Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.sahen sie daß etwas wie eine große Heuschrecke nach dem Wasser zu hüpfte, als wollte es hinein springen. Sie liefen heran, und erkannten den Zwerg. 'Wo willst du hin?' sagte Rosenroth, 'du willst doch nicht ins Wasser?' 'Solch ein Narr bin ich nicht,' schrie der Zwerg, 'seht ihr nicht, der verwünschte Fisch will mich hinein ziehen?' Der Kleine hatte da gesessen und geangelt, und unglücklicher Weise hatte der Wind seinen Bart mit der Angelschnur verflochten: als gleich darauf ein großer Fisch anbiß, fehlten dem Zwerg die Kräfte ihn herauszuziehen, der Fisch behielt die Oberhand, und riß den Zwerg zu sich hin. Zwar hielt er sich an allen Halmen und Binsen, aber das half nicht viel, er mußte den Bewegungen des Fisches folgen, und war in beständiger Gefahr ins Wasser gezogen zu werden. Die Mädchen kamen zu rechter Zeit, hielten ihn fest, und versuchten den Bart von der Schnur loszumachen, aber vergebens, Bart und Schnur waren fest in einander verwirrt. Es blieb nichts übrig, als das Scheerchen hervor zu holen und den Bart abzuschneiden: dabei gieng ein kleiner Theil desselben verloren. Als der Zwerg das sah, schrie er sie an, 'ist das Manier, ihr Lorche, einem das Gesicht zu schänden! nicht genug, daß ihr mir den Bart unten abgestutzt habt, jetzt schneidet ihr mir den besten Theil davon ab: ich darf mich vor den Meinigen gar nicht sehen lassen. Daß ihr laufen müßtet und die Schuhsohlen verloren hättet!' Dann holte er einen Sack Perlen, der im Schilfe lag, und ohne ein Wort weiter zu sagen, schleppte er ihn fort, und verschwand hinter einem Stein. sahen sie daß etwas wie eine große Heuschrecke nach dem Wasser zu huͤpfte, als wollte es hinein springen. Sie liefen heran, und erkannten den Zwerg. ‘Wo willst du hin?’ sagte Rosenroth, ‘du willst doch nicht ins Wasser?’ ‘Solch ein Narr bin ich nicht,’ schrie der Zwerg, ‘seht ihr nicht, der verwuͤnschte Fisch will mich hinein ziehen?’ Der Kleine hatte da gesessen und geangelt, und ungluͤcklicher Weise hatte der Wind seinen Bart mit der Angelschnur verflochten: als gleich darauf ein großer Fisch anbiß, fehlten dem Zwerg die Kraͤfte ihn herauszuziehen, der Fisch behielt die Oberhand, und riß den Zwerg zu sich hin. Zwar hielt er sich an allen Halmen und Binsen, aber das half nicht viel, er mußte den Bewegungen des Fisches folgen, und war in bestaͤndiger Gefahr ins Wasser gezogen zu werden. Die Maͤdchen kamen zu rechter Zeit, hielten ihn fest, und versuchten den Bart von der Schnur loszumachen, aber vergebens, Bart und Schnur waren fest in einander verwirrt. Es blieb nichts uͤbrig, als das Scheerchen hervor zu holen und den Bart abzuschneiden: dabei gieng ein kleiner Theil desselben verloren. Als der Zwerg das sah, schrie er sie an, ‘ist das Manier, ihr Lorche, einem das Gesicht zu schaͤnden! nicht genug, daß ihr mir den Bart unten abgestutzt habt, jetzt schneidet ihr mir den besten Theil davon ab: ich darf mich vor den Meinigen gar nicht sehen lassen. Daß ihr laufen muͤßtet und die Schuhsohlen verloren haͤttet!’ Dann holte er einen Sack Perlen, der im Schilfe lag, und ohne ein Wort weiter zu sagen, schleppte er ihn fort, und verschwand hinter einem Stein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0342" n="326"/> sahen sie daß etwas wie eine große Heuschrecke nach dem Wasser zu huͤpfte, als wollte es hinein springen. Sie liefen heran, und erkannten den Zwerg. ‘Wo willst du hin?’ sagte Rosenroth, ‘du willst doch nicht ins Wasser?’ ‘Solch ein Narr bin ich nicht,’ schrie der Zwerg, ‘seht ihr nicht, der verwuͤnschte Fisch will mich hinein ziehen?’ Der Kleine hatte da gesessen und geangelt, und ungluͤcklicher Weise hatte der Wind seinen Bart mit der Angelschnur verflochten: als gleich darauf ein großer Fisch anbiß, fehlten dem Zwerg die Kraͤfte ihn herauszuziehen, der Fisch behielt die Oberhand, und riß den Zwerg zu sich hin. Zwar hielt er sich an allen Halmen und Binsen, aber das half nicht viel, er mußte den Bewegungen des Fisches folgen, und war in bestaͤndiger Gefahr ins Wasser gezogen zu werden. Die Maͤdchen kamen zu rechter Zeit, hielten ihn fest, und versuchten den Bart von der Schnur loszumachen, aber vergebens, Bart und Schnur waren fest in einander verwirrt. Es blieb nichts uͤbrig, als das Scheerchen hervor zu holen und den Bart abzuschneiden: dabei gieng ein kleiner Theil desselben verloren. Als der Zwerg das sah, schrie er sie an, ‘ist das Manier, ihr Lorche, einem das Gesicht zu schaͤnden! nicht genug, daß ihr mir den Bart unten abgestutzt habt, jetzt schneidet ihr mir den besten Theil davon ab: ich darf mich vor den Meinigen gar nicht sehen lassen. Daß ihr laufen muͤßtet und die Schuhsohlen verloren haͤttet!’ Dann holte er einen Sack Perlen, der im Schilfe lag, und ohne ein Wort weiter zu sagen, schleppte er ihn fort, und verschwand hinter einem Stein.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [326/0342]
sahen sie daß etwas wie eine große Heuschrecke nach dem Wasser zu huͤpfte, als wollte es hinein springen. Sie liefen heran, und erkannten den Zwerg. ‘Wo willst du hin?’ sagte Rosenroth, ‘du willst doch nicht ins Wasser?’ ‘Solch ein Narr bin ich nicht,’ schrie der Zwerg, ‘seht ihr nicht, der verwuͤnschte Fisch will mich hinein ziehen?’ Der Kleine hatte da gesessen und geangelt, und ungluͤcklicher Weise hatte der Wind seinen Bart mit der Angelschnur verflochten: als gleich darauf ein großer Fisch anbiß, fehlten dem Zwerg die Kraͤfte ihn herauszuziehen, der Fisch behielt die Oberhand, und riß den Zwerg zu sich hin. Zwar hielt er sich an allen Halmen und Binsen, aber das half nicht viel, er mußte den Bewegungen des Fisches folgen, und war in bestaͤndiger Gefahr ins Wasser gezogen zu werden. Die Maͤdchen kamen zu rechter Zeit, hielten ihn fest, und versuchten den Bart von der Schnur loszumachen, aber vergebens, Bart und Schnur waren fest in einander verwirrt. Es blieb nichts uͤbrig, als das Scheerchen hervor zu holen und den Bart abzuschneiden: dabei gieng ein kleiner Theil desselben verloren. Als der Zwerg das sah, schrie er sie an, ‘ist das Manier, ihr Lorche, einem das Gesicht zu schaͤnden! nicht genug, daß ihr mir den Bart unten abgestutzt habt, jetzt schneidet ihr mir den besten Theil davon ab: ich darf mich vor den Meinigen gar nicht sehen lassen. Daß ihr laufen muͤßtet und die Schuhsohlen verloren haͤttet!’ Dann holte er einen Sack Perlen, der im Schilfe lag, und ohne ein Wort weiter zu sagen, schleppte er ihn fort, und verschwand hinter einem Stein.
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/342>, abgerufen am 28.07.2024. |