Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
125.
Der Teufel und seine Großmutter.

Es war ein großer Krieg, und der König gab seinen Soldaten wenig Sold, so daß sie nicht davon leben konnten. Da thaten sich drei zusammen, und wollten ausreißen. Einer sprach zum andern 'wenn wir aber gekriegt werden, hängt man uns an den Galgenbaum; wie wollen wir das machen?' Sprach der andere 'da steht ein großes Kornfeld, wenn wir hineinkriechen, findet uns kein Mensch, das Heer kommt nicht hinein.' Da krochen sie hinein, und saßen zwei Tage und zwei Nächte im Korn, hatten aber so großen Hunger, daß sie beinah gestorben wären, denn sie durften nicht heraus. Da sprachen sie 'was hilft uns unser Ausreißen, wir müssen elendig im Korn sterben.' Jndem kam ein feuriger Drache über das Kornfeld durch die Luft geflogen, der sah sie liegen, und fragte 'was thut ihr drei da im Korn?' Sie antworteten 'wir sind drei ausgerissene Soldaten, wir konnten von unserem Sold nicht länger im Heer leben, nun müssen wir hier Hungers sterben, weil das Heer rund herum liegt, und wir nicht entrinnen können.' 'Wollt ihr mir sieben Jahre dienen,' sagte der Drache, 'so will ich euch mitten durchs Heer führen, daß euch niemand kriegen soll?' 'Wir haben keine Wahl, und sinds

125.
Der Teufel und seine Großmutter.

Es war ein großer Krieg, und der Koͤnig gab seinen Soldaten wenig Sold, so daß sie nicht davon leben konnten. Da thaten sich drei zusammen, und wollten ausreißen. Einer sprach zum andern ‘wenn wir aber gekriegt werden, haͤngt man uns an den Galgenbaum; wie wollen wir das machen?’ Sprach der andere ‘da steht ein großes Kornfeld, wenn wir hineinkriechen, findet uns kein Mensch, das Heer kommt nicht hinein.’ Da krochen sie hinein, und saßen zwei Tage und zwei Naͤchte im Korn, hatten aber so großen Hunger, daß sie beinah gestorben waͤren, denn sie durften nicht heraus. Da sprachen sie ‘was hilft uns unser Ausreißen, wir muͤssen elendig im Korn sterben.’ Jndem kam ein feuriger Drache uͤber das Kornfeld durch die Luft geflogen, der sah sie liegen, und fragte ‘was thut ihr drei da im Korn?’ Sie antworteten ‘wir sind drei ausgerissene Soldaten, wir konnten von unserem Sold nicht laͤnger im Heer leben, nun muͤssen wir hier Hungers sterben, weil das Heer rund herum liegt, und wir nicht entrinnen koͤnnen.’ ‘Wollt ihr mir sieben Jahre dienen,’ sagte der Drache, ‘so will ich euch mitten durchs Heer fuͤhren, daß euch niemand kriegen soll?’ ‘Wir haben keine Wahl, und sinds

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0221" n="205"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">125.<lb/>
Der Teufel und seine Großmutter.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s war ein großer Krieg, und der Ko&#x0364;nig gab seinen Soldaten wenig Sold, so daß sie nicht davon leben konnten. Da thaten sich drei zusammen, und wollten ausreißen. Einer sprach zum andern &#x2018;wenn wir aber gekriegt werden, ha&#x0364;ngt man uns an den Galgenbaum; wie wollen wir das machen?&#x2019; Sprach der andere &#x2018;da steht ein großes Kornfeld, wenn wir hineinkriechen, findet uns kein Mensch, das Heer kommt nicht hinein.&#x2019; Da krochen sie hinein, und saßen zwei Tage und zwei Na&#x0364;chte im Korn, hatten aber so großen Hunger, daß sie beinah gestorben wa&#x0364;ren, denn sie durften nicht heraus. Da sprachen sie &#x2018;was hilft uns unser Ausreißen, wir mu&#x0364;ssen elendig im Korn sterben.&#x2019; Jndem kam ein feuriger Drache u&#x0364;ber das Kornfeld durch die Luft geflogen, der sah sie liegen, und fragte &#x2018;was thut ihr drei da im Korn?&#x2019; Sie antworteten &#x2018;wir sind drei ausgerissene Soldaten, wir konnten von unserem Sold nicht la&#x0364;nger im Heer leben, nun mu&#x0364;ssen wir hier Hungers sterben, weil das Heer rund herum liegt, und wir nicht entrinnen ko&#x0364;nnen.&#x2019; &#x2018;Wollt ihr mir sieben Jahre dienen,&#x2019; sagte der Drache, &#x2018;so will ich euch mitten durchs Heer fu&#x0364;hren, daß euch niemand kriegen soll?&#x2019; &#x2018;Wir haben keine Wahl, und sinds
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0221] 125. Der Teufel und seine Großmutter. Es war ein großer Krieg, und der Koͤnig gab seinen Soldaten wenig Sold, so daß sie nicht davon leben konnten. Da thaten sich drei zusammen, und wollten ausreißen. Einer sprach zum andern ‘wenn wir aber gekriegt werden, haͤngt man uns an den Galgenbaum; wie wollen wir das machen?’ Sprach der andere ‘da steht ein großes Kornfeld, wenn wir hineinkriechen, findet uns kein Mensch, das Heer kommt nicht hinein.’ Da krochen sie hinein, und saßen zwei Tage und zwei Naͤchte im Korn, hatten aber so großen Hunger, daß sie beinah gestorben waͤren, denn sie durften nicht heraus. Da sprachen sie ‘was hilft uns unser Ausreißen, wir muͤssen elendig im Korn sterben.’ Jndem kam ein feuriger Drache uͤber das Kornfeld durch die Luft geflogen, der sah sie liegen, und fragte ‘was thut ihr drei da im Korn?’ Sie antworteten ‘wir sind drei ausgerissene Soldaten, wir konnten von unserem Sold nicht laͤnger im Heer leben, nun muͤssen wir hier Hungers sterben, weil das Heer rund herum liegt, und wir nicht entrinnen koͤnnen.’ ‘Wollt ihr mir sieben Jahre dienen,’ sagte der Drache, ‘so will ich euch mitten durchs Heer fuͤhren, daß euch niemand kriegen soll?’ ‘Wir haben keine Wahl, und sinds

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/221
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/221>, abgerufen am 24.11.2024.