Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.Klotz, du meinst wohl, deine Arme wären allein stark? ich kann alles wozu ich Lust habe.' Der Riese kam herab, sah den Königssohn ganz verwundert an, und sprach 'Menschenkind, wenns so mit dir beschaffen ist, so geh doch, und hol mir einen Apfel vom Baum des Lebens.' 'Was willst du damit?' sprach der Königssohn. 'Jch will den Apfel nicht für mich,' antwortete der Riese, 'aber meine Braut die verlangt danach; ich bin schon ausgewesen, aber ich kann den Baum nicht einmal finden.' 'Wenn ich mich erst aufmache,' sagte der Königssohn, 'will ich den Baum schon finden, und es sollte mir wunderlich vorkommen wenn ich den Apfel nicht herunterholte.' Der Riese sprach 'es ist nicht so leicht, wie du meinst; der Garten, worin der Baum steht, ist mit einem eisernen Gitter eingefaßt, und vor dem Gitter liegen wilde Thiere, eins an dem andern, die halten Wache, und lassen keinen Menschen hinein.' 'Mich werden sie schon einlassen,' sagte der Königssohn, 'ich fürchte mich vor nichts.' 'Ja, bist du auch in dem Garten, und siehst den Apfel am Baum hängen, so ist er doch noch nicht dein, es hängt ein Ring davor, durch den muß einer die Hand stecken, der den Apfel erreichen und abbrechen will, und das ist noch keinem geglückt.' 'O, das ist mir aufgehoben,' sprach der Königssohn, 'mir solls schon glücken.' Da nahm er Abschied von dem Riesen, gieng fort über Berg und Thal, durch Felder und Wälder, bis er endlich den Wundergarten fand. Die Thiere lagen rings herum, aber sie hatten die Köpfe gesenkt, und schliefen. Sie erwachten auch nicht, und er stieg über sie weg, und an dem Gitter hinan, und kam glücklich Klotz, du meinst wohl, deine Arme waͤren allein stark? ich kann alles wozu ich Lust habe.’ Der Riese kam herab, sah den Koͤnigssohn ganz verwundert an, und sprach ‘Menschenkind, wenns so mit dir beschaffen ist, so geh doch, und hol mir einen Apfel vom Baum des Lebens.’ ‘Was willst du damit?’ sprach der Koͤnigssohn. ‘Jch will den Apfel nicht fuͤr mich,’ antwortete der Riese, ‘aber meine Braut die verlangt danach; ich bin schon ausgewesen, aber ich kann den Baum nicht einmal finden.’ ‘Wenn ich mich erst aufmache,’ sagte der Koͤnigssohn, ‘will ich den Baum schon finden, und es sollte mir wunderlich vorkommen wenn ich den Apfel nicht herunterholte.’ Der Riese sprach ‘es ist nicht so leicht, wie du meinst; der Garten, worin der Baum steht, ist mit einem eisernen Gitter eingefaßt, und vor dem Gitter liegen wilde Thiere, eins an dem andern, die halten Wache, und lassen keinen Menschen hinein.’ ‘Mich werden sie schon einlassen,’ sagte der Koͤnigssohn, ‘ich fuͤrchte mich vor nichts.’ ‘Ja, bist du auch in dem Garten, und siehst den Apfel am Baum haͤngen, so ist er doch noch nicht dein, es haͤngt ein Ring davor, durch den muß einer die Hand stecken, der den Apfel erreichen und abbrechen will, und das ist noch keinem gegluͤckt.’ ‘O, das ist mir aufgehoben,’ sprach der Koͤnigssohn, ‘mir solls schon gluͤcken.’ Da nahm er Abschied von dem Riesen, gieng fort uͤber Berg und Thal, durch Felder und Waͤlder, bis er endlich den Wundergarten fand. Die Thiere lagen rings herum, aber sie hatten die Koͤpfe gesenkt, und schliefen. Sie erwachten auch nicht, und er stieg uͤber sie weg, und an dem Gitter hinan, und kam gluͤcklich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0198" n="182"/> Klotz, du meinst wohl, deine Arme waͤren allein stark? ich kann alles wozu ich Lust habe.’ Der Riese kam herab, sah den Koͤnigssohn ganz verwundert an, und sprach ‘Menschenkind, wenns so mit dir beschaffen ist, so geh doch, und hol mir einen Apfel vom Baum des Lebens.’ ‘Was willst du damit?’ sprach der Koͤnigssohn. ‘Jch will den Apfel nicht fuͤr mich,’ antwortete der Riese, ‘aber meine Braut die verlangt danach; ich bin schon ausgewesen, aber ich kann den Baum nicht einmal finden.’ ‘Wenn ich mich erst aufmache,’ sagte der Koͤnigssohn, ‘will ich den Baum schon finden, und es sollte mir wunderlich vorkommen wenn ich den Apfel nicht herunterholte.’ Der Riese sprach ‘es ist nicht so leicht, wie du meinst; der Garten, worin der Baum steht, ist mit einem eisernen Gitter eingefaßt, und vor dem Gitter liegen wilde Thiere, eins an dem andern, die halten Wache, und lassen keinen Menschen hinein.’ ‘Mich werden sie schon einlassen,’ sagte der Koͤnigssohn, ‘ich fuͤrchte mich vor nichts.’ ‘Ja, bist du auch in dem Garten, und siehst den Apfel am Baum haͤngen, so ist er doch noch nicht dein, es haͤngt ein Ring davor, durch den muß einer die Hand stecken, der den Apfel erreichen und abbrechen will, und das ist noch keinem gegluͤckt.’ ‘O, das ist mir aufgehoben,’ sprach der Koͤnigssohn, ‘mir solls schon gluͤcken.’</p><lb/> <p>Da nahm er Abschied von dem Riesen, gieng fort uͤber Berg und Thal, durch Felder und Waͤlder, bis er endlich den Wundergarten fand. 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Klotz, du meinst wohl, deine Arme waͤren allein stark? ich kann alles wozu ich Lust habe.’ Der Riese kam herab, sah den Koͤnigssohn ganz verwundert an, und sprach ‘Menschenkind, wenns so mit dir beschaffen ist, so geh doch, und hol mir einen Apfel vom Baum des Lebens.’ ‘Was willst du damit?’ sprach der Koͤnigssohn. ‘Jch will den Apfel nicht fuͤr mich,’ antwortete der Riese, ‘aber meine Braut die verlangt danach; ich bin schon ausgewesen, aber ich kann den Baum nicht einmal finden.’ ‘Wenn ich mich erst aufmache,’ sagte der Koͤnigssohn, ‘will ich den Baum schon finden, und es sollte mir wunderlich vorkommen wenn ich den Apfel nicht herunterholte.’ Der Riese sprach ‘es ist nicht so leicht, wie du meinst; der Garten, worin der Baum steht, ist mit einem eisernen Gitter eingefaßt, und vor dem Gitter liegen wilde Thiere, eins an dem andern, die halten Wache, und lassen keinen Menschen hinein.’ ‘Mich werden sie schon einlassen,’ sagte der Koͤnigssohn, ‘ich fuͤrchte mich vor nichts.’ ‘Ja, bist du auch in dem Garten, und siehst den Apfel am Baum haͤngen, so ist er doch noch nicht dein, es haͤngt ein Ring davor, durch den muß einer die Hand stecken, der den Apfel erreichen und abbrechen will, und das ist noch keinem gegluͤckt.’ ‘O, das ist mir aufgehoben,’ sprach der Koͤnigssohn, ‘mir solls schon gluͤcken.’
Da nahm er Abschied von dem Riesen, gieng fort uͤber Berg und Thal, durch Felder und Waͤlder, bis er endlich den Wundergarten fand. Die Thiere lagen rings herum, aber sie hatten die Koͤpfe gesenkt, und schliefen. Sie erwachten auch nicht, und er stieg uͤber sie weg, und an dem Gitter hinan, und kam gluͤcklich
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