Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.151. Die drei Faulen. Ein König hatte drei Söhne, die waren ihm alle gleich lieb, und er wußte nicht welchen er zum König nach seinem Tode bestimmen sollte. Als die Zeit kam, daß er sterben wollte, rief er sie vor sich, und sprach 'liebe Kinder, ich habe etwas bei mir bedacht, das will ich euch sagen: welcher von euch der Faulste ist, der soll nach mir König werden.' Da sprach der älteste 'Vater, so gehört das Reich mir, denn ich bin so faul, wenn ich liege und will schlafen, und es fällt mir ein Tropfen in die Augen, so mag ich sie nicht zuthun, damit ich einschlafe.' Der zweite sprach 'Vater, das Reich gehört mir, denn ich bin so faul, wenn ich beim Feuer sitze mich zu wärmen, so ließ ich mir eher die Fersen verbrennen, eh ich die Beine zurückzöge.' Der dritte sprach 'Vater, das Reich ist mein, denn ich bin so faul, sollt ich aufgehenkt werden, und hätte den Strick schon um den Hals, und einer gäbe mir ein scharf Messer in die Hand, damit ich den Strick zerschneiden dürfte, so ließ ich mich eher henken, eh ich meine Hand aufhübe zum Strick.' Wie der Vater das hörte, sprach er 'du sollst der König seyn.' 151. Die drei Faulen. Ein Koͤnig hatte drei Soͤhne, die waren ihm alle gleich lieb, und er wußte nicht welchen er zum Koͤnig nach seinem Tode bestimmen sollte. Als die Zeit kam, daß er sterben wollte, rief er sie vor sich, und sprach ‘liebe Kinder, ich habe etwas bei mir bedacht, das will ich euch sagen: welcher von euch der Faulste ist, der soll nach mir Koͤnig werden.’ Da sprach der aͤlteste ‘Vater, so gehoͤrt das Reich mir, denn ich bin so faul, wenn ich liege und will schlafen, und es faͤllt mir ein Tropfen in die Augen, so mag ich sie nicht zuthun, damit ich einschlafe.’ Der zweite sprach ‘Vater, das Reich gehoͤrt mir, denn ich bin so faul, wenn ich beim Feuer sitze mich zu waͤrmen, so ließ ich mir eher die Fersen verbrennen, eh ich die Beine zuruͤckzoͤge.’ Der dritte sprach ‘Vater, das Reich ist mein, denn ich bin so faul, sollt ich aufgehenkt werden, und haͤtte den Strick schon um den Hals, und einer gaͤbe mir ein scharf Messer in die Hand, damit ich den Strick zerschneiden duͤrfte, so ließ ich mich eher henken, eh ich meine Hand aufhuͤbe zum Strick.’ Wie der Vater das hoͤrte, sprach er ‘du sollst der Koͤnig seyn.’ <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0319" n="303"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">151.<lb/> Die drei Faulen.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>in Koͤnig hatte drei Soͤhne, die waren ihm alle gleich lieb, und er wußte nicht welchen er zum Koͤnig nach seinem Tode bestimmen sollte. Als die Zeit kam, daß er sterben wollte, rief er sie vor sich, und sprach ‘liebe Kinder, ich habe etwas bei mir bedacht, das will ich euch sagen: welcher von euch der Faulste ist, der soll nach mir Koͤnig werden.’ Da sprach der aͤlteste ‘Vater, so gehoͤrt das Reich mir, denn ich bin so faul, wenn ich liege und will schlafen, und es faͤllt mir ein Tropfen in die Augen, so mag ich sie nicht zuthun, damit ich einschlafe.’ Der zweite sprach ‘Vater, das Reich gehoͤrt mir, denn ich bin so faul, wenn ich beim Feuer sitze mich zu waͤrmen, so ließ ich mir eher die Fersen verbrennen, eh ich die Beine zuruͤckzoͤge.’ Der dritte sprach ‘Vater, das Reich ist mein, denn ich bin so faul, sollt ich aufgehenkt werden, und haͤtte den Strick schon um den Hals, und einer gaͤbe mir ein scharf Messer in die Hand, damit ich den Strick zerschneiden duͤrfte, so ließ ich mich eher henken, eh ich meine Hand aufhuͤbe zum Strick.’ Wie der Vater das hoͤrte, sprach er ‘du sollst der Koͤnig seyn.’</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [303/0319]
151.
Die drei Faulen.
Ein Koͤnig hatte drei Soͤhne, die waren ihm alle gleich lieb, und er wußte nicht welchen er zum Koͤnig nach seinem Tode bestimmen sollte. Als die Zeit kam, daß er sterben wollte, rief er sie vor sich, und sprach ‘liebe Kinder, ich habe etwas bei mir bedacht, das will ich euch sagen: welcher von euch der Faulste ist, der soll nach mir Koͤnig werden.’ Da sprach der aͤlteste ‘Vater, so gehoͤrt das Reich mir, denn ich bin so faul, wenn ich liege und will schlafen, und es faͤllt mir ein Tropfen in die Augen, so mag ich sie nicht zuthun, damit ich einschlafe.’ Der zweite sprach ‘Vater, das Reich gehoͤrt mir, denn ich bin so faul, wenn ich beim Feuer sitze mich zu waͤrmen, so ließ ich mir eher die Fersen verbrennen, eh ich die Beine zuruͤckzoͤge.’ Der dritte sprach ‘Vater, das Reich ist mein, denn ich bin so faul, sollt ich aufgehenkt werden, und haͤtte den Strick schon um den Hals, und einer gaͤbe mir ein scharf Messer in die Hand, damit ich den Strick zerschneiden duͤrfte, so ließ ich mich eher henken, eh ich meine Hand aufhuͤbe zum Strick.’ Wie der Vater das hoͤrte, sprach er ‘du sollst der Koͤnig seyn.’
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |