Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.zukommen. Jch fragte ihn wo er meinen Bruder gelassen habe, und wie er zu diesem Hirsche gelangt sey, aus dessen großen Augen ich Thränen fließen sah. Anstatt mir zu antworten fieng er an laut aufzulachen. Jch gerieth darüber in höchsten Zorn, zog eine Pistole, und drückte die gegen das Ungeheuer ab, aber die Kugel prallte von seiner Brust zurück und fuhr in den Kopf meines Pferdes. Jch stürzte zur Erde, der Fremde aber murmelte einige Worte, die mir das Bewußtseyn raubten. Als ich wieder zur Besinnung kam fand ich mich in dieser unterirdischen Gruft in einem gläsernen Sarge. Der Schwarzkünstler erschien nochmals, sagte daß er meinen Bruder in einen Hirsch verwandelt, mein Schloß, mit allem Zubehör, verkleinert, in den andern Glaskasten eingeschlossen, und meine in Rauch verwandelten Leute in Glasflaschen gebannt habe. Wolle ich mich jetzt seinem Wunsche fügen, so sey ihm ein leichtes, alles wieder in den vorigen Stand zu setzen: er brauche nur die Gefäße zu öffnen, so werde alles wieder in die natürliche Gestalt zurückkehren. Jch antwortete ihm so wenig als das erste Mal. Er verschwand, und ließ mich in meinem Gefängnisse liegen, in welchem mich ein tiefer Schlaf befiel. Unter den Bildern, welche an meiner Seele vorübergiengen, war auch das tröstliche daß ein junger Mann kam und mich befreite, und als ich heute die Augen öffne, so erblicke ich dich und sehe meinen Traum erfüllt. Hilf mir vollbringen was in jenem Gesichte noch weiter geschah. Das erste ist daß wir den Glaskasten, in welchem mein Schloß sich befindet, auf jenen breiten Stein heben.' zukommen. Jch fragte ihn wo er meinen Bruder gelassen habe, und wie er zu diesem Hirsche gelangt sey, aus dessen großen Augen ich Thraͤnen fließen sah. Anstatt mir zu antworten fieng er an laut aufzulachen. Jch gerieth daruͤber in hoͤchsten Zorn, zog eine Pistole, und druͤckte die gegen das Ungeheuer ab, aber die Kugel prallte von seiner Brust zuruͤck und fuhr in den Kopf meines Pferdes. Jch stuͤrzte zur Erde, der Fremde aber murmelte einige Worte, die mir das Bewußtseyn raubten. Als ich wieder zur Besinnung kam fand ich mich in dieser unterirdischen Gruft in einem glaͤsernen Sarge. Der Schwarzkuͤnstler erschien nochmals, sagte daß er meinen Bruder in einen Hirsch verwandelt, mein Schloß, mit allem Zubehoͤr, verkleinert, in den andern Glaskasten eingeschlossen, und meine in Rauch verwandelten Leute in Glasflaschen gebannt habe. Wolle ich mich jetzt seinem Wunsche fuͤgen, so sey ihm ein leichtes, alles wieder in den vorigen Stand zu setzen: er brauche nur die Gefaͤße zu oͤffnen, so werde alles wieder in die natuͤrliche Gestalt zuruͤckkehren. Jch antwortete ihm so wenig als das erste Mal. Er verschwand, und ließ mich in meinem Gefaͤngnisse liegen, in welchem mich ein tiefer Schlaf befiel. Unter den Bildern, welche an meiner Seele voruͤbergiengen, war auch das troͤstliche daß ein junger Mann kam und mich befreite, und als ich heute die Augen oͤffne, so erblicke ich dich und sehe meinen Traum erfuͤllt. Hilf mir vollbringen was in jenem Gesichte noch weiter geschah. Das erste ist daß wir den Glaskasten, in welchem mein Schloß sich befindet, auf jenen breiten Stein heben.’ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0354" n="338"/> zukommen. Jch fragte ihn wo er meinen Bruder gelassen habe, und wie er zu diesem Hirsche gelangt sey, aus dessen großen Augen ich Thraͤnen fließen sah. Anstatt mir zu antworten fieng er an laut aufzulachen. Jch gerieth daruͤber in hoͤchsten Zorn, zog eine Pistole, und druͤckte die gegen das Ungeheuer ab, aber die Kugel prallte von seiner Brust zuruͤck und fuhr in den Kopf meines Pferdes. Jch stuͤrzte zur Erde, der Fremde aber murmelte einige Worte, die mir das Bewußtseyn raubten.</p><lb/> <p>Als ich wieder zur Besinnung kam fand ich mich in dieser unterirdischen Gruft in einem glaͤsernen Sarge. Der Schwarzkuͤnstler erschien nochmals, sagte daß er meinen Bruder in einen Hirsch verwandelt, mein Schloß, mit allem Zubehoͤr, verkleinert, in den andern Glaskasten eingeschlossen, und meine in Rauch verwandelten Leute in Glasflaschen gebannt habe. Wolle ich mich jetzt seinem Wunsche fuͤgen, so sey ihm ein leichtes, alles wieder in den vorigen Stand zu setzen: er brauche nur die Gefaͤße zu oͤffnen, so werde alles wieder in die natuͤrliche Gestalt zuruͤckkehren. Jch antwortete ihm so wenig als das erste Mal. Er verschwand, und ließ mich in meinem Gefaͤngnisse liegen, in welchem mich ein tiefer Schlaf befiel. Unter den Bildern, welche an meiner Seele voruͤbergiengen, war auch das troͤstliche daß ein junger Mann kam und mich befreite, und als ich heute die Augen oͤffne, so erblicke ich dich und sehe meinen Traum erfuͤllt. Hilf mir vollbringen was in jenem Gesichte noch weiter geschah. Das erste ist daß wir den Glaskasten, in welchem mein Schloß sich befindet, auf jenen breiten Stein heben.’</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [338/0354]
zukommen. Jch fragte ihn wo er meinen Bruder gelassen habe, und wie er zu diesem Hirsche gelangt sey, aus dessen großen Augen ich Thraͤnen fließen sah. Anstatt mir zu antworten fieng er an laut aufzulachen. Jch gerieth daruͤber in hoͤchsten Zorn, zog eine Pistole, und druͤckte die gegen das Ungeheuer ab, aber die Kugel prallte von seiner Brust zuruͤck und fuhr in den Kopf meines Pferdes. Jch stuͤrzte zur Erde, der Fremde aber murmelte einige Worte, die mir das Bewußtseyn raubten.
Als ich wieder zur Besinnung kam fand ich mich in dieser unterirdischen Gruft in einem glaͤsernen Sarge. Der Schwarzkuͤnstler erschien nochmals, sagte daß er meinen Bruder in einen Hirsch verwandelt, mein Schloß, mit allem Zubehoͤr, verkleinert, in den andern Glaskasten eingeschlossen, und meine in Rauch verwandelten Leute in Glasflaschen gebannt habe. Wolle ich mich jetzt seinem Wunsche fuͤgen, so sey ihm ein leichtes, alles wieder in den vorigen Stand zu setzen: er brauche nur die Gefaͤße zu oͤffnen, so werde alles wieder in die natuͤrliche Gestalt zuruͤckkehren. Jch antwortete ihm so wenig als das erste Mal. Er verschwand, und ließ mich in meinem Gefaͤngnisse liegen, in welchem mich ein tiefer Schlaf befiel. Unter den Bildern, welche an meiner Seele voruͤbergiengen, war auch das troͤstliche daß ein junger Mann kam und mich befreite, und als ich heute die Augen oͤffne, so erblicke ich dich und sehe meinen Traum erfuͤllt. Hilf mir vollbringen was in jenem Gesichte noch weiter geschah. Das erste ist daß wir den Glaskasten, in welchem mein Schloß sich befindet, auf jenen breiten Stein heben.’
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |