könnte." Da brach die Mutter Gottes ein weißes Blümchen mit rothen Streifen, das Feldwinde heißt, ab, und das einem Glase sehr ähnlich sieht und reichte es dem Fuhrmann. Der füllte es mit Wein und die Mutter Gottes trank ihn und in dem Augenblick war der Wagen auch los. Das Blümchen heißt noch immer Mutter-Gottes-Gläschen. 8.
Das alte Mütterchen. Es war in einer großen Stadt ein altes Mütterchen, das saß Abends allein in seiner Kammer; es dachte so darüber nach, wie es Buße begannen. Der Einsiedler, nachdem er die drei Suͤnder bekehrt, legte sich wieder nieder. Am Morgen aber fand man ihn todt, und aus dem trocknen Holz, auf welchem sein Haupt lag, waren drei gruͤne Zweige hoch empor gewachsen. Also hatte ihn der Herr wieder in Gnaden zu sich aufgenommen. 7.
Mutter-Gottes-Glaͤschen. Es hatte einmal ein Fuhrmann seinen Karren, der schwer mit Wein beladen war, festgefahren, so daß er ihn troz aller Muͤhe nicht wieder losbringen konnte. Nun kam gerade die Mutter Gottes des Weges daher und als sie die Noth des armen Mannes sah, sprach sie zu ihm: „ich bin muͤd und voll Durst, gib mir ein Glas Wein, und ich will deinen Wagen dir frei machen.“ „Gerne, antwortete der Fuhrmann, aber ich habe kein Glas, worin ich dir den Wein geben koͤnnte.“ Da brach die Mutter Gottes ein weißes Bluͤmchen mit rothen Streifen, das Feldwinde heißt, ab, und das einem Glase sehr aͤhnlich sieht und reichte es dem Fuhrmann. Der fuͤllte es mit Wein und die Mutter Gottes trank ihn und in dem Augenblick war der Wagen auch los. Das Bluͤmchen heißt noch immer Mutter-Gottes-Glaͤschen. 8.
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Buße begannen. Der Einsiedler, nachdem er die drei Suͤnder bekehrt, legte sich wieder nieder. Am Morgen aber fand man ihn todt, und aus dem trocknen Holz, auf welchem sein Haupt lag, waren drei gruͤne Zweige hoch empor gewachsen. Also hatte ihn der Herr wieder in Gnaden zu sich aufgenommen.
7.
Mutter-Gottes-Glaͤschen.
Es hatte einmal ein Fuhrmann seinen Karren, der schwer mit Wein beladen war, festgefahren, so daß er ihn troz aller Muͤhe nicht wieder losbringen konnte. Nun kam gerade die Mutter Gottes des Weges daher und als sie die Noth des armen Mannes sah, sprach sie zu ihm: „ich bin muͤd und voll Durst, gib mir ein Glas Wein, und ich will deinen Wagen dir frei machen.“ „Gerne, antwortete der Fuhrmann, aber ich habe kein Glas, worin ich dir den Wein geben koͤnnte.“ Da brach die Mutter Gottes ein weißes Bluͤmchen mit rothen Streifen, das Feldwinde heißt, ab, und das einem Glase sehr aͤhnlich sieht und reichte es dem Fuhrmann. Der fuͤllte es mit Wein und die Mutter Gottes trank ihn und in dem Augenblick war der Wagen auch los. Das Bluͤmchen heißt noch immer Mutter-Gottes-Glaͤschen.
8.
Das alte Muͤtterchen.
Es war in einer großen Stadt ein altes Muͤtterchen, das saß Abends allein in seiner Kammer; es dachte so daruͤber nach, wie es
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/379>, abgerufen am 16.02.2025. |