Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
1.
Der heilige Joseph im Walde.

Es war einmal eine Mutter, die hatte drei Töchter, davon war die älteste unartig und bös, die zweite schon viel besser, obgleich sie auch ihre Fehler hatte, die jüngste aber war ein frommes gutes Kind. Die Mutter war aber so unnatürlich, daß sie gerade die älteste Tochter am liebsten hatte, und die jüngste nicht leiden konnte. Daher schickte sie das arme Mädchen oft hinaus in einen großen Wald, um es sich vom Hals zu schaffen, denn sie dachte es würde sich verirren, und nimmermehr wieder kommen. Aber der Schutzengel, den jedes fromme Kind hat, verließ es nicht, sondern brachte es immer wieder auf den rechten Weg. Einmal indessen that das Schutzenglein als wenn es nicht bei der Hand wäre, und das Kind konnte sich nicht wieder aus dem Walde herausfinden. Es gieng immer fort bis es Abend wurde, da sah es in der Ferne ein Lichtchen brennen, auf das lief es zu, und kam vor eine kleine Hütte. Es klopfte an, die Thüre gieng auf, und es gelangte zu einer zweiten Thüre, da klopfte es wieder an. Ein alter Mann, der einen weißen Bart hatte, und sehr ehrwürdig aussah, machte ihm auf, und das war niemand anders als der heilige Joseph. Er sprach ganz freundlich 'komm, liebes Kind, setz dich ans Feuer auf mein Stühlchen, und wärm dich,

1.
Der heilige Joseph im Walde.

Es war einmal eine Mutter, die hatte drei Toͤchter, davon war die aͤlteste unartig und boͤs, die zweite schon viel besser, obgleich sie auch ihre Fehler hatte, die juͤngste aber war ein frommes gutes Kind. Die Mutter war aber so unnatuͤrlich, daß sie gerade die aͤlteste Tochter am liebsten hatte, und die juͤngste nicht leiden konnte. Daher schickte sie das arme Maͤdchen oft hinaus in einen großen Wald, um es sich vom Hals zu schaffen, denn sie dachte es wuͤrde sich verirren, und nimmermehr wieder kommen. Aber der Schutzengel, den jedes fromme Kind hat, verließ es nicht, sondern brachte es immer wieder auf den rechten Weg. Einmal indessen that das Schutzenglein als wenn es nicht bei der Hand waͤre, und das Kind konnte sich nicht wieder aus dem Walde herausfinden. Es gieng immer fort bis es Abend wurde, da sah es in der Ferne ein Lichtchen brennen, auf das lief es zu, und kam vor eine kleine Huͤtte. Es klopfte an, die Thuͤre gieng auf, und es gelangte zu einer zweiten Thuͤre, da klopfte es wieder an. Ein alter Mann, der einen weißen Bart hatte, und sehr ehrwuͤrdig aussah, machte ihm auf, und das war niemand anders als der heilige Joseph. Er sprach ganz freundlich ‘komm, liebes Kind, setz dich ans Feuer auf mein Stuͤhlchen, und waͤrm dich,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0383" n="[367]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">1.<lb/>
Der heilige Joseph im Walde.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>s war einmal eine Mutter, die hatte drei To&#x0364;chter, davon war die a&#x0364;lteste unartig und bo&#x0364;s, die zweite schon viel besser, obgleich sie auch ihre Fehler hatte, die ju&#x0364;ngste aber war ein frommes gutes Kind. Die Mutter war aber so unnatu&#x0364;rlich, daß sie gerade die a&#x0364;lteste Tochter am liebsten hatte, und die ju&#x0364;ngste nicht leiden konnte. Daher schickte sie das arme Ma&#x0364;dchen oft hinaus in einen großen Wald, um es sich vom Hals zu schaffen, denn sie dachte es wu&#x0364;rde sich verirren, und nimmermehr wieder kommen. Aber der Schutzengel, den jedes fromme Kind hat, verließ es nicht, sondern brachte es immer wieder auf den rechten Weg. Einmal indessen that das Schutzenglein als wenn es nicht bei der Hand wa&#x0364;re, und das Kind konnte sich nicht wieder aus dem Walde herausfinden. Es gieng immer fort bis es Abend wurde, da sah es in der Ferne ein Lichtchen brennen, auf das lief es zu, und kam vor eine kleine Hu&#x0364;tte. Es klopfte an, die Thu&#x0364;re gieng auf, und es gelangte zu einer zweiten Thu&#x0364;re, da klopfte es wieder an. Ein alter Mann, der einen weißen Bart hatte, und sehr ehrwu&#x0364;rdig aussah, machte ihm auf, und das war niemand anders als der heilige Joseph. Er sprach ganz freundlich &#x2018;komm, liebes Kind, setz dich ans Feuer auf mein Stu&#x0364;hlchen, und wa&#x0364;rm dich,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[367]/0383] 1. Der heilige Joseph im Walde. Es war einmal eine Mutter, die hatte drei Toͤchter, davon war die aͤlteste unartig und boͤs, die zweite schon viel besser, obgleich sie auch ihre Fehler hatte, die juͤngste aber war ein frommes gutes Kind. Die Mutter war aber so unnatuͤrlich, daß sie gerade die aͤlteste Tochter am liebsten hatte, und die juͤngste nicht leiden konnte. Daher schickte sie das arme Maͤdchen oft hinaus in einen großen Wald, um es sich vom Hals zu schaffen, denn sie dachte es wuͤrde sich verirren, und nimmermehr wieder kommen. Aber der Schutzengel, den jedes fromme Kind hat, verließ es nicht, sondern brachte es immer wieder auf den rechten Weg. Einmal indessen that das Schutzenglein als wenn es nicht bei der Hand waͤre, und das Kind konnte sich nicht wieder aus dem Walde herausfinden. Es gieng immer fort bis es Abend wurde, da sah es in der Ferne ein Lichtchen brennen, auf das lief es zu, und kam vor eine kleine Huͤtte. Es klopfte an, die Thuͤre gieng auf, und es gelangte zu einer zweiten Thuͤre, da klopfte es wieder an. Ein alter Mann, der einen weißen Bart hatte, und sehr ehrwuͤrdig aussah, machte ihm auf, und das war niemand anders als der heilige Joseph. Er sprach ganz freundlich ‘komm, liebes Kind, setz dich ans Feuer auf mein Stuͤhlchen, und waͤrm dich,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/383
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. [367]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/383>, abgerufen am 22.11.2024.