Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.Schrankthüre zuzumachen, setzte sich zum Liebsten an Tisch, und sie sprachen mit einander. Wie es so vergnügt saß, und an kein Unglück dachte, kam die Katze hereingeschlichen, fand den Schrank offen, und nahm die Hand, das Herz und die Augen der drei Feldscherer, und lief damit hinaus. Als nun der Soldat gegessen hatte, und das Mädchen das Geräth aufheben und den Schrank zuschließen wollte, da sah es wohl daß der Teller, den ihr der Wirth aufzuheben gegeben hatte, ledig war. Da sagte es erschrocken zu seinem Schatz 'ach, was will ich armes Mädchen anfangen! Die Hand ist fort, das Herz und die Augen sind auch fort, wie wird mirs morgen früh ergehen!' Da sprach er 'sey still, ich will dir davon helfen, gib mir nur ein scharfes Messer; es hängt ein Dieb am Galgen, dem will ich die Hand abschneiden; Welche Hand wars denn?' 'Die rechte.' Da gab ihm das Mädchen ein scharfes Messer, und er gieng hin, schnitt dem armen Sünder die rechte Hand ab, und brachte sie. Darauf packte er die Katze, und stach ihr die Augen aus; nun fehlte nur noch das Herz. 'Habt ihr nicht geschlachtet, und Schweinefleisch im Keller?' 'Ja' sagte das Mädchen. 'Nun, das ist gut' sagte der Soldat, gieng hinunter, und holte ein Schweineherz und gabs dem Mädchen. Das that alles wieder auf den Teller, und stellte es in den Schrank, und als ihr Liebster darauf Abschied genommen hatte, legte es sich ruhig ins Bett. Morgens, als die Feldscherer aufstanden, sagten sie dem Mädchen, es sollte ihnen den Teller holen, darauf Hand, Herz und Augen lägen. Da brachte es ihn aus dem Schrank, und der erste Schrankthuͤre zuzumachen, setzte sich zum Liebsten an Tisch, und sie sprachen mit einander. Wie es so vergnuͤgt saß, und an kein Ungluͤck dachte, kam die Katze hereingeschlichen, fand den Schrank offen, und nahm die Hand, das Herz und die Augen der drei Feldscherer, und lief damit hinaus. Als nun der Soldat gegessen hatte, und das Maͤdchen das Geraͤth aufheben und den Schrank zuschließen wollte, da sah es wohl daß der Teller, den ihr der Wirth aufzuheben gegeben hatte, ledig war. Da sagte es erschrocken zu seinem Schatz ‘ach, was will ich armes Maͤdchen anfangen! Die Hand ist fort, das Herz und die Augen sind auch fort, wie wird mirs morgen fruͤh ergehen!’ Da sprach er ‘sey still, ich will dir davon helfen, gib mir nur ein scharfes Messer; es haͤngt ein Dieb am Galgen, dem will ich die Hand abschneiden; Welche Hand wars denn?’ ‘Die rechte.’ Da gab ihm das Maͤdchen ein scharfes Messer, und er gieng hin, schnitt dem armen Suͤnder die rechte Hand ab, und brachte sie. Darauf packte er die Katze, und stach ihr die Augen aus; nun fehlte nur noch das Herz. ‘Habt ihr nicht geschlachtet, und Schweinefleisch im Keller?’ ‘Ja’ sagte das Maͤdchen. ‘Nun, das ist gut’ sagte der Soldat, gieng hinunter, und holte ein Schweineherz und gabs dem Maͤdchen. Das that alles wieder auf den Teller, und stellte es in den Schrank, und als ihr Liebster darauf Abschied genommen hatte, legte es sich ruhig ins Bett. Morgens, als die Feldscherer aufstanden, sagten sie dem Maͤdchen, es sollte ihnen den Teller holen, darauf Hand, Herz und Augen laͤgen. Da brachte es ihn aus dem Schrank, und der erste <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0186" n="170"/> Schrankthuͤre zuzumachen, setzte sich zum Liebsten an Tisch, und sie sprachen mit einander. Wie es so vergnuͤgt saß, und an kein Ungluͤck dachte, kam die Katze hereingeschlichen, fand den Schrank offen, und nahm die Hand, das Herz und die Augen der drei Feldscherer, und lief damit hinaus. Als nun der Soldat gegessen hatte, und das Maͤdchen das Geraͤth aufheben und den Schrank zuschließen wollte, da sah es wohl daß der Teller, den ihr der Wirth aufzuheben gegeben hatte, ledig war. Da sagte es erschrocken zu seinem Schatz ‘ach, was will ich armes Maͤdchen anfangen! Die Hand ist fort, das Herz und die Augen sind auch fort, wie wird mirs morgen fruͤh ergehen!’ Da sprach er ‘sey still, ich will dir davon helfen, gib mir nur ein scharfes Messer; es haͤngt ein Dieb am Galgen, dem will ich die Hand abschneiden; Welche Hand wars denn?’ ‘Die rechte.’ Da gab ihm das Maͤdchen ein scharfes Messer, und er gieng hin, schnitt dem armen Suͤnder die rechte Hand ab, und brachte sie. Darauf packte er die Katze, und stach ihr die Augen aus; nun fehlte nur noch das Herz. ‘Habt ihr nicht geschlachtet, und Schweinefleisch im Keller?’ ‘Ja’ sagte das Maͤdchen. ‘Nun, das ist gut’ sagte der Soldat, gieng hinunter, und holte ein Schweineherz und gabs dem Maͤdchen. Das that alles wieder auf den Teller, und stellte es in den Schrank, und als ihr Liebster darauf Abschied genommen hatte, legte es sich ruhig ins Bett.</p><lb/> <p>Morgens, als die Feldscherer aufstanden, sagten sie dem Maͤdchen, es sollte ihnen den Teller holen, darauf Hand, Herz und Augen laͤgen. Da brachte es ihn aus dem Schrank, und der erste </p> </div> </body> </text> </TEI> [170/0186]
Schrankthuͤre zuzumachen, setzte sich zum Liebsten an Tisch, und sie sprachen mit einander. Wie es so vergnuͤgt saß, und an kein Ungluͤck dachte, kam die Katze hereingeschlichen, fand den Schrank offen, und nahm die Hand, das Herz und die Augen der drei Feldscherer, und lief damit hinaus. Als nun der Soldat gegessen hatte, und das Maͤdchen das Geraͤth aufheben und den Schrank zuschließen wollte, da sah es wohl daß der Teller, den ihr der Wirth aufzuheben gegeben hatte, ledig war. Da sagte es erschrocken zu seinem Schatz ‘ach, was will ich armes Maͤdchen anfangen! Die Hand ist fort, das Herz und die Augen sind auch fort, wie wird mirs morgen fruͤh ergehen!’ Da sprach er ‘sey still, ich will dir davon helfen, gib mir nur ein scharfes Messer; es haͤngt ein Dieb am Galgen, dem will ich die Hand abschneiden; Welche Hand wars denn?’ ‘Die rechte.’ Da gab ihm das Maͤdchen ein scharfes Messer, und er gieng hin, schnitt dem armen Suͤnder die rechte Hand ab, und brachte sie. Darauf packte er die Katze, und stach ihr die Augen aus; nun fehlte nur noch das Herz. ‘Habt ihr nicht geschlachtet, und Schweinefleisch im Keller?’ ‘Ja’ sagte das Maͤdchen. ‘Nun, das ist gut’ sagte der Soldat, gieng hinunter, und holte ein Schweineherz und gabs dem Maͤdchen. Das that alles wieder auf den Teller, und stellte es in den Schrank, und als ihr Liebster darauf Abschied genommen hatte, legte es sich ruhig ins Bett.
Morgens, als die Feldscherer aufstanden, sagten sie dem Maͤdchen, es sollte ihnen den Teller holen, darauf Hand, Herz und Augen laͤgen. Da brachte es ihn aus dem Schrank, und der erste
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |