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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.

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es heimlich fortschaffen, und dann selbst verschlucken, denn die Alte wollte es haben. Von nun an fand er kein Gold mehr unter seinem Kopfkissen, sondern es lag unter dem Kissen des Mädchens, wo es die Alte jeden Morgen holte; aber er war so verliebt und vernarrt, daß er an nichts anders dachte, als sich mit dem Mädchen die Zeit zu vertreiben.

Da sprach die alte Hexe 'das Vogelherz haben wir, aber den Wunschmantel müssen wir ihm auch abnehmen.' Antwortete das Mädchen 'den wollen wir ihm lassen, er hat ja doch seinen Reichthum verloren.' Da ward die Alte bös und sprach 'so ein Mantel ist ein wunderbares Ding, das selten auf der Welt gefunden wird, den soll und muß ich haben.' Und gab dem Mädchen Anschläge, und sagte wenn es ihr nicht gehorchte, sollte es ihr schlimm ergehen. Da that es nach dem Geheiß der Alten, und stellte sich einmal ans Fenster, und schaute in die weite Gegend, als wär es ganz traurig. Fragte der Jäger 'was stehst du so traurig da?' 'Ach, mein Schatz,' gab es zur Antwort, 'da gegenüber liegt der Granatenberg, wo die köstlichen Edelsteine wachsen. Danach trag ich so großes Verlangen, daß wenn ich daran denke, ich traurig seyn muß; aber wer kann sie holen! nur die Vögel, die fliegen können, kommen hin, ein Mensch nimmermehr.' 'Hast du weiter nichts zu klagen,' sagte der Jäger, 'den Kummer will ich euch bald vom Herzen nehmen.' Damit faßte er sie unter seinen Mantel, und wünschte sich hinüber auf den Granatenberg, und im Augenblick saßen sie auch beide drauf. Da schimmerte das edele Gestein von allen Seiten, daß es eine Freude war anzusehen,

es heimlich fortschaffen, und dann selbst verschlucken, denn die Alte wollte es haben. Von nun an fand er kein Gold mehr unter seinem Kopfkissen, sondern es lag unter dem Kissen des Maͤdchens, wo es die Alte jeden Morgen holte; aber er war so verliebt und vernarrt, daß er an nichts anders dachte, als sich mit dem Maͤdchen die Zeit zu vertreiben.

Da sprach die alte Hexe ‘das Vogelherz haben wir, aber den Wunschmantel muͤssen wir ihm auch abnehmen.’ Antwortete das Maͤdchen ‘den wollen wir ihm lassen, er hat ja doch seinen Reichthum verloren.’ Da ward die Alte boͤs und sprach ‘so ein Mantel ist ein wunderbares Ding, das selten auf der Welt gefunden wird, den soll und muß ich haben.’ Und gab dem Maͤdchen Anschlaͤge, und sagte wenn es ihr nicht gehorchte, sollte es ihr schlimm ergehen. Da that es nach dem Geheiß der Alten, und stellte sich einmal ans Fenster, und schaute in die weite Gegend, als waͤr es ganz traurig. Fragte der Jaͤger ‘was stehst du so traurig da?’ ‘Ach, mein Schatz,’ gab es zur Antwort, ‘da gegenuͤber liegt der Granatenberg, wo die koͤstlichen Edelsteine wachsen. Danach trag ich so großes Verlangen, daß wenn ich daran denke, ich traurig seyn muß; aber wer kann sie holen! nur die Voͤgel, die fliegen koͤnnen, kommen hin, ein Mensch nimmermehr.’ ‘Hast du weiter nichts zu klagen,’ sagte der Jaͤger, ‘den Kummer will ich euch bald vom Herzen nehmen.’ Damit faßte er sie unter seinen Mantel, und wuͤnschte sich hinuͤber auf den Granatenberg, und im Augenblick saßen sie auch beide drauf. Da schimmerte das edele Gestein von allen Seiten, daß es eine Freude war anzusehen,

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[192/0208] es heimlich fortschaffen, und dann selbst verschlucken, denn die Alte wollte es haben. Von nun an fand er kein Gold mehr unter seinem Kopfkissen, sondern es lag unter dem Kissen des Maͤdchens, wo es die Alte jeden Morgen holte; aber er war so verliebt und vernarrt, daß er an nichts anders dachte, als sich mit dem Maͤdchen die Zeit zu vertreiben. Da sprach die alte Hexe ‘das Vogelherz haben wir, aber den Wunschmantel muͤssen wir ihm auch abnehmen.’ Antwortete das Maͤdchen ‘den wollen wir ihm lassen, er hat ja doch seinen Reichthum verloren.’ Da ward die Alte boͤs und sprach ‘so ein Mantel ist ein wunderbares Ding, das selten auf der Welt gefunden wird, den soll und muß ich haben.’ Und gab dem Maͤdchen Anschlaͤge, und sagte wenn es ihr nicht gehorchte, sollte es ihr schlimm ergehen. Da that es nach dem Geheiß der Alten, und stellte sich einmal ans Fenster, und schaute in die weite Gegend, als waͤr es ganz traurig. Fragte der Jaͤger ‘was stehst du so traurig da?’ ‘Ach, mein Schatz,’ gab es zur Antwort, ‘da gegenuͤber liegt der Granatenberg, wo die koͤstlichen Edelsteine wachsen. Danach trag ich so großes Verlangen, daß wenn ich daran denke, ich traurig seyn muß; aber wer kann sie holen! nur die Voͤgel, die fliegen koͤnnen, kommen hin, ein Mensch nimmermehr.’ ‘Hast du weiter nichts zu klagen,’ sagte der Jaͤger, ‘den Kummer will ich euch bald vom Herzen nehmen.’ Damit faßte er sie unter seinen Mantel, und wuͤnschte sich hinuͤber auf den Granatenberg, und im Augenblick saßen sie auch beide drauf. Da schimmerte das edele Gestein von allen Seiten, daß es eine Freude war anzusehen,

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/208>, abgerufen am 21.11.2024.